Predictive Maintenance | Die vorausschauende Wartung basiert auf der digitalisierten Produktion, dem sich dadurch etablierenden digitalen Zwilling und dem Condition Monitoring. Dabei bildet der digitale Zwilling mittels Echtzeitdaten aus dem Condition Monitoring den aktuellen Zustand der betrachteten Systeme ab.
Hans Fleischmann, M.Sc. Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (FAPS), Universität Erlangen
Ziel ist es, das künftige Verhalten einzelner Komponenten oder gesamter Anlagen abzuschätzen, um so Abnutzungsvorräte optimal ausnutzen zu können. Weitere Vorteile ergeben sich bei der Planung von Wartungsaufträgen sowie durch eine geringere Stillstandszeit von Komponenten bzw. Anlagen. Speziell bei Anwendungen mit einem hohem Ausfallrisiko oder hohen Ausfallkosten besteht ein immenser Mehrgewinn, weshalb dort erste Ansätze in der Industrie vorangetrieben werden.
Ein Basiselement ist dabei die Sensorik an den Komponenten. Häufig werden individuell kombinierbare Sensorik-Bausteine eingesetzt, die die Umsetzung maßgeschneiderter Predictive-Maintenance-Lösungen erlauben. Ergänzt werden diese durch entsprechende Software-Bausteine. Auch diese stehen als modulare Baukästen bereit und sind bereits Stand der Technik. Aufbauend auf der so umgesetzten Ist-Datenerfassung werden mittels Analyse- und Prognosesystemen Anomalien in den Messdaten detektiert, um daraus eine Prognose über den zukünftigen Zustand der Anlage, der Komponente oder des Prozesses zu erhalten. Dabei können zwei Typen von zugrundeliegenden Modellen unterschieden werden. Auf der einen Seite können mittels Machine Learning beziehungsweise neuronalen Netzen große Datenmengen in relativ kurzer Zeit in ein mathematisches Modell überführt werden. Die Besonderheit ist hierbei, dass die Modelle auf Basis von historischen Daten „trainiert“ werden können und die realen Effekte sukzessive besser abbilden. Zum anderen kann das bestehende Know-how bei Hardwareherstellern oder Betreibern zur Interpretation von Abweichungen genutzt werden. Weiterhin kann durch das bestehende Know-How bei Komponentenherstellern Expertenwissen zur Interpretation von Abweichungen abgegriffen werden. Die dritte Modellvorstellung basiert auf der Kombination aus mathematischen Algorithmen und dem Expertenwissen. Möglich ist dabei der Ansatz, dass parametrisierte Modelle durch Expertenwissen ergänzt werden, um dadurch den Interpretationsspielraum deutlich zu erhöhen. Hierbei müssen die zwei Kernkompetenzen, mathematisch-statistisches Verständnis und das Domänenwissen, zwingend ineinander greifen. Im Rahmen der Hannover Messe konnte festgestellt werden, dass problematische Aspekte bei einer zukünftigen, gezielten und durchgängigen Umsetzung von Condition Monitoring und Predictive Maintenance im industriellen Umfeld, die stark unterschiedlichen Rahmenbedingungen der verschiedenen Anbieter und Anwender sein werden. Hierbei gilt es, in Zukunft Standards und Normen aufzustellen, welche genügend Spielraum für Entwicklungsprozesse bieten, um integrierte und in hohem Maße generische Lösungen zu etablieren.
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