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Zwölffache Standzeit unter Dauerbelastung

Kreiskeil-Paarungen übertragen 30 % höheres Drehmoment
Zwölffache Standzeit unter Dauerbelastung

Die Geschichte der Kreiskeil-Verbindung ist eine Erfolgsstory: Daimler-Chrysler und Dresselhaus haben sich die weltweiten Lizenzrechte an dem Welle-Nabe-Verbindungsprinzip gesichert, mit dem sich 30 % höhere Drehmomente übertragen lassen. Einsatzbeispiele belegen den Nutzen.

Dipl.-Ing. (FH) Franz Gröschel ist Mitarbeiter der H. u. J. Kühl GmbH in Schlierbach/Württemberg

Eine zwölffache Nutzungsdauer erzielen die Kreiskeil-Verbindungen in den Dauerprüfständen der GKN Automotive AG, Lohmar. Der Antriebswellen-Hersteller setzt die neuartigen Welle-Nabe-Verbindungen seit über zwei Jahren in der Serienkontrolle seiner Antriebskomponenten ein – zum Teil ununterbrochen. Die zuvor verwendeten reibschlüssigen Kegelpress-Verbände waren meist schon nach wenigen Monaten zu reparieren oder auszutauschen. Die Welle-Nabe-Verbindungen müssen in den Prüfmaschinen von GKN bis zu 8000 Nm hohe Lastmomente mit starker Torsions-Wechselbeanspruchung übertragen. Dabei zeigte sich, dass die Kreiskeil-Paarungen nicht nur ungewöhnlich lange funktionsfähig bleiben. Sie ermöglichen es auch, höhere Werkstoff-Festigkeiten in größere Übertragungsleistungen umzusetzen. Die Techniker von GKN verwendeten beispielsweise vergütete Fügeteile aus 50CrV4 mit einem Durchmesser von 54 mm und konnten ein Drehmoment von 95 Nm pro Millimeter Fügelänge übertragen.
Die Kreiskeil-Technik steigert die Leistungsfähigkeit von Welle-Nabe-Verbindungen in mehrfacher Hinsicht. Sie erhöht die übertragbare Leistung bei gleicher Dimensionierung um etwa 30 %. Kreiskeil-Paarungen gehören zu den reibschlüssigen Verbindungen, sind lösbar und übertragen Drehmomente in beiden Richtungen – in einer Drehrichtung sogar formschlüssig. Werkzeuge und Werkstücke können selbstzentrierend, spielfrei und axial positioniert gespannt werden. Schon bei der Montage lässt sich die Verbindungssicherheit durch Messen des Anzugsmomentes zuverlässig prüfen und dokumentieren. Jeder Qualitätssicherer wird dafür dankbar sein. Die bei Schrumpf-Verbindungen eher als „Unsicherheits-Faktoren“ zu bezeichnenden hohen Aufschläge müssen bei der 3K-Technik nicht berücksichtigt werden.
Diese Eigenschaften haben dazu geführt, dass sich die Daimler-Chrysler AG und die Dresselhaus GmbH & Co. KG, Herford, bei der Kühl GmbH in Schlierbach um die Lizenzrechte bemüht haben. Nachdem sich das nordrhein-westfälische Handelshaus für Befestigungstechnik die Lizenz für Europa gesichert hatte, erwarb der Automobilhersteller alle restlichen Lizenzen, inklusive der weltweiten Nutzungsrechte für Befestigungselemente.
Die Basis der patentierten Kreiskeil-Verbindungen bilden die unrunden Fügequerschnitte von Welle und Nabenbohrung. Sie bestehen meist aus drei Kreiskeilen und werden daher auch „3K“-Technik genannt. Die Steigung der einzelnen Segmente gehorcht den Gesetzmäßigkeiten einer logarithmischen Spirale. Das 3K-Profil der Nabe ist um etwa 0,02 mm größer als das der Welle. Somit lassen sich die beiden Komponenten mit Spiel axial fügen und positionieren: Durch Verdrehen gegeneinander um beispielsweise 15° erfolgt ein radiales Dehn-Verspannen bei Raumtemperatur. Der Verdrehwinkel wird im Voraus berechnet und richtet sich nach dem benötigten Anzugsmoment. Durch Verdrehen wird zunächst das Spiel ausgeglichen. Sobald sich die Fügeflächen von Welle und Nabe berühren, beginnt das gezielte Dehnen und reicht im Grenzfall bis in den Bereich der elastisch-plastischen Werkstoff-Beanspruchung hinein.
Ein großer Vorteil ist, dass der Anwender die 3K-Verbindungen bei Raumtemperatur montieren kann. Der Fügeprozess lässt sich in kontinuierliche Abläufe integrieren, ohne den Montagefluss zu unterbrechen.
Da die geometrische Form der Kreiskeile einer logarithmischen Spirale entspricht, bleibt ein homogener Flächenkontakt auch nach dem Verdrehen mit einer Umschlingung von etwa 300° bestehen. Die Steigung liegt üblicherweise zwischen 1:30 und 1:200, so dass Kreiskeil-Verbindungen in der Regel selbsthemmend sind. Sie eignen sich auch als Welle-Nabe Verbindungen für temperaturempfindliche Werkstoffe wie Leichtmetalle, Zinklegierungen und sogar Kunststoffe.
Bei 3K-Verbindungen liefert die gemessene Momentenkennlinie (Anzugsmoment über dem Verdrehwinkel) eine Aussage darüber, ob die Fertigungstoleranzen eingehalten worden sind. Diese Angabe lässt sich zur Prozesssteuerung verwenden (SPC). Sie ist von der ersten gefertigten Verbindung an aussagekräftig, da sie auf einer direkten Messgröße beruht (Anzugsmoment/Verspannmoment) und keiner indirekten, wie zum Beispiel der Einpresskraft bei Längspress-Verbindungen. Geprüfte Verbindungen lassen sich somit bei kleinsten Stückzahlen ebenso wirtschaftlich realisieren wie in der Großserien-Fertigung.
In Werkzeug-Spannsystemen ermöglicht die 3K-Technik eine spielfreie, selbstzentrierende Spindel-Aufnahme, die hohe Drehmomente übertragen kann. Dies nutzt beispielsweise die Tesch GmbH in Ludwigsburg. Dank der 3K-Technik kann der Spezialist für Schleiftechnologien nun seine CBN-Scheiben spielfrei und mit hoher Rundlaufgenauigkeit auf der Welle arretieren und damit den hohen Aufwand beim Profilieren auf der Schleifmaschine minimieren. Die Steigung des Kreiskeil-Profils stimmen die Ingenieure auf die maximal auftretenden Umfangskräfte an der Schleifmaschine des Anwenders ab. So kann sich auch eine vergleichsweise große Steigung von 1: 15 ergeben.
Tesch verspannt die CBN- oder Diamant-Scheibe durch manuelles Verdrehen so hoch, dass die später beim Schleifen auftretenden Umfangskräfte die 3K-Verbindung nicht weiter verspannen. Der an der Maschine zusätzlich vorhandene Flansch dient nur zum axialen Verspannen der Schleifscheibe. Zum Lösen ist ein etwa 10 % unter dem Verspannmoment liegendes Lösemoment nötig. Auch zum Vorprofilieren wird vorzugsweise eine 3K-Aufnahme verwendet, um den Abrichtbetrag auf der Schleifmaschine so klein wie möglich zu halten.
Bei normalen Schleifscheiben aus Korund oder SiC kann der Anwender den Auswucht-Aufwand um bis zu 30 Minuten reduzieren, wenn er spielfreie 3K-Aufnahmen einsetzt. Die Grundkörper-Rohlinge der jeweiligen Schleifscheiben-Hersteller lassen sich meist durch Nacharbeiten mit einem Kreiskeil-Profil versehen. Am einfachsten ist es allerdings, wenn die Kreiskeil-Aufnahme vom Maschinen- und Schleifscheiben-Hersteller schon bei der Erstausstattung konzipiert wird. Bei einem nachträglichen Umbau muss die Schleifspindel ausgewechselt werden.
Die Benz GmbH, ein Werkzeughersteller in Haslach, nutzt die Vorteile der Spielfreiheit, der Selbstzentrierung und des einfachen axialen Positionierens auch beim Spannen von Fräsern. Mittels „indirekter“ 3K-Verbindungstechnik mit Zwischenhülse lassen sich auch Werkstücke mit runder Geometrie zum Messen, Auswuchten oder Feinbearbeiten aufnehmen.
Eine weitere neuartige Anwendungsmöglichkeit: Die 3K-Technik ermöglicht durchrastende Überlast-Sicherungen in kompaktester Bauweise. Bei einer manuellen Bearbeitungsmaschine dient die 3K-Technik als Welle-Nabe-Verbindung für das Ritzel und kann gleichzeitig die Funktion einer Überlast-Sicherung übernehmen. Bis zur festgelegten, eingestellten Drehmomenthöhe überträgt die 3K-Verbindung das gewünschte Moment winkelsynchron und betriebssicher. Bei einer Überlast von etwa 3 % über dem Nennmoment rutscht die Welle durch. Wird das Lastmoment kleiner, rastet die 3K-Verbindung wieder ein – allerdings in undefinierter Winkelposition. Diese Überlastsicherung wird in der Regel für manuell bediente Maschinen eingesetzt. Das Durchrutschen erfolgt im rein elastischen Bereich und kann mehrere tausend Mal erfolgen, wenn die Fügeflächen gehärtet oder vergütet sind.
Solche Welle-Nabe-Verbindungen mit Überlast-Funktion lassen sich bei kleinen Durchmessern ab etwa 5 mm anwenden. Küchengeräte, Kleinmaschinen und Handwerksgeräte, die keinen Platz für eine separate Überlast-Kupplung haben, können so auf einfache Weise vor Schäden geschützt werden. Eine 3K-Überlast-Sicherung vergrößert auch nicht das Trägheitsmoment der Antriebskomponenten. Die symmetrisch aufgebaute Kreiskeil-Verbindung gewährleistet geringste Unwuchten und eignet sich für hohe Drehzahlen.
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