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Auf Fehlersuche in der Lieferkette

Supply Chain: Moderne Instrumente bringen Nutzen
Auf Fehlersuche in der Lieferkette

Auf Fehlersuche in der Lieferkette
Präzision und Geschwindigkeit sind in der Lieferkette gefragt: Häufig hapert es an der Abstimmung zwischen den Partnern Bild: Bahn AG
In der Lieferkette steckt für Zulieferbetriebe noch viel Verbesserungspotenzial. Zahlenbasierte Modelle und ein Blick über den Tellerrand helfen, die Supply Chain für alle Beteiligten zu verbessern.

„Supply Chain Management ist für uns seit Jahren ein vertrautes Verfahren“, erklärt Dr. Peter Wachendorff, Geschäftsführer der Wachendorff Elektronik GmbH & Co. KG. Doch in dem scharfen Wettbewerb, in dem sich Autozulieferer befinden, und aufgrund der veränderten Anforderungen des Marktes sei es wichtig, die Wertschöpfungskette immer weiter zu optimieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Zulieferer wie Wachendorff übernehmen in der Automobilindustrie rund 75 % der Wertschöpfungskette, in der Elektronikindustrie sind Zulieferer sogar zu 90 % beteiligt. „Die Hersteller konzentrieren sich auf ihre Kernaufgabe, daher liegt die Verantwortung für die unternehmensübergreifenden Materialflüsse vor allem bei den Zulieferern“, bestätigt Professor Matthias Schmieder vom Institut für Produktion der Fachhochschule Köln.
Transparenz ist dabei oberstes Gebot.
Denn die OEMs wollen von ihren Partnern genau wissen, in welchem Stadium sich ihr Auftrag befindet, um den Entwicklungs- und Fertigungsablauf steuern zu können. Die geringere Fertigungstiefe erfordert eine hohe Präzision der Wertströme in der Lieferkette. Dies zu gewährleisten, ist nach Ansicht von Professor Schmieder eine der wesentlichen Herausforderungen erfolgreicher Unternehmen. Nicht zuletzt, weil die Internationalisierung zunimmt, die Kundenanforderungen steigen und eine große Variantenvielfalt gepaart ist mit kleineren Stückzahlen.
„Wer reibungslos produzieren will, braucht effizient funktionierende Prozesse und Abläufe“, bestätigt Bernd von Regius, der bei der Ford AG in Köln für Qualitätsmethoden zuständig ist. Umso erstaunlicher ist es, dass in einer Studie des Berliner Zentrums für Logistik und Unternehmensplanung die Hälfte der befragten Entscheidungsträger zu Protokoll gab, die Wertschöpfungskette funktioniere in ihrem Unternehmen lediglich mittelmäßig bis schlecht.
Eine neue Möglichkeit, Probleme in der Lieferkette zu erkennen und Fehler abzustellen, hat die Six Sigma Deutschland GmbH in Zusammenarbeit mit dem Institut für Produktion entwickelt. Der zahlengetriebene Ansatz wendet statistische Methoden von Six Sigma auf die Leistungsmessgrößen des so genannten SCOR-Modells an. SCOR, kurz für Supply Chain Operation Reference, ist ein standardisiertes Modell, um Geschäftsprozesse zu beschreiben. „Dieses Instrument, das wir SCMAnalytics nennen, ermöglicht es, fundierte Aussagen zur Performance der jeweiligen Supply Chain zu machen“, erklärt Dipl.-Ing. Michael Ferger von Six Sigma Deutschland. Insgesamt werden 55 Leistungsmessgrößen erhoben, mit den statistischen Methoden von Six Sigma ausgewertet und abschließend das Ergebnis interpretiert. „Jede einzelne Aussage zur Wertschöpfungskette wird qualifiziert sowie mit Zahlen, Daten und Fakten abgesichert“, so Ferger weiter. Anschließend werden die den Leistungsmessgrößen bereits zugeordneten potenziellen Problemursachen analysiert und gewichtet. „So können Leistungshemmnisse sofort identifiziert und behoben werden“, ergänzt Professor Schmieder, der an der Toolentwicklung beteiligt war.
Zu den typischen Problemen, die die Leistungsfähigkeit von Wertschöpfungsketten beeinträchtigen, gehört, dass die Planung der Supply Chain oft nicht durchgängig ist, weil Lieferanten zu wenig in die Prozessstrukturierung einbezogen würden. „Eine weitere zentrale Ursache für Probleme in der Wertschöpfungskette ist die mangelnde Kommunikation zwischen den Prozessbeteiligten“, weiß der Experte. „Abstimmungsprozesse müssen aber über die gesamte Wertschöpfungskette erfolgen, nicht nur zwischen zwei Partnern, was jedoch oft der Fall ist.“
Statt sich darauf zu beschränken, nur den eigenen Bereich zu optimieren, empfiehlt Schmieder eine übergreifende Optimierung zeitlicher Vorgaben und Spezifikationsgrenzen, weil dies letztlich allen Beteiligten zugute käme. „Vielen Wertschöpfungsketten fehlt schlicht und ergreifend ein Machtzentrum als Treiber“, erklärt der FH-Dozent, „so aber sind die Abstimmungsprozesse sehr aufwendig, was zwangsläufig zu Schwächen in der Supply Chain führt.“
Die meisten Zulieferer stellen sich daher auf Instabilitäten der Wertschöpfungskette ein. Dazu nutzen sie Puffer und Sicherheitsbestände in den Arbeitsplänen und Materiallagern. Die Puffer in den Arbeitsplänen kosten jedoch mehr Geld als die Puffer durch erhöhte Materialbestände, die allerdings das Ergebnis mit Kapitalkosten und Lagerkosten belasten. „Auch die Durchlaufzeiten und der Cash-to-Cash-Zyklus werden durch diese Puffer verlängert“, erklärt Michael Ferger. Andererseits entstehen Zusatzkosten, wie etwa Pönale, hohe Sondertransportkosten, hohe Premium-Beschaffungskosten, Überstunden und Sonderschichten, wenn die Instabilitäten nicht abgefedert werden. Weitere negative Folgen sind in der Regel Umsatzausfälle durch Lieferunfähigkeit.
Es lohnt sich also, daran zu arbeiten, dass eine Wertschöpfungskette funktioniert. Das gelingt umso besser, wenn alle an der Lieferkette Beteiligten über die nötigen Daten und Informationen verfügen. Prognosen schaffen laut Michael Ferger eine einheitliche Planungsbasis und ermöglichen eine präzise Prozesssteuerung. Der Einsatz moderner Prognoseinstrumente und die Optimierung der Logistik werden damit für Fertigungsunternehmen zu wichtigen Erfolgsfaktoren. Über den Tellerrand zu schauen, erscheint somit für allen Beteiligten der zentrale Schlüssel zum Erfolg.
Für die Wachendorff Elektronik GmbH & Co. KG ist das Zusammenwachsen der einzelnen Partner nicht nur eine technische Herausforderung, sondern erfordert vor allem eines: wechselseitiges Vertrauen der Supply-Chain-Partnern. „Wenn es dann noch eine durchsetzungsfähige, treibende Kraft gibt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die unternehmensübergreifende Integration von Wertschöpfungsprozessen gelingt, sehr viel höher“, so Qualitätsmanager von Regius. Denn er weiß, dass ansonsten viele Projekte zur Optimierung der Wertschöpfungskette im Sande verlaufen.
Michael Gestmann Fachautor in Bonn
Prognoseinstrumente schaffen Sicherheit
Lieferunfähigkeit wird sehr teuer

„Wertschöpfungsketten müssen robust sein“

Nachgefragt

Warum rücken Wertschöpfungketten derzeit so in den Vordergrund?
Weil immer mehr Teile der Wertschöpfung auf Lieferanten verlagert wird und hier ein Schwerpunkt der nächsten Effizienzwelle in Unternehmen liegt. Um Partner pragmatisch, kostengünstig und flexibel vernetzen zu können, müssen die unternehmensübergreifenden Prozesse optimiert und die Logistikabläufe automatisiert werden. Jeder Partner profitiert davon.
Inwiefern?
Produzierende Unternehmen profitieren vor allem von der höheren Planungssicherheit und reduzierten Lagerbeständen. Werden Prognosedaten in die Produktionsplanung einbezogen, lässt sich zudem eine bessere und gleichmäßigere Auslastung der Produktionskapazitäten erreichen.
Dafür muss die Supply Chain robust sein?
In jedem Fall. Robust ist sie, wenn außerplanmäßige Störungen des Wertstroms nur geringe negative Auswirkungen auf Lieferzuverlässigkeit und Qualität haben. Solche Störungen können beispielsweise Liefer- oder Qualitätsprobleme von Lieferanten, der Ausfall von Produktionsanlagen oder starke Schwankungen im Auftragsvolumen sein.
Wie lassen sich solche Störungen am schnellsten in der Praxis verhindern?
Um bestehende Supply-Chain-Prozesse stabil zu halten odern eue Prozesse robust zu designen, bietet sich der Six-Sigma-Werkzeugkasten an. Denn die Erfolgsfaktoren von Six Sigma und SCM sind in vielen Punkten identisch. Die Ziele müssen klar formuliert sein. Das Management sollte Fakten basiert sein. Die Geschäftsleitung sollte das Projekt promoten. Und letztlich sollte der Erfolg der Maßnahmen schnell eintreten. Trainings sind wichtig, um die eigene Kompetenz im Unternehmen zu schaffen. (www.six-sigma-deutschland.de)

Marktchancen
Das Supply Chain Operation Reference-Modell (SCOR) wurde vor gut zehn Jahren zur Beschreibung aller unternehmensinternen und unternehmensübergreifenden Geschäftsprozesse von dem Supply Chain Council (SCC) entwickelt. Der SCC ist eine Non-Profit-Organisation, der rund 1000 Mitglieds-Unternehmen angeschlossen sind.
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