Startseite » Management »

Anlauf zur Einzigartigkeit

Employer Branding wird für mittelständische Industrieunternehmen immer wichtiger
Anlauf zur Einzigartigkeit

Immer mehr Mittelständler bekommen den Fachkräftemangel in Deutschland zu spüren. Wohl dem, der in den letzten Jahren an seinem Arbeitgeberimage gearbeitet hat. Ein konsequentes Employer Branding verbessert die Chancen, von potenziellen Bewerbern wahrgenommen zu werden.

Die Idee des Employer Brandings, also der Arbeitgebermarkenbildung, ist nicht neu. Sie entstand in den späten 1990er-Jahren als Reaktion auf die Verknappung talentierter und qualifizierter Fach- und Führungskräfte. Der damals ausgerufene „War for Talents“ wurde allerdings hauptsächlich von Konzernen und Beratungsunternehmen geführt. Der industrielle Mittelstand war damit beschäftigt, sich den Herausforderungen zu stellen, welche die Globalisierung und das Internet mit sich brachten. Er hatte schlichtweg andere Prioritäten, als sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.

Auch zehn Jahre später, während der Wirtschafts- und Finanzkrise, stand das Thema Employer Branding nur bei den wenigsten Mittelständlern auf der Agenda. Seither ändert sich die Einstellung mittelständischer Geschäftsführer zu diesem Thema. „Der demographische Wandel wirkt sich nicht mehr nur auf Positionen mit Spezialistenwissen aus. Darauf müssen wir uns einstellen“, sagt Hans-Christian vom Kolke, Geschäftsführer des Stahlhändlers Elsinghorst. Das in fünfter Generation geführten Familienunternehmen mit Stammsitz in Bocholt hat seine Arbeitgebermarke durch einen Branding-Prozess geschärft.
„Der aktuell spürbare und für die Zukunft weiter vorhersagbare Fachkräftemangel hat manchen Unternehmer und Geschäftsführer zum Umdenken bewegt“, sagt Jan Welke. Der Inhaber der Welke Consulting Gruppe berät seit vielen Jahren mittelständische Unternehmen aus Industrie und Handel hinsichtlich des Aufbaus und der Pflege ihrer Arbeitgebermarke.
„Selbst Marktführer mit Hauptabsatzmärkten in Übersee vollziehen nun die Kehrtwende in Sachen Employer Branding. Bis vor kurzem sagten sie sich noch: ‚Was soll ich hier vor Ort Markenmanagement und Kommunikation betreiben, wo doch meine Zielgruppen in Asien oder Südamerika sitzen?‘ Dass Fachkräfte auch eine Zielgruppe sind und man diese ebenfalls erreichen muss, hatten diese Unternehmer vollkommen außer Acht gelassen. Wenn die Produktionsstätten zudem noch in wenig attraktiven Regionen liegen, ist der Handlungsbedarf nochmals größer“, betont Welke.
Employer Branding ist eine unternehmensstrategische Maßnahme, bei der Konzepte aus dem Marketing – insbesondere der Markenbildung – angewandt werden, um ein Unternehmen insgesamt als attraktiven Arbeitgeber darzustellen und von anderen Wettbewerbern im Arbeitsmarkt positiv abzuheben. Wer solche Maßnahmen in seine Strategie mit einbezieht, kann zwar nicht erwarten, dass er seinen aktuellen Personalbedarf dadurch innerhalb von kurzer Zeit decken kann. Langfristig aber wird ein solches Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen.
Grundsätzlich beginnt Employer Branding im Innern, bei den Mitarbeitern. Jedes Unternehmen verfügt – ob bewusst oder unbewusst – über seine eigene Kultur, sein eigenes Wertegefüge. Dieses gilt es, den Mitarbeitern zu vermitteln und auf das tägliche Handeln jedes Einzelnen zu übersetzen. Nur so können alle Zielgruppen – Kunden, Lieferanten und potenzielle Mitarbeiter – die Unternehmensmarke authentisch erleben. Wer jedoch Markenwerte eins zu eins vorgeben oder schriftlich an die Mitarbeiter übermitteln möchte, wird dieses Ziel nicht erreichen.
Die Schuster GmbH, ein Hersteller von Sonderschrauben mit Sitz im rheinland-pfälzischen Brachbach, hat daher alle 70 Mitarbeiter in den Prozess integriert: In Workshops formulierten sie auf Basis der Markenwerte ihre individuellen (Abteilungs-)Leitsätze selbst. Diese wurden daraufhin fest im Bewusstsein der Belegschaft verankert – durch ein Leitsatzbooklet für jeden Mitarbeiter, durch Visualisierung der Markenwerte in den Abteilungen und auf täglichen Gebrauchsgegenständen. Inhaber Bernd Schuster zieht ein positives Resümee: „Ich bin mir sicher, dass viele unserer Mitarbeiter nun authentische Botschafter der Marke Schuster sind.“
Berater Welke leitet zum nächsten Schritt über: „Nach der internen Verankerung müssen die Werte und wofür das Unternehmen steht, glaubwürdig potenziellen Mitarbeitern vermittelt werden“, erläutert er. „Wer in den Augen seiner Zielgruppen als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden möchte, muss kontinuierlich und zielgerichtet über alle relevanten Kanäle die Werte kommunizieren, die ihn als Arbeitgeber ausmachen.“ Die einzelnen Maßnahmen bei der Umsetzung schließlich können von Unternehmen zu Unternehmen ganz unterschiedlich aussehen: Für die Steuerberatungsgesellschaft greifen andere Instrumente als für den Anlagenbauer, für das IT-Start-up müssen andere Kanäle gewählt werden als für den Arzneimittelhersteller.
Beim Stahlhändler Elsinghorst, der seine 160 Mitarbeiter ebenfalls zunächst einen Internal Branding-Prozess durchlaufen ließ, erfolgt die Kommunikation der Arbeitgebermarke über die Unternehmens-Website und Social Media-Kanäle sowie über Broschüren. Alle Veröffentlichungen untermauern, dass das Unternehmen für Fairness und Beständigkeit steht, über eine hohe Service-Kompetenz verfügt und einen kooperativen Führungsstil pflegt. „Dank unserer klaren Arbeitgebermarke konnten wir wichtige neue Mitarbeiter für unser Unternehmen gewinnen und ein perspektivisches Arbeitsumfeld für High Potentials schaffen“, sagt Geschäftsführer Hans-Christian vom Kolke. „Durch den Branding-Prozess haben wir zudem eine hohe Mitarbeitermotivation, -identifikation und -bindung erreicht.“
„Unternehmen, die sich – dauerhaft – als attraktiver, glaubwürdiger und unverwechselbarer Arbeitgeber positionieren, gewinnen Mitarbeiter mit den richtigen Qualifikationen, die auch auf ihre Werte bezogen zum Unternehmen passen,“ betont Jan Welke. „Zufriedene Mitarbeiter, die sich in hohem Grade mit dem Unternehmen und seinen Werten identifizieren, haben wiederum eine positive Auswirkung auf die Kundenbindung, denn sie vermitteln dem Kunden ein positives Grundgefühl. Letzteres ist nicht zu unterschätzen, da selbst im B2B-Geschäft der Kunde immer auch nur ein Mensch mit Emotionen ist.“
Häufig wird Employer Branding als Ansatz verstanden, der sich vorwiegend auf die Rekrutierung von Personal bezieht. Die Arbeitgebermarke wirkt jedoch weit darüber hinaus und schöpft noch ganz andere positive Effekte für Unternehmen ab. Zahlreiche Studien aus Großbritannien und den USA haben signifikante Korrelationen zwischen strategisch fundierten Arbeitgebermarken und erhöhter Identifikation, Engagement und Leistungsbereitschaft bis hin zur Senkung von Krankenstand und Bürodiebstahl festgestellt.
Anne Dörseln Journalistin in Engelskirchen
Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Tipps der Redaktion

Unsere Technik-Empfehlungen für Sie

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de