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Zwei Bochumer Firmen setzen auf Biometrie

Überwachung: Blitzschnelle Gesichtskontrolle
Zwei Bochumer Firmen setzen auf Biometrie

Was bislang Pförtner, Polizist oder Zollbeamte mit einem musternden Blick verrichtet haben, soll künftig die biometrische Zutritts-überwachung via Gesichtserkennung leisten, und das schnell, preiswert und zuverlässig. Zwei Bochumer Firmen konkurrieren auf diesem Zukunftsmarkt.

Von unserem Redaktionsmitglied Werner Möller ia-redaktion@t-online.de

Wenn der Durchbruch biometrischer Erkennungstechnologie immer noch auf sich warten lässt, dann sind nach Expertenmeinung vor allem die hohen Fehlerquoten Schuld. Dr. Stefan Gehlen, Vorstand der Bochumer ZN Vision Technologies AG, verweist dagegen auf die 100-prozentige Trefferquote seines Gesichterkennungsverfahrens ZN-Face im Gegensatz zu Fingerprintverfahren, durch die immer noch über 35 % der Berechtigten abgewiesen werden. Schwierigkeiten räumt der Experte allenfalls bei der falschen Platzierung der Kamera ein. „Wichtig ist es hier, mit dem Anwender herauszufiltern, wie und unter welchen Umständen das biometrische System angewendet werden soll“, unterstreicht Gehlen seinen Ansatz. Vision Technologies hat mit seinen 70 Mitarbeitern mehr als 150 Erkennungssysteme für die Zutrittskontrolle installiert, darunter in Banken und Kernkraftwerken.
Mit fünf Mitarbeitern ist der ebenfalls in Bochum ansässige Wettbewerber C-Vis GmbH, das kleinere Unternehmen. Geschäftsführer Professor Thomas Zielke will aber auch mit digitalen Überwachungstechniken verdienen, die Menschen anhand von Gesichtern berührungslos identifizieren. 70 Anlagen hat er nach eigenen Angaben bereits verkauft. Eine davon steht an der Passkontrolle im Flughafen Zürich, wo die Passagiere, ohne es zu merken, ihre Identität gleich beim Verlassen des Flugzeugs verraten. Thomas Zielke verrät auch den Sinn: „Die Anlage ermöglicht das Abschieben von unberechtigten Asylbewerbern zu Lasten der Fluggesellschaften, die die Rückflugkosten nicht zahlen, weil immer mehr Asylanten Angaben über die Einreise verweigerten.“ Das System Face-Snap greift sich via Kamera das Gesicht des Fluggasts von der Stirn bis zum Kinn, bestimmt die charakteristischen Merkmale und sendet sie an die Einwanderungsbehörde. In dieser Form lässt sich das digitale Faksimile mit den gespeicherten Daten anderer Personen vergleichen. „Damit treten die Behörden den Bildbeweis der Ankunft an und die Fluggesellschaften müssen für den Rückflug zahlen“, sagt Zielke.
Beide Firmen haben sich 1992 aus dem Institut für Neuroinformatik an der Bochumer Ruhruniversität entwickelt. Dessen Direktor Christoph von der Malsburg gab in den neunziger Jahren wissenschaftlich wie wirtschaftlich Anstöße für die neuronale Erforschung des menschlichen Sehens. „Es wird Maschinen geben, die sehen und sogar fühlen können“, so lautet die programmatische Prophezeiung Malsburgs, der sich gern als Vorreiter des maschinellen Sehens sieht.
Sein Ansatz war, den Computer nach dem Vorbild des Menschen arbeiten zu lassen. Das menschliche Gehirn analysiert das visuelle Bild getrennt nach Farben, Formen und Bewegungen. Die Nachbildung dieses neuronalen Organisationsprinzips auf dem Rechner tauften die Forscher „organisches Sehen“.
Die Vorteile der automatisierten Sehsysteme gegenüber ihren Vorbildern sind schnell genannt: Sie sind ermüdungsfrei und immer aufmerksam. Dazu kommt, dass die von intelligenten Kameras aufgenommenen Videos aus Personen-Observationen sich mit der Software aufwandsarm auswerten lassen. „Der Rechner schaut sich die Digitalbänder über Nacht an und sortiert die Bilder der darauf identifizierten Personen in eine Tabelle ein“, urteilt Zielke positiv.
Konkurrieren um Geschäfte zwischen Tür und Angel
Und seit das Parlament Ende letzten Jahres den Anti-Terror-Gesetzen von Bundesinnenminister Otto Schily zugestimmt hatte, die neue biometrische Identifizierungsmaßnahmen für die deutschen Pässe erlauben, sind die beiden Unternehmen vom Campus an der Ruhr Wettbewerber. Einigkeit allerdings herrscht zwischen Zielke und Gehlen, wenn es um die Grenzen ihrer Technik geht. Die Software erweist sich zwar als robust. „Unser Hauptproblem aber ist die Bildqualität“, relativiert Zielke. Die Gesichtserkennung funktioniere gut, wenn der Mensch mitmache und in einem genau bestimmten Winkel in die Kamera schaue. Anders verhält es sich mit auf Straßen und Plätzen aufgenommenen Passanten. Deren Bilder sind auf Grund unzureichender Lichtverhältnisse so mangelhaft, dass sich damit die Befürchtungen von Bürgerrechtlern nach der totalen Kontrolle leicht zerstreuen lassen. Aus dem Grunde lieben Biometriker Rolltreppen, weil da die Leute ziemlich still stehen – genügend Zeit für die Kamera, ein gutes Bild zu machen. Dann stören den Rechner auch Brillen und Bärte nicht.
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