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Wann liegt ein Arbeitsunfall vor?

Unfälle auf der Betriebsfeier
Wann liegt ein Arbeitsunfall vor?

Auf Betriebsfeiern geht es oft „rund“ – da werden Unternehmungen in der Natur oder im Freizeitparkt organisiert, es wird gekegelt oder „gebosselt“, und nicht selten wird dem Alkohol mehr zugesprochen, als es empfehlenswert wäre. So mancher gefährdet so das Verhältnis zu einem Vorgesetzten oder seinen Ruf im Betrieb. Schlimme Folgen hat der vergnügliche Abend jedoch auch, wenn es zu körperlichen Verletzungen kommt. In vielen Fällen sind die Unfallkosten nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt. Zwar zahlt diese grundsätzlich Behandlungskosten für Unfälle auf betrieblichen Veranstaltungen und auf dem direkten Hin- und Rückweg. Fraglich ist jedoch oft, wann es sich im Einzelfall noch um eine „betriebliche Veranstaltung“ handelt – und wann nicht. Die D.A.S. Rechtsschutzversicherung stellt drei Urteile zum Thema „Unfall auf der Betriebsfeier“ vor.

Eine Gruppe von Verwaltungsangestellten hatte sich zur Weihnachtsfeier in einem Restaurant getroffen, das dem Bürgerhaus der Gemeinde angeschlossen war. Nach einer feuchtfröhlichen Feier waren um 1 Uhr 20 nachts von 25 Teilnehmern nur noch der Amtsleiter, ein Mitarbeiter und das Pächterehepaar des Restaurants anwesend. Gegen 3 Uhr 15 wollte der Angestellte die Toilette aufsuchen, stolperte auf der dorthin führenden Kellertreppe und erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Die gesetzliche Unfallversicherung ging davon aus, dass die Feier gegen 1 Uhr 20 zu Ende gewesen sei, als die meisten Mitarbeiter die Gaststätte verlassen hätten. Der verletzte Mitarbeiter war der Ansicht, dass die Feier solange als offizielle Veranstaltung zu werten sei, wie sich der Amtsleiter im Restaurant aufgehalten habe. Das Hessische Landessozialgericht kam zu dem Ergebnis, dass das Zusammensitzen von vier Personen, von denen zwei nicht zur Abteilung gehörten, nicht als dienstliche Veranstaltung angesehen werden könne – zumal über private Dinge wie Hobbies gesprochen worden sei. Die Anwesenheit des Vorgesetzten ändere nichts daran, dass die Feier mit dem Abgang der Mehrzahl der Kollegen beendet gewesen wäre. Einen gesetzlichen Unfallversicherungsschutz könne es damit für den Kläger nicht geben.
Die Mitarbeiterin einer Bank in Frankfurt a.M. hatte am J.P. Morgan Chase Firmenlauf teilgenommen. Dieser Laufwettbewerb wird einmal jährlich von dem Unternehmen J.P. Morgan veranstaltet und steht Mitarbeitern verschiedener Betriebe offen. Insgesamt nahmen 400 Mitarbeiter der Bankengruppe teil, bei der die spätere Klägerin arbeitete. Diese Mitarbeiter waren vom Arbeitgeber mit T-Shirts mit dem Firmennamen ausgestattet worden, ihnen wurden nach dem Lauf Duschen auf dem Firmengelände ihres Arbeitgebers angeboten und es wurde auf einem Innenhof des Betriebsgebäudes anschließend eine Party für die aktiven Teilnehmer veranstaltet, bei welcher der Arbeitgeber die Bewirtungskosten übernahm. Auf dem Rückweg von dieser Party nach 22 Uhr geriet die Mitarbeiterin mit einem Bein zwischen Bahnsteigkante und S-Bahn und erlitt einen komplizierten Unterschenkelbruch. Mit dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung stritt sie gerichtlich darüber, ob es sich um eine betriebliche und damit versicherte Veranstaltung gehandelt habe. Das Hessische Landessozialgericht entschied dagegen. Zwar stünde Betriebssport und gegebenenfalls auch eine daran anschließende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dazu müsse es sich jedoch um eine regelmäßige sportliche Tätigkeit handeln, die einen Ausgleich zum Arbeitsalltag bilde. Bei einer einmaligen Veranstaltung sei dies nicht der Fall. Auch hätten weder der Lauf noch die Party danach allen Betriebsangehörigen offen gestanden – hinsichtlich des Laufs schon aus Konditionsgründen. Dies sei ein entscheidendes Merkmal jeder betrieblichen Veranstaltung. Der Unfall auf dem Heimweg von der Veranstaltung sei daher nicht als versicherter Arbeitsunfall anzusehen.
Eine Gruppe von Mitarbeitern eines Jobcenters hatte sich zur Weihnachtsfeier ihres Teams in einem Bowlingcenter getroffen. Die einzelnen Teams führten jeweils teaminterne Weihnachtsfeiern durch. In diesem Fall waren von 20 Kollegen 17 anwesend, allerdings mit Ausnahme der Teamleiterin, deren Kind erkrankt war. Im Bowlingcenter stolperte eine 55-jährige Mitarbeiterin über eine Stufe. Sie brach sich ein Bein und zog sich eine Ellbogenprellung zu. Zwei Operationen waren erforderlich, es folgte eine monatelange Krankschreibung mit anschließender Kur. Die Unfallkasse lehnte eine Anerkennung als Arbeitsunfall ab: Es habe sich um eine inoffizielle Veranstaltung einer kleinen Teilgruppe von Mitarbeitern gehandelt und nicht um eine Betriebsveranstaltung. Auch habe die Feier außerhalb der Dienstzeit stattgefunden. Das Sozialgericht Berlin entschied jedoch zu Gunsten der Behörden-Mitarbeiterin: Hier seien die vom Bundessozialgericht allgemein aufgestellten Kriterien für eine versicherte Betriebsfeier erfüllt: Die Feier habe der Förderung der Betriebsverbundenheit gedient, sie sei vom Vorgesetzten gebilligt und gefördert worden und alle Angehörigen des Betriebes hätten die Möglichkeit zur Teilnahme gehabt. Zwar müsse generell auch ein Vertreter der Betriebsleitung oder Vorgesetzter zugegen sein. Die Abwesenheit der Teamleiterin sei hier jedoch unschädlich, da sie sich um ihr krankes Kind habe kümmern müssen. Auch der Zeitpunkt der Feier – außerhalb der Dienstzeit – sei kein Grund, eine unversicherte Privatveranstaltung anzunehmen.
Weitere Informationen bietet das Rechtsportal auf www.das.de/rechtsportal
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