Wieviel Automation ist nötig? VDMA-Experte Hans-Dieter Baumtrog macht klar, dass sich Höchstautomation und angepasste Automation nicht ausschließen.
Die Zukunft gehört der passgenauen Automation“, sagt Hans-Dieter Baumtrog, stellvertretender Vorsitzender des Fachverbands Robotik + Automation und Vorsitzender der Fachabteilung Montage- und Handhabungstechnik im VDMA, Frankfurt/M. Während in den frühen neunziger Jahren Lösungen für weniger schnelllebige Märkte und Produkte entwickelt worden seien und Höchstautomatisierung die Konzepte bestimmte, erfordere die heutige Zeit mehr Flexibilität und Kreativität. Der VDMA propagiert für die Zukunft deshalb die These der „wirtschaftlichen Produktion mit angepasster Automation“.
Vollautomatisierte Anlage amortisiert sich im Lebenszyklus
Unter angepasster Automation versteht Baumtrog einen „Automatisierungsgrad, der für die spezifischen Produktionsanforderungen des Kunden optimal“ ist. Dies könne in einem Fall eine hybride Anlage mit teils manuellen, teils automatischen Stationen sein, im anderen Fall eine vollständige Automation. Baumtrog zählt ein paar Beispiele auf: So habe ein Hersteller von Einweg-Injektionsnadeln für Diabetiker die Produktionsendstufe komplett automatisiert: Eine 0,27 mm dünne Nadel wird in den Halter eingesetzt und verklebt, anschließend wird eine Schutzkappe aufgesetzt und das Ganze heiß versiegelt – alles unter Reinraumbedingungen. 700 000 Stück am Tag. „Eine manuelle Beteiligung an diesem Montageprozess scheidet aus wirtschaftlichen Gründen aus, das ist doch klar“, sagt der Verbands-Experte. Kennzeichnend sei hier die hohe Stückzahl des Produkts. Der Anwender benötige gleichwohl die Planungssicherheit, den Artikel über einen längeren Zeitraum weitgehend unverändert am Markt absetzen zu können. Dann amortisiere sich die Anlage problemlos im Lebenszyklus des Produktes.
Bei Mobiltelefonen dagegen, die in stark variierenden Losgrößen, hoher Variantenvielfalt und kurzen Produktlebenszyklen gefertigt werden, sei Flexibilität gefragt: „Hier muss es möglich sein, die Automatisierungslösung über viele Produktgenerationen hinweg schnell anzupassen.“ Mit standardisierten, „universellen“ Montageplattformen sei dies einfach möglich (lesen Sie dazu die Titelgeschichte auf Seite 28). Baumtrog widerspricht damit der verbreiteten Annahme, hochautomatisierte Serienfertigung lohne sich nur bei großen Losen. „Roboter und flexible Montagelösungen wurden doch speziell für kleine Serien entwickelt!“ Der VDMA erwarte daher künftig unter anderem „mehr Automatisierung mit Augenmaß und die Implementierung modularer Konzepte“. tp
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