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Wer flüssig bleibt, hat Kraft fürs Wesentliche

Factoring: Mehr Handlungsspielraum für Unternehmer
Wer flüssig bleibt, hat Kraft fürs Wesentliche

Wer seine Forderungen an ein spezialisiertes Institut verkauft, erhält mehr als Liquidität, wie das Beispiel der bayrischen Enna GmbH zeigt. Der Factoring-Anbieter kann den Unternehmer vom kompletten Forderungsmanagement entlasten.

Anne Stach ist Journalistin in Frankfurt/M.

Allein im vergangenen Jahr sind die Umsätze der im Deutschen Factoring-Verband zusammengeschlossenen Anbieter um fast 30 % auf 45,3 Mrd. Euro gestiegen. Den Grund für diese Umsatzsteigerung sieht der Branchenzusammenschluss in der Suche des Mittelstandes nach flexiblen und kostengünstigen Alternativen der Unternehmensfinanzierung.
Beim Factoring geht es für Unternehmen nicht allein darum, ihr Geld früher zu bekommen. Factoring bedeutet mehr Handlungsspielraum – im finanziellen Bereich wie auch im praktischen Geschäftsbetrieb. Über 3000 Unternehmen nutzen in Deutschland nach Angaben des FactoringVerbandes die Vorteile der Finanzierungsalternative. Der Trend verstärkt sich durch die neuen Bankenrichtlinien im Rahmen von Basel II und verschärfte Kriterien zur Kreditvergabe, steigenden Insolvenzen und Unsicherheiten bei Außenständen.
Verkauft ein Unternehmen seine Forderungen an einen Factoring-Anbieter, profitiert es in erster Linie durch verkürzte Forderungslaufzeiten und Liquiditätsverbesserung. Der finanzielle Spielraum gibt die Möglichkeit, Lieferanten unter Ausnutzung von Boni und Skonti zu bezahlen. Zudem kann das Unternehmen den eigenen Kunden längere Zahlungsziele gewähren.
Der Schutz vor Forderungsausfällen ist ein weiteres Entscheidungskriterium für die Finanzierungsalternative. Mit der Übernahme der Forderungen geht das volle Ausfallrisiko an den Finanzdienstleister über. Der Unternehmer erhält damit das Geld für seine Leistungen in jedem Fall. Der Verkauf verkürzt zudem die Bilanz und führt zu einer Erhöhung der Eigenkapitalquote, was wichtiges Kriterium für das Rating ist. Der Preis dafür sind die Factoring-Gebühren je nach Risiko plus Kontokorrentzinsen für die Außenstände (s. Kasten).
Eines der Unternehmen, das seit einigen Jahren Factoring nutzt, ist die mittelständische Enna GmbH im bayerischen Haag. Das Unternehmen entwickelt Lösungen in der Visualisierungstechnik: Für die Entwicklung und Herstellung beispielsweise von Industriemonitoren, Sondergeräten oder Designermonitoren braucht es Know-how, Flexibilität bei den vielfältigen Kundenwünschen und die Bereitschaft für Investitionen in Forschung und Entwicklung.
Seit zwei Jahren nutzt das Unternehmen Factoring als Finanzierungstool. „Damals war ich eher skeptisch“, berichtet Geschäftsführer Michael Enna. Heute empfiehlt er den Fullservice in Sachen Factoring seinen Geschäftskollegen weiter. Das hat Gründe, die für ihn als Mittelständler mit etwa 3 Mio. Euro Jahres-Umsatz weit über die Bilanz und das eigentliche Tagesgeschäft hinausgehen.
Der Anlass, neue Wege in der Unternehmensfinanzierung einzuschlagen, war eine Entwicklung, wie sie viele Mittelständler erlebt haben und immer noch erleben: In dem Jahr vor dem Factoring-Einsatz ging der Umsatz um etwa 40 % zurück. „Wie andere Industrieunternehmen waren auch wir von dieser Entwicklung überrascht“, erinnert sich Enna-Sprecherin Ina Weiland an die wirtschaftlich angespannte Zeit. Dann entspannte sich die Lage langsam und es galt, das nötige neue Wachstum zu finanzieren.
„Da setzte die veränderte Kreditvergabepraxis der Banken ein, neue Sicherheiten wurden verlangt und wir konnten kaum auf den zarten Aufschwung reagieren“, erinnert sich Ina Weiland an die Situation. Dies änderte sich mit dem Forderungsverkauf. „Wir finanzieren unser Wachstum jetzt umsatzkongruent, sind viel handlungsfähiger als früher und haben unseren individuellen Turnaround eingeleitet.“
Achim Schmidt, Geschäftsführer der Enterprise Finance Europe GmbH und Factoring-Geber von Enna erläutert die Praxis des Finanzierungstools: „Aus unserer täglichen Beratungsarbeit wissen wir, wie wichtig es ist, Factoring auf das jeweilige Unternehmen passgenau zuzuschneiden.“ Je nach besonderem Schwerpunkt und Eigenheiten können einzelne Service-Leistungen in Anspruch genommen werden oder auf das so genannte Full-Service-Factoring zurückgegriffen werden.
„Wir haben zusammen mit Michael Enna die Bedürfnisse seines Unternehmens analysiert und dann ein Full-Service-Paket geschnürt“, sagt Schmidt. Dabei sei das gesamte Forderungsmanagement unter die Lupe genommen und das Mahnwesen von Enna als Ganzes an den Factor übergeben worden, berichtet Schmidt weiter.
Dies vermittle sowohl den Kunden des Mittelständlers als auch der Hausbank ein professionelles Außenbild, senke Kosten und setze im Unternehmen Kapazitäten frei. Die positiven Effekte wirken sich auf personeller Seite aus. Wenn bei mittelständischen Unternehmen Kraft, Geld und Mitarbeiter nicht durch die Verfolgung von Rechnungen blockiert werden, kann sich der Betriebsablauf wieder auf die Kernaufgaben konzentrieren, wie Finanzierer Schmidt erläutert.
Bereits nach drei Monaten waren erste Ergebnisse für Enna spürbar. Nach dem Factoring-Vertragsabschluss änderten sich die Vorzeichen: Gespräche mit der Hausbank konnte der Firmenchef auf Augenhöhe führen; die Zahl der Hausbanken reduzierte er auf ein einziges Institut. Zusätzlich verfügt das Unternehmen nun über günstigere Kreditkonditionen.
Enna musste die Außenstände nicht mehr durch Bankkredite finanzieren, die Kosten für die frühere Warenkreditversicherung fielen ebenfalls weg. Das Fazit des Geschäftsführers: „Wir haben den Rücken frei für unser Geschäft, und die Gebühren für das Factoring werden mehr als kompensiert durch die zahlreichen Einsparungen und Vereinfachungen.“
Enna ist übringens ein Unternehmen, das Geschäftsbeziehungen in Übersee unterhält und Factoring dort zusätzlich einsetzt, um die Liquidität zu sichern – ein weiterer Vorteil. Michael Enna betreibt mit seinem Unternehmen ein so genanntes offenes Factoring, bei dem die Forderungsabtretung an den Factor bei den Kunden offengelegt wird. Der Unternehmer stößt dabei überwiegend auf positive Reaktionen. So bewerten langjährige Kunden das Finanzierungstool ihres Geschäftspartners nicht etwa als Schwäche, sondern als Ausdruck einer soliden und zukunftsorientierten Geschäftspolitik.
Schutz vor Forderungsausfällen wichtiges Kriterium
Gespräche mit der Hausbank jetzt auf Augenhöhe

Kosten + Nutzen
Welchen Nutzen bringt Factoring?
  • Zeitlichen und finanziellen Handlungsspielraum
  • Kein Verzug oder Zahlungsausfälle
  • Liquidität
  • Debitorenmanagement
Was kostet Factoring?
  • Für Ausfallrisiko und Debitorenmanagement zwischen 0,8 % und 2,5 % der Rechnungsbeträge, je nach Aufwand und Risiko
  • Für die Finanzierung der Außenstände bankübliche Kontokorrentzinsen
Auswirkungen auf die Bilanz?
  • Durch Factoring wird die Bilanz verkürzt und die Eigenkapitalquote erhöht
  • Weniger Dauerschulden können die Gewerbekapitalsteuer reduzieren
Für wen ist Factoring geeignet?
  • Hersteller, Großhandel und Dienstleister zahlreicher Branchen
  • Inländischer und grenzüberschreitender Geschäftsverkehr (Ausnahmen: Bausektor, Spezialmaschinenbau)
Mehr Infos: www.factoring.de

Factoring-Formen
Full-Service-Factoring Standardverfahren: Es umfasst umsatzkongruente Finanzierung, Risikoabsicherung und Debitorenmanagement
Bulk-Factoring Auch Inhouse-Factoring genannt: Der Factoringnehmer führt die Debitorenbuchhaltung selbst
Fälligkeits-Factoring: Variante, bei der der Factoringnehmer alle Vorteile nutzt, aber auf die sofortige Regulierung des Kaufpreises verzichtet
Echtes/Unechtes Factoring:
Echt: Der Factor übernimmt das Ausfallrisiko. Unecht: keine Übernahme
Offenes/Stilles Factoring
Beim offenen Factoring-Verfahren wird der Debitor über den Forderungsverkauf informiert und aufgefordert, direkt an den Factor zu zahlen. Beim stillen Factoring-Verfahren wird die Forderungsabtretung nicht offengelegt
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