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Vor dem Spritzen des Teiles kommt das Design

Moderne Kunststoffverarbeiter bieten komplette Systemlösungen
Vor dem Spritzen des Teiles kommt das Design

Je stärker sich technische Kunststoffe neue Einsatzbereiche erobern, desto mehr werden klassische Kunststoffverarbeiter zu Rundum-Anbietern. Denn der Kunde erwartet nicht mehr nur Spritzteile, sondern fertige Lösungen. Interessenten finden spezialisierte Dienstleister für die unterschiedlichsten Produktbereiche.

Von unserem Redaktionsmitglied Walter Schulz

Hochleistungs-Thermoplaste substituieren andere Werkstoffe, Kombinationen aus Metall und Kunststoff eröffnen neue technische Anwendungen: Die Zeit, in der Kunststoffverarbeiter nur Spritzteile zu liefern hatten, ist zu Ende. Michel van Baal, Direktor bei der Appkuns B.V. im niederländischen Oosterhout, weiß, wovon er spricht: „Die Kunden wollen fertige Lösungen.“ Gleichgültig, ob Sportgerätehersteller oder Automobilzulieferer, die Auftraggeber erwarten kompetente Zusammenarbeit mit dem Teilelieferanten schon in der Phase der Produktentstehung. Deshalb bietet der niederländische Hersteller von Antrieben für Kettenglieder, Teilen von Kaffeeautomaten und Hygieneartikeln seinen Kunden die Betreuung von der Entwicklung bis zum versandfähigen Produkt. Die langjährigen Erfahrungen des Unternehmens beim Spritzgießen spielen dabei eine zentrale Rolle. So entwickelte Appkuns beispielsweise Lösungen zur Herstellung von hoch belastbaren Zahnrädern aus Polyamid und komplexe Förderschnecken, die Kaffeemehl in Kaffeeautomaten vorantreiben.
Dass ein Verarbeiter dieses umfassende Angebot nur machen kann, wenn er über besondere Kenntnisse von Werkstoffeigenschaften verfügt, ist selbstverständlich. Das gilt vor allem, wenn er thermoplastische Elastomere (TPE) verarbeitet. Inzwischen gibt es davon viele unterschiedliche Typen, von denen einige dem herkömmlichen Gummi bezüglich Druckverformungsrest, Chemikalien- und Temperaturbeständigkeit fast ebenbürtig sind. Auf die Entwicklung und Herstellung von Produkten aus diesen Werkstoffen hat sich das Unternehmen F.W. Breidenbach aus dem hessischen Linsengericht spezialisiert. Breidenbach verarbeitet alle gängigen TPE- und Weich-PVC-Typen nach Kundenwunsch. Das Unternehmen fertigt vorwiegend Teile für die Sanitär-, Spielzeug-, Möbel-, Haushalts- und Eisenwaren-industrie. Teilweise liefern die Kunden Anstöße oder eine einfache Zeichung eines gewünschten neuen Produktes, doch manchmal stammen die Produktideen aus dem Hause Breidenbach selbst. „Das Produktdesign, die Werkzeugentwicklung, die Auswahl des geeigneten Kunststoffes und die Fertigung ist in jedem Fall unser Job“, erläutert der Geschäftsführer Wolfgang Breidenbach.
Das Allround-Angebot vom Produktdesign bis zur Auslieferung stellt hohe Anforderungen an den Dienstleister. Die Auftraggeber drängen auf kürzere Zeitspannen zwischen Entwicklung und Serienproduktion, gleichzeitig muss der Verarbeiter auch kurzfristige Produktmodifikationen realisieren können.
Diesen Anforderungen stellt sich im Bereich anspruchsvoller Teile aus Duro- und Thermoplasten auch die SGT Spritzgießtechnik GmbH im oberfränkischen Weidenberg. Ihr Produktspektrum ist breit gefächert. Mehrkomponeten-Teile, Kabelsätze mit angespritzten Steckern, Spulenkörper und verschiedene Kunststoffkleinteile gehören zum Repertoire. Eine besondere Spezialität sind Metall-Kunststoff-Komponenten. Um diese wirtschaftlich fertigen zu können, setzt das Unternehmen hoch automatisierte Fertigungsanlagen ein. Einlegeroboter legen Metallteile in das Spritzgießwerkzeug ein, wo sie mit Kunststoff umspritzt werden. Bei schwierigen Geometrien des Metallteils wird sogar der Stanzvorgang dem Spritzprozess vorgeschaltet, um mögliche Fehler, wie das Verbiegen von Kontakten, auszuschließen. SGT wendet diese Methode beispielsweise bei der Herstellung von Teilen für Sicherheitsschalter in Gurtstraffern für Automobile an. Roboter entnehmen nach dem Spritzvorgang die fertigen Teile und geben sie an nachfolgende Stationen wie Prüfen und Verpacken weiter.
Von den Hochleistungs-Kunststoffen verarbeitet die SGT vor allem PEEK und PPS. Aus diesen Stoffen lassen sich technische Teile im Spritzgießverfahren herstellen, die vorher nur aufwendig aus Metall gefertigt werden konnten. Ein Beispiel sind Dreh-/Frästeile aus Edelstahl mit Dichtfunktion als Ventilkomponente in einem Steuergerät. SGT fertigt diese Teile im Mehrkomponenten-Spritzgießverfahren aus Kunststoffen für 20 bis 25 % des Preises der Edelstahlausführung. Beratung, Entwicklung und Fertigung bietet das Unternehmen auch bei Mikrospritzteilen. Ein Beispiel sind Elemente mit Bohrungen von 0,125 mm Durchmesser und Toleranzen von 0,003 mm.
Kunststoffe ersetzen Metalle in technischen Teilen
Mit ihrem Angebot liegt die SGT voll im Trend. Denn die zunehmende Miniaturisierung und der steigende Integrationsgrad verlangen in der Automobil-, Elektro- und Elektronikindustrie sowie der Kommunikations- und optischen Industrie nach immer kleineren und dabei komplexeren Komponenten. Mit der absoluten Größe der Teile sinken üblicherweise aber die Toleranzen. Die Anforderungen an die Fertigungstechnik sind hoch. Die SGT arbeitet mit 50 modernen Spritzgießautomaten von Arburg, Lossburg, Krauss-Maffei, München und Battenfeld, Meinerzhagen mit Schließkräften von 100 bis 1600 kN und 15 Einlege- und Entnahmerobotern von Gosewehr. Ein prozessorientiertes Qualitätsmanagementsystem schafft die Voraussetzungen für die erforderlich hohe Produktqualität. Denn der Geschäftsführer Rudolf Hösch weiß: „Qualität ist der entscheidende Wettbewerbsfaktor – für uns und für unsere Kunden.“
Den Trend hin zu immer komplexeren Baugruppen, die beim künftigen Lieferanten bis zur Serienreife entwickelt und auch gefertigt werden, spüren auch die Automobil-Zulieferer. Betriebe, die früher nur technische Komponenten geliefert haben, müssen sich jetzt auch bei optisch anspruchsvollen Innenraumteilen bewähren. Zulieferer, die traditionell eher das Interieur bestimmten, müssen sich stärker mit funktionalen Aspekten beschäftigen. Beides unter einen Hut zu bringen, ist beispielsweise bei Komponenten für die Heizungs- und Lüftungsanlagen oder Bedienelemente notwendig. Ausströmer und Türöffner müssen nicht nur gut aussehen, sondern auch über die gesamte Lebensdauer des Fahrzeuges einwandfrei zu bedienen sein. Anspruchsvolle Geometrien und Oberflächen sowie langlebige Funktion sind gefragt.
Die Automobilindustrie mit ihrem hohen Innovationsdruck nutzt die Kooperation mit ihren Zulieferern immer stärker. Das Ergebnis einer solchen Zusammenarbeit sind beispielsweise die verstellbaren Luftausströmerdüsen in der Armaturentafel des Audi A3. Die Konstruktionsabteilung des Kunststoffverarbeiters und Formenbauers Wündsch-Weidinger GmbH in Grub am Forst kooperierte via Datenleitung eng mit dem Auftraggeber. „Dadurch war die Entwicklungszeit extrem kurz, wir erreichten schnell die Serienreife und haben nur wenig mit Änderungen während der Fertigung zu kämpfen“, weiß Geschäftsführer Joachim Walter. Die große Erfahrung in der Spritzgießtechnik kommt dem Unternehmen dabei zugute. Teile für das Automobil können wirtschaftlich in der Regel nur im Mehrkomponentenverfahren hergestellt werden. Meist müssen die Verarbeiter Hart-Weich-Verbindungen fertigen. Wie etwa bei der Luftaustrittsdüse des A3, sorgen weiche Lippen aus TPE an einem harten Trägerteil dafür, besser zu dichten, Spalte zu überbrücken oder Quietsch- und Knarrgeräusche zu unterbinden. Walter weiß, dass solche Verbindungen nicht immer einfach zu realisieren sind. „Wir haben hier eng mit unserem Materiallieferanten zusammengearbeitet und eine optimale Kombination gefunden“, erinnert sich der Geschäftsführer.
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