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Wer zu spät handelt, den bestraft der Banker

Rating: Neue Kriterien bei der Kreditvergabe durch Basel II
Wer zu spät handelt, den bestraft der Banker

Wer zu spät handelt, den bestraft der Banker
Dr. Josef Trischler, Leiter der Abteilung Betriebswirtschaft im VDMA: „Wir sind eine technologisch komplexe und sehr zyklische Branche; wir dürfen nicht alle Unternehmen über einen Kamm scheren.“
Neue Spielregeln bei der Kreditvergabe setzen Unternehmer unter Druck. Fest steht: Nur der Mittelständler, der sich jetzt schon auf Rating und flexiblere Kreditzinsen einrichtet, stellt sicher, dass sein Finanzierungsgebäude nicht ins Wanken gerät.

Von unserem Redaktionsmitglied Tilman Vögele-Ebering – tilman.voegele@konradin.de

Bonität signalisieren! So lautet der Rat der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) an mittelständische Unternehmer. Die Spielregeln bei der Finanzierung werden sich in den nächsten Jahren gewaltig ändern. Es wird für die Betriebe deutlich schwerer werden, an bezahlbare Kredite heranzukommen.
Das so genannte Rating, die Bewertung der Bonität, wird ab 2005 eine zentrale Rolle spielen. Schon heute müssen die Unternehmen handeln, um ihr Controlling fit fürs Rating zu machen, raten die Aufbau-Banker. Die Verbände machen ebenfalls mobil: Der VDMA plant derzeit eine Veranstaltungsreihe, um seine Mitglieder auf die neue Finanzwelt vorzubereiten.
Der Hintergrund: Der Baseler Bankenausschuss bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat neue Eigenkapitalregeln für die Kreditinstitute beschlossen, Basel II genannt. Müssen die Institute bislang für Firmenkredite einen einheitlichen Satz von 8 % der Kreditsumme an Eigenkapital hinterlegen, soll sich dieser Wert zukünftig am Ausfallrisiko orientieren. Die Folge für Unternehmen: Betriebe mit schlechter Bonität müssen wohl höhere Zinsen für den Kredit aufbringen oder erhalten gar keinen mehr. Andere wiederum könnten das Fremdkapital deutlich günstiger erhalten. Auskunfteien wie die Vereine Creditreform e.V. in Neuss warnen davor, dass dies wohl nicht alle Mittelständler bewältigen werden. Die Banken würden so manchem den Geldhahn zudrehen. Man befürchte nach heutiger Einschätzung eine Steigerung der Insolvenzen, heißt es dazu aus Neuss.
Die Regeln sollten ursprünglich im Jahr 2004 in Kraft treten. Jetzt haben sich Banken und Mittelstandsverbände mit ihren Protesten durchgesetzt und einen Aufschub bis 2005 erwirkt. Beide Parteien hatten Unklarheiten und Mängel in dem Vorschlagspapier entdeckt. Jetzt wird nachgebessert.
Beschlossene Sache ist, dass bankeninterne Rating-Verfahren zugelassen werden sollen. Denn externe Verfahren durch Rating-Agenturen wie Moody’s oder Standard & Poor’s mit einer Skala von AAA bis D sind ursprünglich auf kapitalmarktorientierte Großunternehmen ausgerichtet. Und diese Methode kos-tet den Auftraggeber eine Menge Geld.
Für den Mittelstand läuft alles aufs interne Rating hinaus. „Die Banken testen die Verfahren derzeit noch“, sagt Dr. Josef Trischler, Leiter der Abteilung Betriebswirtschaft beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) in Frankfurt/M. Der Verband stehe mit den Banken in Kontakt, um über die Probleme des Maschinen- und Anlagenbaus aufzuklären.
Trischler befürchtet, die neuen Verfahren könnten den Betrieben nicht gerecht werden. „Wir sind eine technologisch komplexe und sehr zyklische Branche“, gibt der VDMA-Experte zu bedenken, „und wir dürfen nicht alle Unternehmen über einen Kamm scheren.“ Er sieht vor allem die Gefahr, dass die Institute das eigentlich zukunftsorientierte Rating auf eine verfeinerte aber vergangenheitsorientierte Bilanzanalyse zurechtstutzen, um den Aufwand gering zu halten. Dr. Trischler: „Für Maschinenbau-Unternehmen, die sich konjunkturell gerade im Abschwung befinden, wäre das fatal.“
Die Mittelständler müssen auf jeden Fall umdenken. Wer seine Bücher hinter Schloss und Riegel hält, wird keinen günstigen Kredit mehr bekommen. Und wer keine Controlling-Instrumente und kein Informationsmanagement einführt, kann ebenfalls den Hausbanker nur schwer von der Zahlungsfähigkeit überzeugen.
Die KfW weist darauf hin, dass die Unternehmen sich jetzt schon mit dem Thema befassen müssen: Denn um von der Bankenaufsicht eine Zulassung für ein banken-internes Verfahren zu erhalten, müssten lange Zahlenreihen vorliegen. „Das setzt Unternehmen und Kreditinstitute unter Handlungsdruck“, betont KfW-Experte Dr. Helmut Krämer-Eis. Er sieht auch positive Aspekte: Mittelständler würden gezwungen, sich mit der eigenen Bonität auseinanderzusetzen und hätten die Chance, Schwachstellen aufzudecken. Dies würde nicht nur das Rating, sondern auch die Wettbewerbfähigkeit der Unternehmen verbessern.
Der Firmenkunde ist nicht mehr stets gern gesehen
Für Dr. Trischler vom VDMA ist nicht nur das Thema Rating wichtig. Er warnt davor, die Finanzierung des industriellen Mittelstands zu gefährden: „Die Unternehmen müssen darüber hinaus steuerlich in die Lage versetzt werden, Gewinne im Unternehmen zu belassen. Außerdem appellieren wir an die Banken, die Zusammenarbeit mit dem Maschinenbau nicht über Bord zu werfen.“
Viele befürchten einen schrittweisen Rückzug der privaten Banken aus dem Firmenkundengeschäft. Dort lassen sich keine so hohen Renditen erwirtschaften wie im Investmentbanking, wie allgemein bekannt ist. Die Institute versichern gegenüber dem VDMA immer wieder, die Zusammenarbeit mit der mittelständischen Schlüsselindustrie nicht aufkündigen zu wollen. „Ich erhalte aber unterschiedliche Signale“, berichtet Trischler, „es melden sich bei uns auch Unternehmer, die völlig entgeistert sind, wie sie von mancher Bank behandelt werden.“
Sind Sie fit fürs Rating?
– Führungsstruktur
Ist das Management qualifiziert? Hat der Gesellschafter- und Managementkreis die gleichen Interessen? Ist die Nachfolge geregelt?
– Controlling
Gibt es Planungs- und Steuerungsprozesse? Existiert eine Mehrjahresplanung? Existiert ein Debitorenmanagement? Werden Töchter überwacht? Sind Risiken versichert?
– Unternehmenskonzept
Unterzieht sich das Unternehmen den Anforderungen des KonTraG? Wie stellt sich die Strategie dar? Sind die strategischen Ziele (z.B. Wachstumsziele) realistisch?
– Marktposition
Wie ist die Stellung zu Wettbewerbern? Wie sieht der Markt aus? Ist das Produktportfolio ausgewogen?
– Produktion
In welchem Zustand befinden sich Maschinen und Anlagen? Wie ist die Verfügbarkeit von Rohstoffen? Besteht ein QS-System? Ist Know-how durch Patente gesichert?
– Liquidität
Erfolgt eine Liquiditätsplanung? Können Investitionsentscheidungen unabhängig von der Liquidität getroffen werden? Kam es in den letzten beiden Jahren zum Zahlungsverzug?
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