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Arbeitgeber entdecken das Dienstrad für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter

Mitarbeitermotivation
Arbeitgeber entdecken das Dienstrad für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter

200 Jahre nach Erfindung des Laufrads vollzieht sich eine kleine Revolution: Seit 2012 ist es dem Pkw steuerlich gleichgestellt. Allerdings muss das Modell bei Arbeitgebern noch bekannter werden.
Sie stehen beide an der Kreuzung: Ein dunkler, schnittiger, PS-starker Wagen und daneben ein modernes, schnittiges Pedelec. Was beide Fahrer gemeinsam haben: Sie sind mit ihrem Dienstfahrzeug auf dem Weg zur Arbeit. Dienstwagen oder Dienstrad – seit 2012 können sich Arbeitnehmer entscheiden, ob sie lieber auf ein Gas- oder Fahrrad-Pedal treten. Denn vor fünf Jahren hat der Gesetzgeber das Dienstwagenprivileg gekippt. Seitdem können nicht nur Pkws, sondern auch Fahrräder, E-Bikes und Pedelecs steuerlich geltend gemacht werden.
Dass dieses Konzept nach fünf Jahren erneut eine große Beachtung erfährt, ist dem Fahrrad-Jubiläum zu verdanken: Vor genau 200 Jahren hat Karl Drais das Laufrad erfunden, das sich über die Jahrhunderte von einem sperrigen Holzhobel zu einem technisch hochwertigen, optisch ansprechenden Alltagsgefährt entwickelt hat. Als Dienstrad dient es nicht nur als Incentive zur Motivation der Mitarbeiter, „es unterstützt auch das betriebliche Gesundheitsmanagement“, so Anna Hussinger, Leiterin der Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK) in Baden-Württemberg. Ihr Ziel ist es, mehr Menschen weg vom Pkw hin zum Rad zu bringen.
Stuttgart in seiner Kessellage leidet ganz besonders unter den Abgasen, deshalb ist Feinstaubalarm an der Tagesordnung. Dort werden die Grenzwerte so oft überschritten, dass Erwachsene mit dem Kinderticket in die Stadt fahren dürfen. Doch auch andere Großstädte wie etwa München leiden unter Feinstaub und engagieren sich für umweltfreundlichere Transportmittel.
Mit dem Rad zur Arbeit zu fahren, ist kein Novum, „die steuerliche Förderung jedoch ist vielen Arbeitgebern noch nicht geläufig“, so Hussinger. Dabei ist es gerade für sie interessant: „Studien der Weltgesundheitsorganisation haben ergeben, dass Mitarbeiter, die mit dem Rad zur Arbeit kommen, ein Drittel weniger krank sind als ihre Pkw-Kollegen.“ Zudem ist mehr Platz auf dem Hof: „Parkplätze sind teuer – und ein Stellplatz reicht für acht Fahrräder.“
Ganz nebenbei belebt man das Geschäft der ortsansässigen Fahrradhändler, denn die Mitarbeiter dürfen sich das Rad selbst aussuchen. Das reicht vom klassischen Fahrrad über Pedelecs bis hin zu E-Bikes für mehrere tausend Euro. Finanziert wird das Ganze über Leasing. Am Ende der Laufzeit kann der Arbeitnehmer – wie beim Auto auch – entscheiden, ob er das Rad behält. Für wen sich ein Finanzierungsleasing mit Kaufoption lohnt, weiß nicht nur der Steuerberater. Auch Online-Portale bieten Rechenbeispiele an (siehe Kasten).
Progressive Unternehmen zeigen sich gerne umweltfreundlich. Hagen Kurz beispielsweise, Informationsmanager beim Öko-stromanbieter Badenova, war der erste Mitarbeiter, der sich ein E-Rad bestellte. „Ich wohne 14 km von meiner Arbeitsstätte entfernt und fuhr früher höchstens einmal im Monat mit dem Rad, denn auf dem Heimweg geht es bergauf.“ 2013 suchte er sich ein Dienstrad im Wert von 3000 Euro aus und zahlt eine Leasingrate von 80 Euro pro Monat – von seinem Arbeitgeber erhält er einen Zuschuss von 15 Euro. Seitdem fährt er täglich mit dem E-Rad zur Arbeit – rund 4000 km pro Jahr. „Der Personalabteilung dient das Fahrrad-Leasing zudem als Recruiting-Instrument gegenüber potenziellen neuen Mitarbeitern“, ergänzt Daniela Ullrich, Betriebsrätin bei Badenova.
Nachfrage übertrifft alle Erwartungen
„Jeder präsentiert sich gern als ‚Grünes Unternehmen‘, das nachhaltig denkt und wirtschaftet“, so Hussinger, „sogar Autokonzerne machen bei dem Modell mit.“ Allerdings hängen sie es nicht an die große Glocke.
Das Softwarehaus SAP setzt traditionell auf Umweltschutz: Dort gibt es seit Jahren ein Tool für Fahrgemeinschaften. 2014 beschloss die Geschäftsführung, Diensträder anzubieten. „Die Nachfrage übertraf alle Erwartungen“, sagt Bernd Pfeffer, Total Rewards Senior Consultant bei SAP. Von den 15 000 Berechtigten haben fast 1000 Mitarbeiter ein oder zwei Diensträder bestellt. „Sie konnten sich beim Händler ein Rad im Wert von 750 bis 10 000 Euro aussuchen.“ Die monatlichen Leasingraten werden vom Bruttolohn einbehalten und als geldwerter Vorteil ausgewiesen.
Erstaunlich, aber wahr: Genau aus diesem Grund können Arbeitgeber der Öffentlichen Hand kein Dienstrad-Leasing anbieten: „Die Tarifverträge erlauben eine Bruttolohnumwandlung nur für die Rente“, bedauert Hussinger. Das Argument der Gewerkschaften, die Krankenkassen würden finanziell geschwächt, lässt sie nicht gelten: „Durch die Reduzierung des Krankenstands müssen sie ja viel weniger ausgeben.“
Das Fahrrad ist natürlich keine Pflicht: „Bei schlechtem Wetter kann man auf Pkw oder S-Bahn umsteigen“, meint Hussinger. Problematisch wird es, wenn Mitarbeiter grundsätzlich Teile der Strecke mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen wollen oder müssen. Denn gerade in den Stoßzeiten sind Fahrräder in S- und U-Bahnen gar nicht oder nur eingeschränkt erlaubt. Das heißt: Wenn die beiden Kollegen an der Ampel stehen, der eine im Auto, der andere auf dem Rad, und es gießt in Strömen, könnte so mancher seine Entscheidung für die Open-Air-Variante bereuen.
Kirsten Seegmüller, Freie Journalistin in Leinfelden

Infos und Rechenbeispiele
Wie und wo finde ich das passende Rad? Wie hoch sind die Leasingraten? Welche formalen Anforderungen sind zu beachten? Antworten auf diese Fragen bietet das Portal www.mein-dienstrad.de. Dort gibt es Rubriken für Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Selbstständige und Kommunen. Man findet Fachhändler, Fahrradmarken sowie Infos zu Versicherungen und Wartung. Wie das Modell zum Recruiting von Nachwuchskräften eingesetzt werden kann, zeigt der Artikel „Azubirad“. Mit dem Leasingrechner lässt sich über den Kaufpreis, das Bruttomonatsgehalt und die Steuerklasse mit wenigen Mausklicks die Leasingrate und die Gesamtkosten ermitteln. Bei einem Bruttomonatsgehalt von 5000 Euro und einem Kaufpreis von 3000 Euro beispielsweise liegt die monatliche Rate bei 50 Euro. Bei einem Gehalt von 3500 Euro und einem Kaufpreis von 6000 Euro fallen rund 100 Euro monatlich an. Detailliertere Berechnungen sind unter www.dienstfahrradrechner.de möglich. Weitere Online-Portale sind www.eurorad.de, www.lease-a-bike.de, www.jobrad.org, www.mhw-bike.de, www.leasing-ebike.de, www.businessbike.de, www.bikeleasing-service.bike und viele mehr. Die Internetseite www.finanztip.de/dienstfahrrad erläutert die 1-Prozent-Regel und gibt Tipps, wie man den Chef überzeugt, wenn im Unternehmen noch kein Dienstrad angeboten wird.
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