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Torquemotoren machen Getrieben Konkurrenz

Mechanik und Elektronik werden auf Präzision getrimmt
Torquemotoren machen Getrieben Konkurrenz

Zwei Wege führen zu einem verbesserten Gleichlauf im Antriebsstrang. Entweder wird das Getriebe durch einen Torquemotor ersetzt, oder ein zusätzlicher Sensor gleicht auch kleinste Ungenauigkeiten in der Mechanik aus.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de

Die Geschichte der Linearmotoren ist nach Ansicht von Experten auf dem besten Weg, sich zu wiederholen. „Zu Torquemotoren haben wir in den letzten Monaten sehr viele Anfragen von Kunden bekommen“, sagt Henry Claussnitzer, Leiter Produktmarketing bei der Offenburger Parker Hannifin GmbH (Halle 23, Stand B44). Die rotativen Direktantriebe machen, genau wie die Linearmotoren, mechanische Übertragungselemente überflüssig. Und sie können herkömmliche Lösungen mit Getriebemotoren sinnvoll ersetzen, wenn hohe Drehmomente bei niedriger Drehzahl gefordert sind und zugleich Dynamik und Präzision.
Die Offenburger haben die Motoren erst kürzlich in ihr Produktspektrum aufgenommen. „Inzwischen ist die Zeitspanne zwischen Idee und Umsetzung einer Lösung mit Torquemotor schon relativ kurz geworden“, hat Claussnitzer beobachtet. Für den Sommer rechnet er mit einem erheblichen Schub beim Umsatz. „Einen Umsatzanteil von zehn bis 15 Prozent halte ich bei uns angesichts der Steigerungsraten für durchaus realistisch.“
Der Ersatz der mechanischen Lösungen kommt jedoch, wie schon beim Linearmotor, nur in speziellen Fällen in Frage. So berichtet der Torquemotor-Anbieter Bosch Rexroth AG, Lohr am Main, über Rundtischapplikationen oder den Einsatz der rotativen Direktantriebe in Schwenkachsen (Halle 23, Stand A20). Aber auch bei Spritzgießmaschinen könnte sich die Umstellung lohnen. Wenn die Getriebe durch einen regelbaren Schneckenantrieb ersetzt werden, soll nicht nur die Präzision des Systems steigen, sondern auch der Verschleiß sinken. Mit ihrer Torquemotoren-Baureihe MBT wollen die Lohrer darüber hinaus neue Lösungswege für Roboter, Drehmaschinen und Sondermaschinen ermöglichen.
Dass aber auch Antriebsstränge mit Getriebe im Präzisionsbereich noch nicht völlig ausgereizt sind, zeigen die Aktivitäten der Harmonic Drive AG (Halle 25, Stand C06). Selbst den kleinsten Ungenauigkeiten in der Mechanik wollen die Limburger Getriebe-Spezialisten zu Leibe rücken. Mit ihren spielfreien Produkten erreichen sie in herkömmlichen Konstruktionen mit Servoantrieb nach eigenen Angaben eine Genauigkeit von etwa 30 Winkelsekunden. „In dieser Größenordnung liegt auch die Auflösung der Mess-Systeme, die heute sowohl für unsere Lösungen eingesetzt werden als auch für Anwendungen mit Torquemotoren“, sagt Alois Buss, Produktmanager für Hohlwellenantriebe. „Wir wollen aber noch weiter gehen.“
Statt die Mechanik komplett hinauszuwerfen, nutzen die Limburger das Optimierungspotenzial, das ihrer Ansicht nach in den Servoantrieben steckt. Sie bauen abtriebsseitig einen zusätzlichen Sensor ein, der nach dem Ferraris-Prinzip die Beschleunigung misst. Mit seinen Daten und einem neuen Regelkonzept soll sich eine noch bessere Übertragungsgenauigkeit erreichen lassen. Wie erste Versuche mit Prototypen sowie auch Simulationen zeigten, sind damit Werte unter 10 Winkelsekunden möglich.
„Bei unseren Entwicklungen geht es uns nicht um die Kosten – die sind für die Getriebevariante und einen Torquemotor vergleichbar. Wir wollten eine noch präzisere Lösung anbieten“, erläutert Buss. Anwendungen für die Antriebe mit Ferraris-Sensor sieht er bei Maschinen für das hochpräzise Schleifen und Polieren oder das Kristallziehen.
Für hohe Drehmomente bis 1800 Nm bieten die Limburger ihren Servoantrieb FHA-58 mit einem Durchlass von 70 mm an. Der Torque-Tube genannte Antrieb wurde zusammen mit der Nürnberger Siemens AG (Halle 9, Stand A72) entwickelt rundet das FHA-Produktspektrum nach oben ab.
Für die Roboterbranche, in der traditionell Harmonic-Drive-Produkte eingesetzt werden, ist der Torquemotor laut Buss jedoch nicht unbedingt die bessere Alternative. „Bezogen auf das Drehmoment ist eine Lösung mit Direktantrieb immer schwerer als Getriebe und Servomotor.“
„Wenn die gesamte Drehmoment-Reserve des Torque-Motors für das Haltemoment verbraucht wird, ist die Konstruktion sicher nicht sinnvoll“, räumt Edward Hopper ein, Inhaber und Geschäftsführer der Maccon GmbH (Halle 14, Stand K37). Die Münchner bieten Torque-Motoren an, die sie nach Kundenwünschen auch selbst herstellen. In einem Projekt haben sie schon vor einigen Jahren einen Roboter für die Handhabung von Miniaturwerkstücken mit entwickelt, der in einem Arbeitsgang montiert und misst. Die dafür erforderliche Präzision brachten die Torquemotoren.
Allerdings sei erst jetzt die Zeit wirklich reif für solche Konstruktionen.Wegen Mängeln in der Regelungstechnik seien bis vor einigen Jahren auch Vorhaben gescheitert. „Jetzt gibt es aber keine Probleme mehr “, lobt der Direktantriebsexperte. Er rechnet damit, dass sich eine stabile Nachfrage für Torquemotoren in den kommenden fünf Jahren einspielen wird. „Weil jetzt viele Anbieter neu auf den Markt kommen, sind die Anwender wachgerüttelt und überprüfen, ob die Direktantriebe für ihre Anforderungen in Frage kommen.“
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