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Das Beispiel könnte Schule machen

Berufsausbildung: Privatschule soll Praxisbezug vermitteln
Das Beispiel könnte Schule machen

Um ihre Auszubildenden besser für die Anforderungen im Betrieb zu qualifizieren, haben mehrere Unternehmen in Sachsen-Anhalt die Gründung einer privaten Berufsschule für Metallberufe initiiert. Sie ist im Herbst gestartet.

Große Unternehmen tun sich bei der Ausbildung ihrer Auszubildenden leichter: Die für den Betrieb spezifischen Anforderungen bringen sie ihnen nicht selten in eigenen Bildungsstätten bei. Kleine und mittelständische Unternehmen müssen indes mit dem vorlieb nehmen, was die öffentlichen Berufsschulen leisten. „Für uns ist dies eindeutig zu wenig“, so das ernüchternde Urteil von Erich und Norbert Brinkmann, den beiden Chefs der G.M.W. Präzisions GmbH & Co. KG in Burg.

Sie haben daher mit zwölf anderen Maschinenbauunternehmen aus Sachsen-Anhalt die Gründung einer Privatschule vorangetrieben, die Private Berufsschule Metall in Magdeburg: ZOM Oberflächenbearbeitung GmbH, Prämab GmbH & Co. KG und Amroc Baustoffe GmbH gehören zu den Mitstreitern für eine bessere Berufsausbildung. Rund 1,4 Mio. Euro wurden investiert. Seit dem Herbst vergangenen Jahres werden von zehn Fachkräften 30 Schüler des ersten Lehrjahres in zwei Klassen hier unterrichtet – und zwar in den Ausbildungsberufen Zerspanungsmechaniker, Industriemechaniker und Mechatroniker. Dabei handelt es sich um anerkannte Ausbildungsberufe im dualen System, die durch eine Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer abgeschlossen werden.
„Den Unternehmen fehlte eine qualifizierte Bildungseinrichtung, die auch in Richtung Groß- und Präzisionsmaschinenfertigung einen Schwerpunkt legt. Das ist für viele Firmen das Hauptgeschäft“, erklärt Dr. Bernhard Beckmann, Geschäftsführer des Europäischen Bildungswerks für Beruf und Gesellschaft (EBG) gGmbH, die die Schule betreibt.
Die Schule ist dabei Bestandteil des dualen Systems. Das heißt, die Betriebe entsenden ihre Auszubildenden und übernehmen auch das Schulgeld in Höhe von 120 bis 150 Euro pro Monat und Auszubildenden.
Der Ursprung der Privatschule liegt laut Beckmann im so genannten Verbundausbildungszentrum des mitteldeutschen Maschinenbaus, das die EBG bereits im November 2007 auf Wunsch der Unternehmen gestartet hatte und seinen Fokus auf die Praxis legt.
„Im Rahmen dieser Verbundausbildung haben wir dann zusätzliche Kurse für Technische Mathematik, Zeichnungslesen, Normenkunde oder auch Englisch, insbesondere zum Lesen von Zeichnungen, angeboten“, erklärt der EBG-Geschäftsführer. „Da dies aus der Sicht der Unternehmen eigentlich eine Aufgabe der Berufsschulen ist, wurden wir schließlich gebeten, beim Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt die Private Berufsschule Metall zu beantragen, die neben der Praxis auch die notwendigen theoretischen Kenntnisse vermittelt.“
Wichtig war Beckmann und den beteiligten Unternehmen, dass ein Curriculum entwickelt wurde, das sowohl die staatlichen Forderungen erfüllt als auch auf die Anforderungen der Unternehmen eingeht. Beckmann: „Durch die Verbundausbildung als praktischen Ausbildungsteil, verbunden mit dem Unterricht in der Berufsschule, ergibt sich die Möglichkeit einer erfolgreichen Umsetzung des geforderten Lernfeldkonzeptes durch Anknüpfung an unseren praktischen Ausbildungsprojekten. Die Aktualisierung und die unternehmensorientierte regionale Akzentuierung werden in Abstimmung mit den Unternehmen angestrebt und umgesetzt. Wissenschaftliche Begleitung und fachwissenschaftliche Vertiefung erfolgt auch durch die Abstimmung mit und den Einsatz von Hochschullehrern zu bestimmten Themen in den Lernfeldern.“
Damit bietet die Schule die Möglichkeit von Wissenschaftlichkeit und Praxisorientierung. Dazu steht ihr ein Team von erfahrenen Berufsschullehrern, Fachlehrern, Unternehmern und Wissenschaftlern zur Seite. Das gelinge an der relativ kleinen Berufsschule Metall gegenüber großen staatlichen Berufsschulen mit mehreren hundert Auszubildenden sicherlich leichter und besser, ist der EBG-Geschäftsführer überzeugt.
Natürlich seien die Profile der Unternehmen, die ihre Azubis nach Magdeburg schicken, unterschiedlich. „Doch deren Ziele sind weitgehend identisch“, so Beckmann. „Sie wollen alle sowohl theoretisch als auch praktisch gut ausgebildetes Personal bekommen.“
Noch haben die Auszubildenden der ersten Stunde das erste Jahr an der Privaten Berufsschule Metall nicht abgeschlossen. „Doch zeigen bisherige Ergebnisse der Verbundausbildung eine sehr gute Vorbereitung der Azubis auf die weitere praktische Ausbildung in den Unternehmen“, sagt Beckmann.
Von Vorteil für die beteiligten Unternehmen sei vor allem, dass die berufsschulische Ausbildung ständig Beispiele aus der betrieblichen Praxis einbeziehe. So sorgen beispielsweise Zeichnungen, aber auch Mess- und Prüfmittel aus den Unternehmen, reale Objekte als Anschauungsmittel sowie Bilder und Filme, die in den Unternehmen gedreht wurden, für eine enge Verbindung von Theorie und Praxis. „Damit vermitteln wir den Azubis kein anonymes Wissen, sondern eines, das sich auf die spätere berufliche Tätigkeit richtet.“
Auf Wunsch und in Abstimmung mit den Unternehmen führt die EBG diverse Zusatzkurse durch. Dazu gehören etwa Technisches Englisch zum Verstehen von Dokumentationen, Betriebsanleitungen und Zeichnungen, vertiefendes Zeichnungslesen mit Schulung des Vorstellungsvermögens an praktischen Einsatzfeldern der Unternehmen, aber auch Spezialkurse zur Normenkunde anderer Länder, der Längenprüftechnik und der Technischen Mathematik. In Vorbereitung ist darüber hinaus zur Förderung des individuell geführten Lernens eine spezielle EBG-Lernplattform im Internet.
Um die Binnenstruktur der Lernfelder weiter zu entwickeln, ist die EBG aber nicht nur im Gespräch mit den Praktikern der Unternehmen, sondern auch mit den berufsschullehrerausbildenden Einrichtungen sowie Hochschullehrern.
An eine Ausweitung der Einrichtung denkt Beckmann derzeit noch nicht: „Die qualifizierte Ausbildung und die Profilierung der Schule in den genehmigten Berufen steht voll und ganz im Mittelpunkt der Arbeit der nächsten Jahre.“
Doch ist die EBG gerne bereit, anderen Unternehmen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, die an diesem Modell interessiert sind. „Natürlich ist das Modell übertragbar, bedarf aber eines erheblichen investiven Aufwands. Die Errichtung einer Privaten Berufsschule Metall ist kein Billigmodell“, warnt Beckmann. „Man benötigt schließlich eine moderne technische Ausstattung.“ In Magdeburg etwa stehen neben der konventionellen und der Ausbildung an CNC-Maschinen die produktive Ausbildung an Maschinen der Großteilfertigung wie etwa Bohrwerken im Vordergrund.
Sabine Koll Journalistin in Böblingen
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