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Additive Manufacturing: „Wir sichern das geistige Eigentum im 3D-Druck“

Additive Manufacturing
„Wir sichern das geistige Eigentum im 3D-Druck“

Die Vision von virtuellen Beständen wird immer greifbarer. Bei Bedarf entstehen daraus physische Teile im 3D-Druck. Doch wer schützt die Hersteller und Kunden vor Daten-Missbrauch? Genau darauf hat sich die israelische Leo Lane Ltd. spezialisiert. Die Mitgründerin Lee-Bath Nelson erklärt die Problematik und die Lösung, die sie parat hält.

Olaf Stauß

Nur wenige würden die Chancen bestreiten, die Additive Manufacturing eröffnet: Virtuelle Bestände könnten die immens hohen Kosten senken, die für die Lagerhaltung heute anfallen. Teile entstehen erst dann, wenn sie benötigt werden. Hier verschieben sich die Grenzen des technisch Machbaren immer weiter. Doch es gibt auch Risiken: Wie lässt sich das geistige Eigentum schützen, wie die Qualität von Teilen und Produkten sicherstellen und die Markenidentität bewahren?

Firmen wie 3D-Druckerhersteller Stratasys sind naturgemäß an belastbaren Lösungen interessiert. Um Antworten zu bekommen, hat Stratasys mit Lee-Bath Nelson gesprochen, Vice President Business und Mitbegründerin von Leo Lane, und uns dieses Interview exklusiv zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Gerne nehmen wir das Angebot an und drucken die Antworten für unsere Leser hier in gekürzter Form ab.

Können Sie kurz skizzieren, was Leo Lane ist und ausmacht?

Kurz gesagt ermöglichen wir Industrieproduzenten das sichere Verwalten einer additiven Fertigung, unabhängig von Ort und Zeit. Die Unternehmen, die ich hier als Markenartikler bezeichnen will, können mit unserer Hilfe die additive Fertigung skalieren, dabei ihr geistiges Eigentum schützen und digitale Assets sichern. Sie können die Qualität und auch die Quantität ihrer Teile und Produkte bei jedem Produktionsprozess sicherstellen und steuern.

Okay, doch achten Markenhersteller nicht schon selbst auf Qualität und Zuverlässigkeit des Produktionsprozesses?

In gewissem Umfang ja. Allerdings ist die Konsistenz der additiven Fertigung schnell gefährdet. Die Vorteile der On-Demand-Produktion basieren auf virtuellen Beständen, in denen Wissen und Werte abgelegt sind. Mit diesen digitalen Assets gilt es dann angemessen umzugehen und sie zu schützen. Denn beim Versand einer STL-Datei entstehen sofort Probleme.

Probleme welcher Art?

Solange das geistige Eigentum ungeschützt ist, kann die Datei abgefangen werden mit der Gefahr, dass das Teil abgeändert wird oder in die Hände Unbefugter gerät. Dies bedroht die Qualität und die Reputation des Markenartiklers. Eine weitere Folge könnte eine schlechtere oder nicht kompatible Produktion sein, etwa weil billiges Material oder eine minderwertige 3D-Druck-Technologie verwendet wird, so dass die Erwartungen an das Produkt nicht erfüllt werden. Einen ruinierten Ruf oder eine bedrohte Marke wünscht sich kein Unternehmen dieser Welt. So etwas muss auch nicht sein – dafür sind wir da.

Sie ermöglichen den Herstellern auch, die Quantität der additiv produzierten Teile zu steuern – wieso dies?

Sobald man auf einen digitalen oder virtuellen Bestand umstellt, muss man sichergehen, dass die Dateien beziehungsweise digitalen Assets nicht mehrmals gedruckt werden. Denken Sie zum Beispiel an ein Luft- und Raumfahrtunternehmen, das einige hunderttausende Dollar in die Entwicklung eines Flugzeugteils investiert hat. Was wäre, wenn unberechtigt auf die Datei zugegriffen und die Komponente unkontrolliert in großer Zahl gedruckt würde? Das käme einer Katastrophe gleich.

Gibt es solche Fälle denn schon?

Ich finde es unglaublich: Selbst bei großen, global agierenden Markenartiklern fällt es niemandem auf, wenn ein Mitarbeiter ein zusätzliches Teil druckt. Das ist schlimmer, als wenn es sich um den Mitarbeiter eines externen Lieferanten handeln würde. Eines der Kernelemente unseres Angebots ist eine in die Datei integrierte, geschützte Zuweisung, die nur eine vorab festgelegte Anzahl von Druckvorgängen erlaubt. Diese Lösung eliminert das Problem.

Sie achten also darauf, dass nichts abhanden kommt: Ist Leo Lane also eine Art „Securitas“ für die digitale Fertigung?

Ja, könnte man vielleicht so sehen. Doch die Problematik geht tiefer. In der additiven wie auch der klassischen Produktion kann es immer wieder zu Fehlern und Versehen kommen. Mitunter passiert das einfach. Vielleicht wird unabsichtlich das falsche Material in einen 3D-Drucker geladen oder es werden irrtümlich falsche Druckeinstellungen vorgenommen. Das sind kritische Probleme, um die sich Top-Manager großer Unternehmen sorgen. Genau solche Probleme löst Leo Lane. Unser Unternehmen bietet einen automatischen, reibungslosen Mechanismus, solche Vorfälle zu vermeiden.

Und wenn ein Zulieferer den Fehler macht?

Egal, ob solche Szenarien aus Versehen eintreten oder nicht – letzten Endes können Markenartikler es sich nicht leisten, fehlerhafte Teile zu produzieren, die irgendwann ausfallen. Selbst wenn Zulieferer verantwortlich sind, fallen Fehler letztlich auf den Markenartikler zurück. Er setzt seinen Namen aufs Spiel. Von den Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, ist niemand bereit, ein solches Risiko einzugehen.

Wie können Sie industriellen Fertigern helfen, die Vorteile von virtuellen Beständen zu nutzen?

Denken Sie nur an die Versorgung mit Ersatzteilen. Wir arbeiten zum Beispiel mit einem bedeutenden Anlagenhersteller zusammen, bei dem es fast vier Millionen Ersatzteile gibt – deutlich zu viele für die Aufrechterhaltung eines physischen Bestands. Durch die Möglichkeit, im Notfall per 3D-Druck schnell ein Ersatzteil herzustellen und es dem Kunden zur Verfügung zu stellen, entsteht ein unmittelbarer Nutzen. Es kann dort weitergearbeitet werden. Der Hersteller kann das Problem seines Kunden lösen und dafür einen Aufpreis berechnen. Im Gegenzug erhält der Kunde ein Ersatzteil nicht erst nach Wochen, sondern binnen weniger Tage, sodass der Produktionsdurchsatz nur geringfügig beeinträchtigt wird. Wichtig ist nur, dass die digitalen Assets geschützt werden. Genau da kommen wir ins Spiel.

Haben Sie noch weitere Beispiele?

Allgemein die Ersatzteilversorgung für die Automobilbranche: Werden diese Teile ausgehend von einem virtuellen Bestand ganz nach Bedarf additiv produziert, entfallen für die großen Markenhersteller hohe Kosten. Natürlich wollen die Automobilhersteller nicht die Dateikontrolle aufgeben, aber dennoch auf digitale Fertigung umstellen. Mit Leo Lane entfallen die entsprechenden Risiken.

Wie funktioniert Ihr System?

Sobald ein Markenartikler bestimmt hat, für welches Teil die additive Fertigung zum Einsatz kommen und wie es produziert werden soll – also welche Vorgaben etwa für Druckertyp, Material oder Maschineneinstellungen gelten – wird die zugehörige Datei mithilfe von Leo Lane gesichert. Alles Weitere läuft automatisch ab.

Wird das Lieferkettenmanagement damit nicht komplizierter?

Überhaupt nicht. Unser Leitmotiv besteht darin, Störungen minimal zu halten. Für Beschaffungsmanager spielt es keine Rolle, ob ein Teil durch additive Fertigung oder Spritgießen entsteht – sie können das additive Teil wie jedes andere über ihr ERP-System bestellen. Im Hintergrund wird dann der Leo-Lane-Service aufgerufen und löst die geschützte Zuweisungsdatei aus. Der einzige Unterschied: Statt einer STL-Datei übermittelt der Markenartikler eine LSTL-Datei – eine Leo STL. Überaus wichtig für die Einführung ist dabei: Bei der Beschaffung und den Richtlinien ändert sich nichts, absolut nichts. Wenn wir global bedeutenden Herstellern hier Vorschriften machen wollten und sie ihre Prozesse ändern müssten, stießen wir mit dem Konzept auf taube Ohren – und das zu Recht.

Das sind ja gute Nachrichten für Lieferkettenmanager. Können Sie sagen, wie dies möglich wird?

Eine Leo-Datei ist ein digitales Asset – und steht für „Limited Edition Object“. Wie erläutert schützt und bewahrt es ein digitales Produkt- oder Bauteildesign, indem es steuert, wie die beauftragte Komponente produziert wird. Leo Lane ist eine SaaS-Lösung, Software as a Service, mit der sich außerdem alle Leos nachverfolgen lassen. Dazu gibt es ein Dashboard, dem in Echtzeit zu entnehmen ist, wann, wo und wie jeder Artikel produziert wird.

Wie geht Leo Lane selbst mit den digitalen Daten um?

In unserer Leo Lane Cloud werden keine Dateien gespeichert. Sie dient lediglich zum Überwachen und Durchsetzen der Vorgaben. Die Unternehmen, also die Markenartikler, verwalten alle eigenen Dateien selbst basierend auf ihren internen IT-Richtlinien und -Verfahren.

Schauen wir in die Zukunft mit örtlich verteilten On-Demand-Fertigungen: Was steht diesen Modellen noch im Wege?

Was virtuelle Bestände und On-Demand-Fertigung angeht, sind den meisten Unternehmen die enormen Vorteile des Modells klar, denke ich. Man weiß um den ohne große Investitionen erreichbaren Nutzen – als da sind Kosteneinsparungen, höhere Reaktionsgeschwindigkeit und größere Flexibilität gegenüber Kunden. Doch viele setzen derzeit additive Fertigung ein, um Teile in kleinen Mengen zentral zu produzieren und dann an den Einsatzort zu liefern. Die additive Fertigung wird nicht wirklich skaliert und dadurch letztlich obsolet. Bei einer durch additive Fertigung erreichten Skalierung in großem Stil sieht es anders aus. Doch dabei stellt sich das Problem eines konsequenten Schutzes des geistigen Eigentums – und da können wir weiterhelfen.

Was würden Sie Unternehmen raten, die diesen wichtigen Schritt gehen wollen?

Für mich geht es im Wesentlichen darum, Unternehmen wissen zu lassen, dass sie von all diesen Vorteilen profitieren können, ohne dabei auf den Schutz ihres Fertigungs-Know-hows und Fertigungsdesigns sowie letztlich ihres Markenimages und Markenrufs zu verzichten.

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