Fein, findig und als Schlüsselbranche größte Ausstellergruppe auf der Euromold, hat der deutsche Werkzeugbau dennoch ein Problem: VDWF-Geschäftsführer Willi Schmid sagt, wieso der Branche die Aufträge ausgehen.
Das Gespräch führte Chefreporter Wolfgang Filì chefreporter@fili.net
Herr Schmid, bis 2010 rechnet der deutsche Werkzeug- und Formenbau mit 30 Prozent Kapazitätsüberhang. Laufen der Branche die Kunden davon?
Richtig ist, dass ein mehr oder minder konstantes, potenziell aber schrump-fendes Auftragsvolumen von einer ebenfalls gleich bleibenden Zahl immer effizienter organisierter Unternehmen abgearbeitet wird. Die erste Insolvenzwelle rollt hier bereits an.
Der Automobilbau ist bislang Brot- und Butterkunde der deutschen Betriebe. Liegt die Misere an der Misere von Opel, Daimler & Co?
Zurzeit werden rund zwei Drittel vom Umsatz mit der Automobilbranche gemacht, gefolgt von der Luft- und Raumfahrtindustrie sowie von der Medizintechnik. Letztere legen erfreulicherweise zu, die Automobilindustrie hingegen gibt Anlass zur Sorge: Ihr Anteil geht zurück.
Zuvor sind die Hersteller von Haushaltsgeräten, Spielwaren und Handwerkzeugen als Auftraggeber bereits abgewandert. Wer macht jetzt die Formen dafür?
Das Gros wird in Osteuropa und Asien gebaut. Die Leute dort sind noch „hungrig“ und preislich flexibler als wir in Westeuropa. Begonnen hat diese Entwicklung schon vor Jahren mit wachsenden Aufträgen nach Italien und später nach Portugal. Mittlerweile sind aber wohl auch hier die Preise ausgereizt. Hinzu kommt, dass der Einkauf mancher Auftraggeber vorgibt, sound-soviel Prozent der benötigten Special Tools im Ausland zu bestellen. Das Problem vieler deutscher Werkzeug- und Formenbaubetriebe ist insoweit die Internationalisierung.
Wo wollen und können Sie gegensteuern?
Wir werden uns daran gewöhnen müssen, auch mit Blick auf die internationale Preislage konkurrenzfähig zu sein. 2003 hatte man sich in der Branche zum Ziel gesetzt, die Kosten innerhalb der nächsten zwei Jahre um 20 Prozent zu senken. Die Hälfte der Zeit ist um, aber erst wenig ist geschafft. Sicher – der Begriff „Kosten“ lässt sich in unserem Geschäft schwieriger packen als etwa in der Serienfertigung. Was wir herstellen, sind überwiegend Einzelstücke für die Spitze der Wertschöpfungskette. Wenn aber die Arbeitsmoral von ganz oben bis ganz unten stimmt, wird es zu schaffen sein. Zum anderen wird der deutsche Werkzeug- und Formenbau verstärkt Entwicklungspartnerschaften mit Designern und Ingenieurdienstleistern eingehen müssen. Neben altbekannten, realen Tugenden wie Zähigkeit, Kreativität und Zuverlässigkeit könnte künftig auch dies ein Alleinstellungsmerkmal sein.
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