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Vorzeigefirmen wappnen sich für den Wettbewerb

IT-Branche intensiviert Kooperationen und geht auf Einkaufstour
Vorzeigefirmen wappnen sich für den Wettbewerb

Wenn sie nicht gerade mit technischen Neuerungen Furore macht, beschäftigt sich die IT-Branche vor allem mit sich selbst. Fusionen und Allianzen, aber auch der Spargang ihrer Kunden stellt auch die in Baden-Württemberg ansässigen Vorzeigeunternehmen vor Herausforderungen.

Von unserem Redaktionsmitglied Dietmar Kieser – dietmar.kieser@konradin.de

Nach acht Monaten heftiger Querelen um die Fusion herrscht endlich Klarheit: Hewlett-Packard-Chefin Carly Fiorina kann das weltweit zweitgrößte Computerunternehmen mit der Nummer drei, dem PC-Schwergewicht Compaq, verschmelzen. Mit der Elefantenhochzeit wahrt die ehrgeizige Managerin ihre Chance, zur ebenbürtigen Konkurrentin für IBM aufzusteigen.
Noch ist Big Blue das weltgrößte IT-Unternehmen und auch – hinter Microsoft – zweitgrößtes Softwarehaus der Welt. Mit dem addierten Umsatz von HP (45,2 Mrd. US-$) und Compaq (rund 33 Mrd.) rückt Hewlett-Packard aber immer näher zum Branchengiganten IBM (85,9 Mrd.) auf. Doch Fusionen führen nicht immer zur erhofften Größe. Oft ergibt die Summe weniger als die Einzelteile.
Was von den USA ausgehend global vollzogen wird, wirkt sich auch im kleineren Maßstab aus, insbesondere in Baden-Württemberg: Mit IBM und HP residiert faktisch der größte Teil der IT-Welt im Südwesten Deutschlands. Die Landeshauptverwaltungen dirigieren von Stuttgart (IBM) und Böblingen (HP) aus jeweils die zahlreichen deutschen Niederlassungen.
Standardsoftwerker gedeihen im Land besonders gut
Kein Wunder, dass in der Unternehmensstatistik des Landes die IT-Branche entsprechend platziert ist. Überdies logiert mit der SAP AG Deutschlands Softwarekonzern Nummer eins in Baden-Württemberg. Vor 30 Jahren von fünf Ex-IBM-Mitarbeitern gegründet, stiegen die Walldorfer zum Weltmarktführer bei Standardsoftware auf. Das Stammgeschäft bilden Finanz-und Personalprogramme, die zu webbasierten Business-Lösungen ausgebaut wurden. Neue Märkte werden mit Software für das Kundenmanagement (CRM) angegangen. Das Geschäft gilt den Walldorfern als Hoffnungsträger. Im ersten Quartal dieses Jahres konnte der Umsatz mit CRM-Software trotz Konjunkturflaute um 10 % gesteigert werden.
Offenbar gedeihen im badischen Landesteil jene Softwarehersteller besonders gut, die Programme anbieten, mit denen Unternehmen ihre internen Abläufe und Geschäfte mit Zulieferern abwickeln: integrierte ERP-Lösungen, die um Internet-Module erweitert werden. Neben Marktführer SAP sind dort Standardsoftwerker beheimatet, die in der zweiten Reihe stehend den Mittelstand bedienen: Im nördlichen Landesteil sind dies die in Karlsruhe ansässigen Abas AG und die AP AG sowie die Command AG aus Ettlingen. Breisach, am Rande des Kaiserstuhls, ist Sitz der Brain International AG, mit 112,6 Mio. Euro Umsatz einer der größten Software-Anbieter in Deutschland.
Auch der Schwarzwald ist ein bevorzugter Standort für Software-Entwickler. Während die Bäurer AG aus Hüfingen-Behla (Umsatz: 76,4 Mio. Euro) im mittelständisch orientierten ERP-Marktsegment verwurzelt ist, unterhält die auch in der Großindustrie tätige Geac Computer Corp. in Villingen-Schwenningen ihre Deutschlandzentrale. Nach SAP und Oracle sieht sich die kanadische Geac als drittgrößter Hersteller von Unternehmens-Software.
Gilt etwa die Arbeitsteilung „Software aus Baden, Hardware aus Schwaben”? Auf den ersten Blick könnte dies zutreffen. Bei IBM in Stuttgart spülen Server, Mainframes und Speichersysteme viel Geld in die Kassen. Doch der Branchenprimus deckt heute praktisch alle Facetten der Computertechnik ab: Hardware, Software und Dienstleistung. Fast 40 % des Umsatzes werden mit Services erwirtschaftet. Mittels Integrationssoftware verknüpfen IBM-Spezialisten unterschiedliche Programmpakete zu kundenangepassten Lösungen. Das geht nicht ohne Beratungs-, Integrations- und Serviceleistung. Ein Geschäft, das gewaltige Wachstumsraten verspricht.
Dorthin möchte auch HP-Deutschland-Geschäftsführer Heribert Schmitz, der im Vorjahr mit 5900 Mitarbeitern einen Umsatz von 4,5 Mrd. Euro verbuchen konnte. Bislang ist Hewlett-Packard eher ein profitabler Drucker-Hersteller, der ein wenig profitables Computergeschäft mitschleppt. Fusionspartner Compaq bringt jetzt viel Know-how bei Palmtops, PC und großen Firmencomputern mit ein.
Um HP „auf Internet-Geschwindigkeit” zu bringen, wie Fiorina ihre Leitlinie skizziert, müssen auch prestigeträchtige E-Business-Aufträge an Land gezogen werden. So kommt das verstärkte Engagement im SAP-Markt nicht von ungefähr. Auf der IT-Messe Cebit im März dieses Jahres präsentierten die Böblinger neue Anwendungs- und IT-Infrasturkturlösungen für SAP. Beispiel: Mobile Computing mit Jornada, dem Taschen-PC von HP, soll die mit SAP-Programmen gesteuerten Geschäftsprozesse beschleunigen.
Auch Konkurrent IBM hat die Beziehungen zu SAP ausgebaut. Dritter im Bunde einer gemeinsamen E-Business-Initiative ist der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA). Der kürzlich auf der Hannover Messe verkündete Schulterschluss hat zum Ziel, mittelständische Maschinen- und Anlagenbauer beim Einsatz von E-Business-Technologie zu unterstützen.
Das Engagement hat guten Grund: Laut der jüngsten Studie „Internet und E-Business im Mittelstand”, die IBM gemeinsam mit Impulse initiiert hat, geht fast die Hälfte der knapp 1000 befragten mittelständischen Firmenchefs davon aus, dass sich ihre Web-Aktivitäten bereits innerhalb eines Jahres rechnen. IBM-Direktor Stefan Bürkli meint, „dass wir in zwei Jahren von einer vernetzten Wirtschaft in Deutschland sprechen können”.
Dass gerade der Maschinenbau von den neuen Technologien profitieren kann, treibt auch Microsoft um. Mit Great Plains angelte sich der Software-Krösus aus Redmond den Anbieter einer betriebswirtschaftlichen Standardlösung, die auf das Mittelstandssegment zielt. Das reicht aber nicht, um dem Platzhirsch SAP das Leben auf einem Teil seines Terrains zu erschweren. Aufgehen könnte der Plan aber mit Hilfe des ERP-Anbieters Navision, den sich Microsoft jetzt einverleibt. Allein in Deutschland verfügen die Dänen über eine Basis von 8300 kleineren und mittleren Anwendern.
Trotz weltweit rund 60 000 Kunden stellt Navision mit einem Umsatz von zuletzt knapp 200 Mio. Euro für SAP (7,34 Mrd. Euro Umsatz, 15 000 Kunden) eigentlich keine Bedrohung dar. Allerdings buhlt auch der Branchenriese, zu dessen Anwendern viele Großkonzerne zählen, um mittelständische Kunden. Um sich seine Claims dort zu sichern, erwarb Vorstandschef Hasso Plattner kürzlich die israelische Softwareschmiede Topmanage. Deren Programme will er nun kleineren Unternehmen andienen – Lösungen, die schneller implementierbar, weniger komplex und günstiger sein sollen als die bisherigen SAP-Produktlinien.
Strategien in Richtung Mittelstand gibt es viele – nicht nur in Richtung Kunde. Auch untereinander pflegen selbst rivalisierende IT-Größen Gemeinsamkeiten: Mit Mercedes-Benz gründeten IBM und Hewlett-Packard vor fünf Jahren das Software-Zentrum Böblingen/Sindelfingen (SBS). Junge Unternehmen finden hier ideale Start- und Wachstumsbedingungen. Inzwischen ist das SBS zum Vorbild für fünf weitere Zentren im Land geworden. Das hat auch Folgen für die Termingestaltung des Wirtschaftsministers. „Das SBS hat sich so erfolgreich entwickelt”, freute sich Walter Döring bei der Einweihung eines weiteren Gebäudes, „dass ich hier Stammgast geworden bin.”
Industrieanzeiger
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