Startseite » Allgemein »

„Wir schaffen Mehrwert um die Prüfung herum“

Dekra-Vorstandsvorsitzender Klaus Schmidt zur liberalisierung technischer prüfleistungen
„Wir schaffen Mehrwert um die Prüfung herum“

„Wir schaffen Mehrwert um die Prüfung herum“
„Mit Industrieprüfungen bringen wir auch den Job-Motor auf Touren.“
Das Monopol bei technischen Prüfdienstleistungen ist gelockert, sein Ende in Sicht. Dekra-Vorstandschef Klaus Schmidt erläutert, wie sich der Prüfkonzern den Anlagenbetreibern als umfassender Serviceleister empfiehlt.

Was hat der Betreiber einer überwachungsbedürftigen Anlage davon, dass er sich die Prüforganisation frei wählen kann?

Jeder Konsument hat bei Kaufentscheidungen die freie Wahl unter den Anbietern. Endlich gilt dies jetzt auch für Industrieunternehmen, die technische Prüfdienstleistungen einkaufen. Die Abhängigkeit von einem Monopolisten gehört der Vergangenheit an. Dekra erhebt für sich den Anspruch, auf allen Gebieten über den reinen Prüfvorgang hinaus durch zusätzliche Angebote für den Kunden eine Beratungsleistung mit Mehrwert zu liefern. Das reicht so weit, dass wir dem Betreiber auch Schwachstellen in seinen Anlagen aufzeigen und so einen Zusatznutzen für ihn generieren.
Was heißt konkret, flexibler im Maschinenprüfbereich zu sein?
Wir haben im Automobilbereich unseren hohen Marktanteil unter anderem durch die hohe Verfügbarkeit unserer Sachverständigen erreicht. Dieses Erfolgsrezept übertragen wir auch auf den Bereich der Industrie-Prüfdienstleistungen. Unsere Sachverständigen reisen an, wenn es für den Kunden am günstigsten ist. Das kann etwa dann sein, wenn eine Anlage ohnehin stillsteht. Das ist wichtig, denn Prüfen darf die Produktion nicht behindern. Dazu gehört auch, inhaltlich auf Kundenbedürfnisse einzugehen. Unser Ziel ist es, um die reine Prüfleistung herum einen interessanten Zusatznutzen für den Kunden zu schaffen.
Welchen beispielsweise?
Die wiederkehrende Prüfung eines Aufzugs erfordert zum Beispiel auch einen Belastungstest. Wird auf ein reines Ja oder Nein hin geprüft, kann als Ergebnis stehen, dass der Aufzug im Sinne der Vorschrift in Ordnung ist. Punkt! Ein Mehrwert entsteht durch Einsatz eines intelligenten Prüfsystems, das weiterreichende Aussagen trifft. So hängt ein Aufzug an mehreren Seilen, die wiederum über Scheiben laufen. Diese aber können bei ungleichmäßig verteilter Seillast schneller verschleißen. Folglich muss der Betreiber ein Interesse an einer möglichst gleichmäßigen Lastverteilung haben. Ein intelligentes System erzeugt dies als Nebenprodukt der Prüfung, was den Kunden wiederum für das Problem sensibilisiert. Ich bin überzeugt, dass in Zukunft derjenige sich am Markt durchsetzen wird, der die besten Ideen hat, den meisten Mehrwert rund um die Prüfleistung generiert und flexibler ist.
Also wird weniger der Preis ausschlaggebend sein, wenn das Prüfmonopol am 1. Januar 2008 endgültig fällt?
Wir stellen uns dem Wettbewerb, und dazu gehört auch der Preis. Klar ist aber auch: Dekra bietet Qualitätsdienstleistungen, hinter denen hochqualifizierte Ingenieure stehen. Da gibt es natürlich Grenzen nach unten. Jedoch ist der reine Prüfungspreis nicht immer der entscheidende Kostenfaktor. So muss sich derzeit ein bundesweit agierender Hersteller von Aufzügen beim Prüfmonopolisten oft mit mehreren Vorprüfstellen auseinandersetzen. Bei uns ist dafür eine zentrale Stelle für ganz Deutschland zuständig. Gerade überregional tätige Firmen haben ein großes Interesse daran, mit nur einem Ansprechpartner zu kooperieren, das spüren wir deutlich. Mehr Ansprechpartner bedeuten immer mehr Aufwand, und der steht in keiner Relation zur Prüfgebühr.
Wie viele überwachungsbedürftige Anlagen gibt es in Deutschland?
Das lässt sich nicht quantifizieren, denn überwachungsbedürftig kann eine komplexe Anlage ebenso sein wie ein Anlagenteil, etwa ein einzelner Behälter. Aussagekräftiger ist das Marktvolumen. Wir taxieren den Markt der klassischen überwachungsbedürftigen Anlagen auf 300 bis 400 Millionen Euro. Den Gesamtmarkt, auch mit den assoziierten Mehrwertdienstleistungen wie Risikoanalyse, Arbeitsschutz oder Gesundheitsschutz, schätzen wir in Deutschland auf rund eine Milliarde Euro pro Jahr und auf ungefähr fünf Milliarden Euro in Europa.
Ab wann gilt eine Anlage als alt, bis wann ist sie noch neu?
Als Altanlage gilt, wenn sie nicht nach europäischem Recht in Verkehr gebracht wurde. Druckgeräte oder Aufzüge differieren deshalb bei den Jahreszahlen. Wir arbeiten mit Hochdruck auf unser Zieldatum 1. Januar 2008 hin, ab dem wir dann auch alle Altanlagen prüfen können. Darum war der Kauf der Bochumer Exam BBG Prüf- und Zertifizier GmbH für uns ein großer Schritt. Damit haben wir uns im Explosionsschutz-Sektor, der ein spannendes Thema wird, auf einen Schlag eine riesige Lieferfähigkeit eingekauft.
Seit nunmehr einem Jahr prüft Dekra Neugeräte. Wie hat sich das auf Ihre Organisation ausgewirkt?
Der Bereich wächst deutlich zweistellig, aktuell betreuen wir etwa 8000 Bestandskunden. Insgesamt 18 Geschäftsstellen bearbeiten flächendeckend das Bundesgebiet. Während die TÜVs als ehemalige Monopolanbieter derzeit noch schwerpunktmäßig in ihren Vereinsgebieten tätig sind, agieren wir bundesweit. Darüber hinaus haben wir in Frankreich mit Norisko einen großen Industrieprüfdienstleister akquiriert, der die Nummer drei im Land ist. Global betrachtet haben wir mit 3800 Mitarbeitern und mehr als 75 000 Kunden einen großen Industrieprüfbereich aufgebaut, der auch nach Ost- und Südeuropa expandiert.
Rechnen Sie ab 2008, wenn völlige Wahlfreiheit herrscht, mit weiteren nennenswerten Wettbewerbern?
Es wird weiterhin die Ex-Monopolisten in ihren Vereinsgebieten geben. Aber flächendeckend stellt sich dem Kunden Dekra als die Alternative. Da sich für die Akkreditierung als Überwachungsstelle mehrere Dutzend Unternehmen beworben haben, werden hier zu Lande sicher einige Nischenanbieter auftreten – auch ausländische. Wir gehen ja auch ins Ausland, insofern ist uns der Wettbewerb willkommen. Jedoch glaube ich nicht, dass diese Unternehmen die Kraft haben werden, in der nötigen Geschwindigkeit flächendeckend aufzutreten und den Rundum-Service zu leisten, den der Kunde will. Um das zu bieten, wollen wir bis 2010 ungefähr 1500 Mitarbeiter allein im Inland beschäftigen und peilen hier einen Marktanteil von 20 bis 25 Prozent an.

Besonders zu überwachende Anlagen

Nur wenige Firmen sind informiert

Ab 2008 freie Wahl der Prüforganisation

Betreiber besonders überwachungsbedürftiger Altanlagen können ab Januar 2008 wählen, bei wem sie technische Prüfleistungen einkaufen.
Mit der Liberalisierung der regelmäßigen Überprüfung von neuen überwachungsbedürftigen Anlagen wurde zum 1. Januar 2006 der erste Schritt zu einem Ende der Monopolsituation für technische Prüfleistungen gemacht. Demnach können akkreditierte Überwachungsstellen wie die Sachverständigenorganisation Dekra bundesweit Anlagen prüfen, die nach europäischem Recht in Verkehr gebracht wurden. Ab dem 1. Januar 2008 dürfen sämtliche, also auch alte Anlagen geprüft werden (siehe Kasten). Mit diesem Schritt sind die traditionellen Prüfmonopole abgelöst und der Weg ist frei für einen liberalisierten Dienstleistungsmarkt.
Im Rahmen einer Studie zur Arbeitsschutzsituation in Deutschland hat Dekra in Deutschland rund 400 Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen zu den Erwartungen befragt, die mit dieser Marktöffnung verknüpft werden. Dabei zeigte sich lediglich ein Viertel der Befragten über den Liberalisierungsprozess in diesem Bereich informiert. In erster Linie erhofft sich mit 58 % die Mehrzahl der befragten Unternehmen vom Auftreten neuer Prüforganisationen ein verbessertes Preisgefüge. Diese Einschätzung begründen die Dekra-Manager damit, dass die bisher geltende Kostenverordnung zum 1. Juli 2008 fallen wird.

Kosteneffizienz
Der klassische Check an überwachungsbedürftigen Anlagen reicht nicht aus, um drohende Schäden zu entdecken und abzuwenden. Gesamtpakete mit erhöhtem Überwachungsanteil kombinieren die klassische Prüfung mit zerstörungsfreien Methoden, Risikoinspektion und Maintenance-Konzepten. Anwender können sich damit voll auf ihr Kerngeschäft konzentrieren.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de