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Vom Einkaufsparadies zum Absatzmarkt

EU-Osterweiterung birgt mehr Chancen als Risiken
Vom Einkaufsparadies zum Absatzmarkt

Mit gemischten Gefühlen blicken Unternehmen und Verbraucher der EU-Osterweiterung entgegen. Neben den finanziellen Belastungen fürchten viele eine Verschärfung der Wettbewerbssituation. Mit dem größer werdenden Binnenmarkt wachsen aber auch die Chancen für exportorientierte deutsche Industrieunternehmen.

Von unserem Redaktionsmitglied Jens-Peter Knauer jens-peter.knauer@konradin.de

Am 1. Mai 2004 ist es soweit: Ziemlich genau 15 Jahre nach dem Fall des so genannten Eisernen Vorhangs treten Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien, Lettland, Litauen und Estland sowie Malta und Zypern der Europäischen Union bei. Die Gemeinschaft wächst mit einem Schlag um rund 75 Millionen Menschen, knapp 740 000 km² und eine Kaufkraft von etwa 800 Mrd. Euro. Mit einer Gesamtwirtschaftsleistung von rund 9200 Mrd. Euro wird die Union ein starkes Gegengewicht zu den großen Wirtschaftsräumen in Nordamerika und Asien bilden.
Beeindruckende Zahlen, die jedoch nicht überall für uneingeschränkte Begeisterung sorgen. So befürchten viele, dass die Erweiterung mit finanziellen Belastungen einhergeht und dass sich die Wettbewerbssituation verschärft. Dies gilt insbesondere für den Zugang von Arbeitskräften aus den Beitrittsländern auf den deutschen Arbeitsmarkt, die dort – vor allem in der Bauwirtschaft – als Konkurrenten für deutsche Arbeitskräfte auftreten.
„In anderen Industriezweigen haben wir diesen Wettbewerb seit langem“, erklärt Dr. Kurt Demmer, „nämlich überall dort, wo Güter aus deutscher Produktion mit solchen aus kostengünstigeren Ländern auf dem Weltmarkt miteinander konkurrieren.“ Der Chefvolkswirt der IKB Deutsche Industriebank AG in Düsseldorf verweist in diesem Zusammenhang auf den Prozess der Kapazitätsverlagerung, wie ihn beispielsweise der Maschinenbau oder das Metall verarbeitende Gewerbe durch den Aufbau von Produktionsstätten in den Beitrittsländern bereits vollzogen hat.
So investierte der deutsche Maschinenbau bis Ende 2001 fast 1 Mrd. Euro allein in Polen, Tschechien und Ungarn. Einer VDMA-Studie zufolge handelt es sich dabei nicht nur um Großunternehmen. Gerade mittelständische Betriebe nutzten die räumliche Nähe zu den Märkten für ein Engagement, das ihnen kurze Zulieferwege gewährleistet. Gleichzeitig sichert die Investition in kostengünstige Arbeitsplätze im Ausland oft auch die kostenintensiven im Inland.
Die EU-Erweiterung eröffnet den Beitrittsländern die Chance, ihren Kostenvorteil in Märkten auszuspielen, in denen sie aufgrund des niedrigeren Lohnniveaus wettbewerbsfähiger sind als Unternehmen aus Deutschland oder Frankreich.
So werden sie schrittweise auch ihr Wohlstandsniveau heben. „Dies ist letztlich auch von großem Nutzen für eine Industrienation wie Deutschland“, meint Dr. Demmer. „Der Vorteil für unsere Wirtschaft liegt nicht darin, darauf zu hoffen, dass die Abstände im Lohnniveau zwischen Deutschland und den Beitrittsländern auf Dauer relativ groß bleiben, um diese Länder als verlängerte Werkbank zu nutzen.“ Vielmehr werde sich der größere Nutzen gerade für die exportstarke deutsche Volkswirtschaft dann einstellen, wenn es den MOE-Staaten gelingt, das Lohn- und Einkommensniveau zu steigern, um damit mehr und mehr als Absatzmarkt für deutsche Produkte interessant zu werden.
Besonders profitieren dürften nach Ansicht des Volkswirts jene Branchen, für die ein hohes Absatzpotenzial besteht. In erster Linie trifft das auf die Versorgung mit langlebigen Gebrauchsgütern zu, unter anderem auf Kraftfahrzeuge, Elektrogeräte und Maschinen.
Im direkten Vorfeld präsentieren sich die Kandidaten vom 19. bis 24. April auf der Hannover Messe. So haben alle Beitrittsländer angekündigt, mit ihren bedeutendsten nationalen und regionalen Institutionen und Verbänden auf der größten Industriemesse der Welt dabei zu sein, wie die Deutsche Messe AG mitteilt.
Eine Nummer kleiner, dafür wesentlich komprimierter, fällt das Angebot der Leipziger Messe GmbH aus. Die präsentiert auf der Standortmesse Reallocation am 22. und 23. Juni 2004 spezielle Angebote für investitionswillige Unternehmen. Schwerpunktregionen sind unter anderem Deutschlands östliche Nachbarn, das Baltikum und Südosteuropa, aber auch Ostdeutschland und Russland.
Höheres Wohlstandsniveau der Beitrittsländer nützt auch Deutschland
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