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„Wir verdoppeln die Zahl der Softwareentwickler“

Interview mit Dr. Christian Schlögel, Chief Technology Officer (CTO) der Kuka Roboter GmbH
„Wir verdoppeln die Zahl der Softwareentwickler“

Industrie 4.0 ist auch in der Robotik ein Dauerthema. Dr. Christian Schlögel, CTO der Kuka Roboter GmbH, berichtet im Interview, wie er als Softwareexperte Kuka umkrempeln möchte. Dabei setzt der Manager auf einen Dreiklang aus Partnerschaften, Start-up-Investitionen und den Ausbau der eigenen Ressourcen. ❧ Uwe Böttger und Armin Barnitzke

Herr Dr. Schlögel, Sie sind seit Februar 2015 Chief Technology Officer der Kuka Roboter GmbH. Sie sind studierter Informatiker und haben lange für SAP und Wincor Nixdorf gearbeitet. Warum stellt ein Roboterbauer als Entwicklungschef einen Softwareexperten ein?

Diese Frage haben mir schon viele gestellt und ganz ehrlich: Diese Frage habe ich mir am Anfang auch selbst gestellt. Aber auch in der Robotik nimmt eben die Bedeutung der Software enorm zu. Bereits heute kommen bei uns zwei Softwareentwickler auf einen Mechatronik-Experten, weil in die Robotersteuerung immer mehr Funktionen wandern.
Welche Funktionen zum Beispiel?
Ein großes Thema ist für uns beispielsweise die grafische Programmierung: Wir gießen Funktionen in vordefinierte Blöcke, die der Anwender ganz einfach verbinden kann. Künftig gibt es Toolboxen für Pick & Place, Schweißen und so weiter. Diese einfachere Programmierung ist wichtig, um mit der Automatisierung in neue Bereiche vorzudringen. Künftig brauchen wir bei Kuka aber nicht nur Softwareexperten für die Controller-Ebene.
Sondern?
In der Industrie 4.0 werden wir Apps auf allen Ebenen sehen, von der Maschinensteuerung bis hoch in die Cloud. Daher brauchen wir zukünftig verstärkt Websoftware-Experten, die auch Software für die Cloud und mobile Geräte entwickeln. Daher wollen wir die Anzahl der Softwareentwickler bis 2020 verdoppeln.
Wird sich der Roboter künftig selbstständig mit Software aus der Cloud versorgen?
Technisch ist das durchaus möglich. Wir haben heute schon Prototypen von elektronischen Marktplätzen, wo sich Kunden zusätzliche Softwarepakete per Mausklick auf den Roboter herunterladen können. Viele Kunden möchten aber eben nach wie vor ein Vieraugen-Prinzip umsetzen oder legen Wert auf Testroutinen. Ob diese Kunden eine komplette Autonomie der Maschine zulassen, mag ich nicht vorhersagen.
Was bedeutet das Trendthema Industrie 4.0 für die Kuka-Strategie?
Industrie 4.0 ist für uns ein ganz zentrales Thema, weil unser Selbstverständnis ist, einer der führenden Anbieter im Bereich Industrie 4.0 zu sein. Und das hört ja nicht beim Roboter auf: Wir möchten ein umfassendes Paket anbieten – von der Maschine bis zur Optimierungssoftware in der Cloud. Diesen Plan gehen wir ganz strategisch an und schauen: Welche Technologien brauchen wir dazu? Was können wir mit unserer eigenen Entwicklung stemmen, in dem wir dort die Kompetenzen ausbauen? Weil wir aber nicht alles selbst tun können, arbeiten wir auch mit strategischen Partnern zusammen.
Wo stehen Sie in dieser Strategie heute? Und wo will Kuka in fünf Jahren stehen?
Heute sind wir in der Lage, Roboter an die Cloud anzubinden, um Daten aus den Robotern und den Maschinen herausfiltern zu können. So erstellen wir einen digitalen Zwilling, quasi das digitale Abbild zur physischen Maschine. Wir wollen dabei aber nicht stehen bleiben, sondern mit Connyun ein ganzes Cloud-Ecosystem für Produktion und Logistik aufbauen. Dazu schmieden wir eine Allianz aus vielen kleinen App-Softwarepartnern, um so das Lösungsangebot für unsere Kunden zu verbreitern.
Wird das also eine Art Apple App Store, wo Kuka mitverdient an Apps von Drittanbietern?
So in der Art. Das ist eine Win-Win-Situation: Wir bekommen über die Partner eine größere Auswahl an Lösungen und die App-Partner erhalten über uns Zugang zum Markt und zu Kunden. Dafür müssen wir aber auch Einiges investieren und beispielsweise Community-Prozesse aufsetzen, mit denen wir garantieren, dass die Qualität der Partner-Apps stimmt und dass sich keine Schadsoftware wie Trojaner einschmuggeln. Aber für uns ist ganz klar: Wir gehen in diese Richtung und wir sehen auch einen Bedarf dafür. In ersten Gesprächen haben unsere Kunden jedenfalls großes Interesse signalisiert.
Wie werden sich denn die Geschäftsmodelle durch Industrie 4.0 ändern?
Die Industrie 4.0 eröffnet die Möglichkeit, ganz neue Geschäftsmodelle nach der Idee des Pay per Customer Value anzubieten. Sprich: Man wird nach Energieeffizienz bezahlt oder nach Output. All die As-a-Service-Dinge, die man aus der Softwarewelt kennt, kann man da übertragen. Und es gibt hier ja bereits einige konkrete Beispiele: Kaeser zum Beispiel verkauft heute nicht nur Kompressoren, sondern auch komprimierte Luft.
Verkauft Kuka künftig also keine konkreten Roboter, sondern wird vom Kunden nach montierten Teilen bezahlt?
Ich glaube, wir werden beides haben. Es wird aber auch künftig nach wie vor Kunden geben, die ihre eigenen Roboter kaufen. Ich erwarte daher keinen kompletten Ersatz, sondern eben zusätzlich neue Geschäftsmodelle. Dafür gibt es ja bereits Beispiele wie die Kuka Toledo Production Operations (KTPO), wo wir für Chrysler Karosserien für den Jeep Wrangler bauen und pro Karosserie bezahlt werden.
Was kann der Maschinenbau in diesem Zusammenhang von der IT-Welt lernen?
Der Maschinenbau kann von der Schnelligkeit lernen, mit der die Softwarewelt agiert – zum Beispiel auch, wie schnell man sich als Unternehmen verändern muss. Da wir im Maschinenbau immer mehr Software sehen, ist diese Veränderungsbereitschaft und diese Geschwindigkeit ein ganz wichtiger Punkt. Daher wird man auch von uns viel mehr hören in Sachen Partnerschaften und Start-up-Investitionen. Denn alles immer von Grund auf selbst zu entwickeln, wird künftig nicht mehr funktionieren. Wir brauchen daher einen Dreiklang aus vergrößerten internen Kompetenzen, strategischen Partnern und Start-ups.
Ein gutes Beispiel für Geschwindigkeit und Veränderungsbereitschaft ist ja das Silicon Valley. Wie groß ist die Gefahr, dass Firmen wie Google oder Apple dem deutschen Maschinenbau die Butter vom Brot nehmen?
Man muss auf jeden Fall wachsam sein und darf diese Entwicklungen nicht unterschätzen. Denn die Silicon Valley-Firmen haben viel Geld und sind schnell. Aber auch Google tut sich mit seinen 12 aufgekauften Firmen schwer. Für Geld kann man sich eben nicht alles kaufen. Man braucht auch die entsprechende Kompetenz und eine Strategie. Wir bei Kuka sind nah am Kunden und holen uns zusätzliche IT-Kompetenzen à la Google, wie Machine Learning, dazu. Deswegen sind Allianzen auch so wichtig für uns.
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