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Wertschöpfung im Einkauf neu definiert

SRM: Lieferantenbeziehungen auf dem Prüfstand
Wertschöpfung im Einkauf neu definiert

Der wahre Wert der Beschaffung für das Unternehmen lässt sich erst ermitteln, wenn man alle relevanten Kosten mit den vier Beschaffungskriterien Preis, Prozess, Qualität und Termin in Beziehung setzt. Mittels TCP-Ansatz (Total Cost of Procurement) lassen sich ungenutzte Ressourcen aufspüren.

Ulrich Weilnhammer ist Projektleiter E-Consulting bei der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH Unternehmensberatung, München

Die nächste Generation des elektronischen Beschaffungsmanagements ist eingeläutet. Der erweiterte Ansatz des Supplier Relationship Management (SRM) betrachtet alle relevanten Aspekte einer Lieferantenbeziehung und ermöglicht es so, diese ganzheitlich zu sehen und zu pflegen. Einen Mehrwert verzeichnen insbesondere die Unternehmen, die stark von der Qualität und den Produkten ihrer Lieferpartner abhängig sind, beispielsweise von OEM-Herstellern im Maschinen- und Anlagenbau. Lieferschwierigkeiten eines Zulieferers können einen hohen Produktionsausfall nach sich ziehen, wie das Beispiel des Streiks in der ostdeutschen Metallbranche vor wenigen Wochen zeigte.
Auch beim aktuellen Thema des Sourcing in ausländischen Märkten wie China spielen diese Aspekte eine Rolle. So setzt sich zum Beispiel Motorola aktuell ein Beschaffungsvolumen von bis zu 10 Mrd. US-$ auf dem chinesischen Markt zum Ziel – wesentlich durch elektronische Abwicklung unterstützt. Aber auch im Mittelstand sind hohe Einsparungen bei China Sourcing möglich, vorausgesetzt, die Prozesse werden elektronisch unterstützt und kostengünstig abgewickelt.
Unternehmen, die erste Erfahrungen mit E-Procurement sammeln, tun dies meist in Form von Einzelprojekten, beispielsweise in Form von Auktionen für einzelne Beschaffungsvorgänge. Hier geht es in der Regel darum, Einkaufspreise zu senken. Die nächste Stufe in dieser „E-Volutions-Leiter“ ist der systematische Aufbau von E-Procurement-Lösungen für bestimmte Teilbereiche des Einkaufsspektrums – zu Beginn meist im strategisch unkritischen Bereich der C-Teile. Prozessoptimierung und Prozesskostensenkung treten hier in den Vordergrund. Wird die Integration von weiteren Wertschöpfungsstufen angedacht, kommen Schnelligkeit der Prozesse, Flexibilität und Outsourcing in geteilter Wertschöpfung als wesentliche Zielsetzungen hinzu. In diesem Falle ist die Stufe des „Strategischen E-Procurement“ erreicht (siehe Grafik 1).
Supplier Relationship Management geht noch einen Schritt weiter und setzt an vier Stellhebeln an:
  • Prozessoptimierung: Alle direkt oder indirekt von der Beschaffung betroffenen Prozesse werden dahingehend untersucht, ob sie sich durch E-Procurement-Tools automatisieren oder wenigstens unterstützen lassen. Allerdings kann auch die Elektronifizierung eines mangelhaften Prozesses dessen strukturelle Schwachstellen nicht heilen. Deshalb müssen die Ist-Prozesskosten betrachtet werden, um tatsächliche Kostentreiber zu erkennen. Ziel ist hier ein ergebniswirksamer Einsatz von E-Tools.
  • Analyse und Decision Support: SRM-Tools bieten die Möglichkeiten, definierte Performance-Kennzahlen zu erfassen und in Form eines Reports zeitnah auszuwerten. Beispiele sind Beschaffungszeiten, Reklamationsquoten, aber auch die Häufigkeit von telefonischen Rückfragen sowie Konditionen. Das Ziel ist es hier, Transparenz und eine zeitnahe Informationsbasis als Steuerungswerkzeug zu schaffen.
  • Lieferantenbewertung: Dabei geht es insbesondere darum, Schwachstellen sowie Kosten- und Effizienzreserven zu identifizieren. Der Aufbau einer so genannten Supplier Score Card ist ein sinnvolles Mittel, um sowohl harte als auch weiche Faktoren wie persönlicher Zugang und Kooperationsfähigkeit in Beziehung zu setzen und zu bewerten.
  • Strategisches Beschaffungscontrolling: Hier wird die Beschaffungsstrategie im Kontext von Prozess und Organisation betrachtet und geprüft, ob und wie sie mit der Unternehmens-Gesamtstrategie übereinstimmt. So kann zum Beispiel der Aufbau von Lieferantenbeziehungen in Asien für die Beschaffung ineffizient sein – bei geplanter Expansion in diesen Bereich aber durchaus sinnvoll. Ziel des strategischen Beschaffungscontrollings ist ein ertragsorientierter Einsatz von Unternehmens- und E-Business-Ressourcen.
Daraus ergeben sich folgende Erfolgsfaktoren für ganzheitliches E-Procurement, die der SRM-Ansatz berücksichtigt:
  • E-Procurement muss sich an den Anforderungen von Einkauf, Produktion, Vertrieb, Marketing, F+E ausrichten. Die Zielsetzungen sind intern abzugleichen. Dies verhindert eine zu einseitige Sicht und Bewertung nach Einkaufspreisen und -volumina.
  • E-Procurement-Tools müssen sehr differenziert eingesetzt werden. Ob und welche Lösung sich eignet, hängt stark vom Produkt- und Beschaffungskontext ab.
  • Die Lieferantenbeziehung ist in all ihren qualitativen und quantitativen Aspekten zu bewerten und mit den E-Procurement-Aktivitäten abzugleichen.
  • Zielgrößen und Erfolgskriterien sind klar zu definieren – diese müssen aber auch messbar und realisierbar sein.
Gerade der letztgenannte Punkt wirft die Frage auf, welche Kosten denn nun wirklich relevant sind. Die Beantwortung dieser Frage kann über den Erfolg eines E-Procurement-Projektes entscheiden: Werden nur kalkulatorische Prozesskosten betrachtet, ohne sie auf Ergebniswirksamkeit zu prüfen, so wird ein hoher ROI vorgetäuscht, welcher spätestens im Controlling oder der nächsten Bereichs-Ergebnisrechnung offensichtlich wird. Solche Projekte scheitern häufig wegen Erfolgslosigkeit. Noch gravierender können auch Folgekosten zu Buche schlagen, zum Beispiel aufgrund von Lieferproblemen oder Produktqualität.
Um die tatsächlichen Kosten der Beschaffung zu ermitteln und zu bewerten, dient der Ansatz des Total Cost of Procurement (TCP). Dieser geht von einem erweiterten Beschaffungs-Gesamtprozess aus (siehe Grafik 2). Der TCP-Ansatz setzt alle Kostenquellen miteinander in Verbindung.
Grundsätzlich können – bezogen auf den jeweiligen Ist-Zustand – alle betrachteten Effekte in einer bestimmen E-Procurement-Lösung positiv oder negativ sein. Weiter ist es grundsätzlich nicht notwendig, alle denkbaren Größen in Relation zu setzen, sondern es werden diejenigen identifiziert und verwendet, welche der jeweiligen Zielsetzung entsprechen. So wird die Stabilität eines Lieferanten sicherlich bei Büromaterial keine wesentliche Rolle spielen, es sei denn, es findet eine langfristige Bindung an eine Beschaffungslösung des Lieferanten statt.
Der TCP-Ansatz lässt sich grundsätzlich bei jedem Beschaffungsprojekt anwenden. Beim elektronischen Einkauf hat er jedoch besondere Bedeutung aufgrund der notwendigen IT-Infrastrukturkosten und der starken Ausrichtung auf Prozessunterstützung durch E-Procurement-Technologien. In Verbindung mit SRM-Systemen oder Supplier-Score-Cards kann der TCP-Ansatz ein individuell auf das Projekt oder die Beschaffungsstrategie angepasstes Messinstrument sein, welches die notwendige Transparenz und Entscheidungsbasis für erfolgreiche E-Procurement Projekte liefert. TCP ist insbesondere gut anwendbar auf Beschaffungslösungen von Dienstleistern wie Onventis, welche zunehmend auch Lösungen für den Bereich des SRM anbieten, beispielsweise Datenbanken für schnelle und individuelle Lieferantenbewertung.
Die Erfahrung von Dr. Wieselhuber & Partner zeigt, dass der TCP-Ansatz schnell und individuell eingesetzt werden kann. Insbesondere lässt er sich verwenden, um bestehende Beschaffungsprozesse begleitend zu reorganisieren und zu optimieren, und dient damit als Instrument zur Erfolgssteuerung und -messung. TCP und SRM öffnen neue Wege, um die Beschaffung im Unternehmen neu zu gestalten. Für den Bereich E-Procurement bedeutet dies insbesondere Erfolgs- und Investitionssicherung durch die Kenntnis des wahren Wertes der Beschaffung.
TCP: Messinstrument für die Beschaffungsstrategie
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