Startseite » Allgemein »

Wasserkühlung verkürzt Zykluszeiten

Wasserinjektionstechnik: Dünnwandige Hohlkörper rationell gefertigt
Wasserkühlung verkürzt Zykluszeiten

Mit der Wasserinjektions-Spritzgießtechnik lassen sich Hohlkörper aus thermoplastischen Kunststoffen produktiv und kostengünstig herstellen. Die Teile sind gleichzeitig leicht und stabil.

Dr. Barbara Wantzen ist Wissenschaftsjournalistin in Ulm

Aufgrund ihres niedrigen Gewichts werden Kunststoffe speziell im automobilen Leichtbau immer häufiger verwendet. Teilweise können sie sogar Metalle ersetzen. Eine weitere Reduktion von Gewicht und Materialverbrauch ist durch den Einsatz innen hohler Kunststoffbauteile wie Rohre und Leitungen möglich. Allerdings konnten Hohlkörper aus thermoplastischen Materialien bisher nicht wirtschaftlich gefertigt werden.
Abhilfe schafft die Wasserinjektionstechnik (WIT), ein innovatives Spritzgießverfahren, mit dem nun auch dünnwandige Bauteile mit großen Querschnitten aus thermoplastischen Kunststoffen unterschiedlicher Art herzustellen sind. Besonders bewährt haben sich Polyamid 6, Polypropylen und Polyethylen.
Selbst im Motorraum können entsprechend wärmebeständige Kunststoffteile jetzt Stahlbauteile ersetzen, wie das Beispiel des neuen Ölmessstab-Führungsrohres in den 2-l-Dieselmotoren von BMW zeigt. An die Stelle der konventionellen Stahlkonstruktion tritt hier eine Vollkunststoff- Variante. Entwickelt wurde das Führungsrohr von BMW gemeinsam mit dem österreichischen Automobilzulieferer Schneegans Silicon GmbH, Losenstein, sowie der Du Pont GmbH, Bad Homburg. Das dreidimensional gebogene Rohr wird aus einem Polyamid des Typs Zytel PA 66 von Du Pont hergestellt, dessen Fließverhalten den Anforderungen des Verfahrens angepasst ist.
Die Produktion der Stahl-Führungsrohre ist sehr aufwendig, da mehrere Schritte erforderlich sind. So müssen die Rohre unter anderem gerichtet und mit einem Korrosionsschutzlack versehen werden. Zudem sind die Laschen, mit denen das Führungsrohr am Motor befestigt wird, nachträglich anzuschweißen. Die Vollkunststoff-Konstruktion dagegen vereinfacht und beschleunigt den Fertigungsprozess und spart so Kosten.
„Bei dem neuen Führungsrohr bestehen auch die Befestigungselemente zu Motor und Ölwanne aus Polyamid. Da sie in das Bauteil integriert sind, kann dieses in einem Schritt gefertigt werden“, erklärt Rudolf Gattringer, Leiter Verfahrens- und Werkzeugtechnik bei Schneegans. „Erst die Wasserinjektionstechnik erlaubte es, dreidimensional gebogene Kunststoffrohre dieser Art wirtschaftlich herzustellen. Bislang war dies nicht möglich, weil die Kerne nicht auf herkömmliche Art gezogen werden können.“
Die Rohre zeichnen sich durch eine gleichmäßige Wanddicke über die gesamte Länge aus. Dabei halten sich Verzug und Maßabweichungen in engen Grenzen. Zudem besitzen die Komponenten sowohl innen als auch außen eine hohe Oberflächenqualität, so dass keine Nacharbeit erforderlich ist. Das Wasser kühlt das Formteil von innen schnell ab. Dies verhindert ein Aufschäumen des Polymers an der Innenoberfläche, wie es bei der Gasinjektionstechnik (GIT) (siehe Kasten Seite 30) vorkommen kann. Das Kunststoffrohr lässt sich leichter montieren als das Stahlrohr, es ist preiswerter herzustellen und bis zu 50 % leichter. Neben Ölmessstab-Führungsrohren lassen sich auch andere lange, 3D-geformte Konstruktionen realisieren, beispielsweise gekrümmte Kühlwasserrohre für den Motorraum oder Kupplungs-Fußpedale.
In einem ganz anderen Bereich setzt die Pöppelmann Kunststofftechnik GmbH & Co. KG, Lohne, die Wasserinjektionstechnik ein. Das Unternehmen fertigt damit beispielsweise Bügelgriffe für Kettensägen der Dolmar GmbH, Hamburg. Franz Nordlohne, Geschäftsführer des Bereichs Kunststofftechnik, nennt Vorzüge des noch jungen Verfahrens: „Damit lässt sich im Griffbereich ein Hohlraum erzeugen und dadurch – bei verbesserter Werkstückqualität – das Formteilgewicht um bis zu 45 Prozent verringern.“
Pöppelmann nutzt dabei den Vorteil, dass sich mit Hilfe der WIT Hohlformbauteile mit größerem Querschnitt und gut zentrierten Hohlräumen fertigen lassen. Die Lage dieser Hohlräume ist – vor allem bei großen Abmessungen – besser reproduzierbar als mit Hilfe der GIT. Außerdem verringern sich durch die Kühlwirkung des Wassers die Kühlzeiten beim Fertigen des Bauteils gegenüber dem Kompaktspritzguss und dem Gasinjektionsverfahren um 20 bis 40 %.
Der Bügelgriff besteht aus einem Polyamid 6 mit 30 Gewichtsprozent Glasfasern. Damit sich die beiden Befestigungsträger des Griffs zuverlässig am Gehäuse anbringen lassen, müssen sie besonders fest und maßgenau sein. Um diese Anforderungen erfüllen zu können, legte Pöppelmann das Spritzgießwerkzeug entsprechend aus. Dabei ist die Lage der Injektoren so gewählt, dass in den Befestigungsträgern keine Hohlräume entstehen.
Um den Kühleffekt zu steigern, wurde das Werkzeug mit einem zusätzlichen Spülinjektor versehen. „Bei der künftigen Entwicklung der Wasserinjektionstechnik legen wir den Schwerpunkt auf eine weitere Verkürzung der Zeit für das Austreiben des Wassers. Dadurch sollen die Gesamtzykluszeit weiter gesenkt und die Wirtschaftlichkeit nochmals verbessert werden“, erklärt Nordlohne.
Verzug und Maßabweichungen bleiben gering
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Tipps der Redaktion

Unsere Technik-Empfehlungen für Sie

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de