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„Wir liefern ab einer Tafel“

Zerreißprobe Stahllogistik: Prototypenbauer erwarten höchste Flexibilität
„Wir liefern ab einer Tafel“

Stahllieferung | Riesen-Herausforderungen ergehen an die Lieferanten hochspezialisierter Prototypenbauer: kleine bis kleinste Losgrößen, individuelle Güten und Maße auf der einen Seite, kurze Lieferfristen und ausgeklügelte Logistik auf der anderen Seite. Max Baum hat genau das zum Prinzip erhoben.

Wolfgang SeidlFachjournalist in Essen

SD Automotive in Georgsmarienhütte ist ein Prototypenbauer wie aus dem Bilderbuch. Ob Einzelteil oder komplette Karosserie: Entwicklung, Konstruktion und Bau kommen aus einer Hand. Zum Maschinenpark zählen Pressen mit 200 bis 2000 t Presskraft, leistungsfähige CAD-CAM-Systeme und eine Zerspanungstechnik mit Kapazitäten von 2000 bis 3500 h/Monat. Da ist Expertise gefragt – aber eben auch eine intelligente Logistik und ein durchdachter Materialfluss.
Um die branchentypischen Deadlines der Automobilindustrie auch dann einhalten zu können, wenn es einmal komplizierter wird, hat das Unternehmen den gesamten Prozess vom Auftragseingang bis zur Auslieferung der Muster minutiös durchgetaktet und sich ein Netzwerk flexibler und leistungsfähiger Zulieferer aufgebaut. Die Max Baum Stahl Service GmbH mit Sitz in Duisburg zählt als Hauptlieferant für Stahl zu dem Kreis der Unternehmen, die bei einem neuen Projekt gleich zu Beginn mit eingebunden werden. Unmittelbar nach dem Eingang der Materialspezifikationen und der CAD-Daten für das jeweilige Bauteil bei SD Automotive erfolgt die Anfrage bei Max Baum.
Während die Werkzeuge bei SD Automotive konstruiert und gebaut werden, kümmert sich Max Baum um das Material. In der Regel bleiben für die Beschaffung, Prüfung und Auslieferung nicht mehr als zwei Wochen. Schließlich wird Zeit für umfangreiche Testpressungen benötigt, bevor die Produktion der Prototypen selbst anlaufen kann. Fünf bis sechs Wochen nach Auftragseingang verlassen die ersten das Firmengelände. Die durchschnittliche Stückzahl liegt bei 50 bis 100 Karosserien oder Teilen pro Auftrag, wobei kurzfristige Nachproduktionen eher die Regel als die Ausnahme sind.
Da fast jedes Karosserieteil aus einer anderen Stahlsorte besteht, ergeben sich für den Vorlieferanten Max Baum denkbar kleine Losgrößen. „Wir liefern ab einer Tafel“, so Standortleiter André Nordhausen, der hierin ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal im wettbewerbsintensiven Markt der Stahl Service Center sieht: „Wie unsere Kunden auch sehen wir uns nicht als Volumenhersteller, sondern setzen auf Mehrwerte wie Flexibilität und ein Portfolio, das nahezu alle Blechgüten einschließt, die für den Bau eines PKW benötigt werden.“
Das Unternehmen ist Teil des Geschäftsfeldes Stahl Service Center der Knauf Interfer Gruppe. Jeder Standort kann auf die Logistik und die Ressourcen der Distributeure, Bearbeiter und Serviceanbieter in Europa zurückgreifen, für Stahl wie für Aluminium. Der gesamte Lagerbestand liegt bei rund 150 000 t in allen Oberflächenvarianten und Güten. Die dezentrale Struktur des Geschäftsfeldes ermöglicht eine hohe Flexibilität und die Spezialisierung der Unternehmen auf ihre jeweiligen Kompetenzfelder. Innerhalb der Gruppe ist Max Baum der Spezialist für Stahl in Sondergüten und Zwischendicken in kleinen Losgrößen und damit für das Segment des Prototypenbaus optimal aufgestellt.
Für Marcel van Meulebrouck, verantwortlich für Qualitätsmanagement, Einkauf und Material beim niederländischen Prototypenbauer Proven Concepts, ist der Prototypenbau ein echtes „Hands-on-Business“, das im Übrigen nicht auf den Werkstoff Stahl beschränkt ist. Vor Ort in Valkenswaard findet sich ein bunter Materialmix, auch Stoßfänger aus Kunststoff sind zum Beispiel darunter. Den Löwenanteil von über 50 % aber machen Prototypen aus Stahl aus, die hier für die führenden Premiumhersteller angefertigt werden.
Im Laufe eines Projektes komme es immer wieder vor, dass sich Materialqualitäten und -mengen kurzfristig ändern, so seine Erfahrung, den Vorlieferanten verlange das einiges an Flexibilität ab: „Mit Lieferanten und Konzernen, die erst ab sechs Tonnen liefern, kommen wir nicht ins Geschäft“, so van Meulebrouck, „wir benötigen einen pragmatischen Partner auf Augenhöhe – und in der Nähe.“
Qualität und Liefertreue sind oberstes Gebot
Für den Fall der Fälle hält er immer einen Lastenanhänger bereit, sollte die Logistik einmal stocken – „zum Glück sind die Wege nach Duisburg kurz“. Auch die Qualität über die gesamte Lieferkette hat für die Niederländer einen enormen Stellenwert. Neben dem Material selbst steht vor allem die Liefertreue unter kritischer Beobachtung: „Am Stichtag müssen alle Komponenten eines neuen Modells auf dem Teiletisch liegen, sonst kommt es zu gravierenden Verzögerungen.“
Ebenfalls kritisch: die Maßhaltigkeit der einzelnen Bauteile. Wer die Diskussion über immer geringere Spaltmaße verfolgt, bekommt eine Vorstellung davon, wie exakt es auf dem Teiletisch zugehen muss. „0,5 mm Toleranz sind das absolute Maximum“, so van Meulebrouck. Die Voraussetzung dafür sind exakt geschnittene, maßhaltige Tafeln, wie sie bei Max Baum unter strengen Kontrollen und ständiger Dickenmessung entstehen.
Als Stahl-Service-Center trägt Max Baum den Dienstleistungsgedanken schon im Namen, und tatsächlich geht die Kooperation mit den Auftraggebern weit über die reine Materiallieferung hinaus. So ist der Automotive-Sektor seit jeher einer der Treiber einer durchgängigen Qualitätssicherung in der Lieferkette. Max Baum liefert die Bleche mit Materialprüfzeugnissen und ist damit auch in das übergreifende Qualitätsmanagement des Spezialdienstleisters integriert.
SD Automotive mit heute 550 Mitarbeitern hat sich aus einem Modellbauunternehmen entwickelt, das 1984 von einem jungen Team gegründet wurde. Max Baum war von Anfang an mit dabei. „Eine lange Erfolgsgeschichte kann man nur gemeinsam mit Kunden und Lieferanten schreiben“, so Helge Dröge, Projektmanager bei SD Automotive und Sohn eines der Firmengründer, „die enge Zusammenarbeit mit wenigen ausgewählten Lieferanten macht uns schneller und flexibler und ist Teil unserer Unternehmens-DNA.“
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
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