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Interview mit Lapp-Technik- und Innovationsvorstand Georg Stawowy

Lapp-Technik- und Innovationsvorstand Georg Stawowy
„Das Kabel ist immer auch ein Teil der Wireless-Strecke“

Für die digital vernetzte Produktion sind Lösungen zur schnellen Datenübertragung unerlässlich. Welche Strategie die Lapp Gruppe im Bereich ethernetbasierter Verbindungstechnologien verfolgt, erläutert Technik- und Innovationsvorstand Georg Stawowy.

Das Interview führte Dietmar Kieser

Wie entwickelt sich der Markt der Ethernetkabel, die für Anwendungen in der Industrie 4.0 gesetzt sind?

Der Gesamtmarkt für datenbasierte Kabel wächst jährlich zwischen 15 und 18 Prozent. Alles, was mit ethernetbasierter Vernetzungstechnik zu tun hat, legt noch stärker zu und liegt im ersten Halbjahr bei über 20 Prozent. In gleicher Größenordnung liegen auch unsere Produktumsätze mit derartigen Datenübertragungssystemen. Die Entwicklung bei Busleitungen fällt entsprechend schwächer aus.

Welche Bedeutung hat das Thema für Lapp?

Strategisch gesehen sind datenbasierte Kabel für uns von großer Bedeutung. Lapp kommt ja aus der Richtung der Anschluss- und Steuerleitung, die analoge Signale überträgt. Jetzt beschleunigt die technologische Entwicklung die Übertragung digitaler Daten und Protokolle. Wir reden hier gleichermaßen von Zukunftsmarkt und Technologiewandel. Deshalb geht es um die Grundausrichtung…

… bei der die Steuerleitung verliert?

Nein, auch das Geschäft mit Steuerleitungen wächst weltweit ähnlich wie die Ethernetleitungen. Der Grund dafür ist, dass Elektrifizierung und Anschlusssteuertechnik weiter zulegen. Auf die nächsten Jahre gesehen, sehe ich für Verbindungstechnologien insgesamt eine positive Entwicklung. Aber die ethernetbasierte Verkabelung verzeichnet ein extrem dynamisches Wachstum und wird deshalb im Verhältnis zu Steuerleitungen zulegen. Deswegen ist dieser Markt für Lapp so wichtig.

Welches Entwicklungspotenzial sehen Sie für Lapp?

Zahlen nenne ich ungern, und Deutschland ist ein Spezialfall. Hier sind wir dicht an unserer Kernkundschaft, dem Maschinenbau, der sich prächtig entwickelt. Diese starke Maschinenbaubasis fehlt in vielen anderen Ländern, in denen Lapp aktiv ist. Aber auch dort, wo noch nicht dieser Marktdruck herrscht, wollen wir mit datenbasierten Leitungen wachsen. Angesichts der Breite unseres Portfolios hängen wir natürlich nicht von den ethernetbasierten Leitungen ab. Umso größer wird die Aufgabe sein, alle Ländervertretungen bei diesem Thema auf die gleiche Geschwindigkeit zu bringen. Wenn der Gesamtmarkt wie in diesem Jahr über 20 Prozent wächst, ist die Zielvorgabe klar definiert. Das funktioniert nur über Zugewinn bei den Marktanteilen.

Spiegelt die Nachfrage nach Ethernetleitungen wider, wie schnell die digitale Produktion in den Fabriken vorankommt?

Das ist deutlich erkennbar. An Neuprojekten zeigt sich, wie der Bedarf an Sensorik und Datentransfer zunimmt und sich der Wandel von Bussystemen zu ethernetbasierten Leitungen verstärkt.

Macht die Entwicklung hin zu Mobile und Wireless das Kabel nicht überflüssig?

Überhaupt nicht. In der Verbindungstechnologie hat alles seine Existenzberechtigung. Gewiss ist Wireless bezogen auf den Gesamtmarkt heute eine Nische, die größer wird. Aber auch eine Wireless-Lösung muss mit einem Kabel angesteuert werden. Damit ist das Kabel immer auch Teil der Wireless-Strecke.

Ist Wireless für den Kabelhersteller Lapp überhaupt ein Thema?

Wir sehen uns nicht als Kabelhersteller, sondern wir bieten Verbindungslösungen an. Deshalb thematisieren wir natürlich auch solche Lösungen. Einen ersten Kunden haben wir gemeinsam mit einem Partner mit einer Wireless-Applikation ausgestattet. Zwar kamen die Router nicht von uns, aber wir haben den Kundenzugang und auch das Verständnis für die Anwendung und die Anforderungen. Geht es um ein Nahfeld-Szenario oder sind große Entfernungen zu überbrücken? Ist die Latenzanforderung hoch oder eher gering? Mit all dem befassen wir uns. Zudem wird der Strauß an drahtlosen Systemen in den nächsten Jahren eher noch größer. Das Kabel ist stets dabei. Es steht für niedrige Latenz, hohe Übertragungssicherheit und geringere Störanfällig- keit im Sinne der Datensicherheit.

Wird Lapp künftig auch Drahtlostechnologien als Katalogware anbieten?

Das schließe ich nicht aus. Wireless ist eine von mehreren wichtigen Komponenten in der Verbindungstechnologie. Die Drahtlostechnologie sehe ich nicht als Konkurrenz zum Kabel. Es gibt in der Fabrik Verbindungen, die sinnvollerweise drahtlos sind und andere kabelgebunden.

Lapp hat sich im Bereich Datenleitungen mit der italienischen Ceam Cavi verstärkt. Wie wirkt sich der Kauf auf Ihre Produktreihen Unitronic und Etherline aus?

Nur insofern, dass Ceam Leitungen herstellt, die als Etherline und damit unter unseren Produktbrands auf den Markt kommen. Gleichwohl hat der Kauf einen sekundären Effekt. So haben wir Ceam nicht in erster Linie wegen der Produktionskapazität übernommen, sondern wegen des Know-hows. Mit Ceam haben wir schon in der Vergangenheit bei Entwicklungsprojekten kooperiert. Hervorgegangen ist daraus so manches Kabel, das wir in den letzten Jahren auf Messen vorgestellt haben.

Was hat Ceam, was Lapp nicht hatte?

Es ist das Mindset eines Unternehmens, das mit 120 Mitarbeitern in zweiter Inhabergeneration hochleistungsfähige Datenkabel fertigt. Mit dem tiefen Wissen über Produktionsmittel und das Produkt, die Zulieferbasis und nötige Compounds sowie die Kombination all dessen, damit im Ergebnis das Kabel einen noch besseren Wert erreicht – dieses Know-how hebt die Entwicklung auf eine noch höhere Stufe. Deshalb verschaffen wir Ceam auch mehr Autorität in der Lapp Gruppe, um die zukünftige Entwicklung unserer ethernetbasierten Leitungen voranzutreiben.

Das Lapp-Kompetenzzentrum für diesen Bereich ist dann in Italien angesiedelt?

Genau. In den nächsten zwei Jahren werden die Entscheidungen über das zukünftige Portfolio in diesem Bereich bei Ceam in Italien getroffen.

Denken Sie über das passive Kabel hinaus auch in Richtung aktive Komponenten?

Das müssen wir. Neben Wireless werden wir auch Switches ins Portfolio aufnehmen. Erste Produkte haben wir auf der diesjährigen Hannover Messe gezeigt, aber nicht offensiv beworben. Die offizielle Markteinführung starten wir auf der Nürnberger SPS IPC Drives Ende November. Stand heute kann ich sagen, dass wir bereits aktive Komponenten als Managed und Unmanaged Switches im Portfolio haben und diese in Zukunft verstärkt anbieten werden.

Aber mit dem Switch kommen Sie nicht unbedingt weiter…

In einigen Applikationen schon, aber nicht in allen. Deswegen werden wir die Frage klären, was wir anbieten müssen, um attraktiv für Kunden zu sein.

Funktioniert der Markteintritt denn nicht besser in Verbindung mit einem Gesamtsystem?

Genau hier setzt die Lapp-Logik an. Ein Kunde benötigt eine Verbindung, also Strom oder Daten von A nach B, und benötigt dabei vielleicht einen Managed oder Unmanaged Switch. Er wendet sich aber nicht wegen des Switches an uns, sondern weil wir ihm die komplette Strecke anbieten können. Unsere Strategie ist es, nicht der Spezialist für aktive Komponenten zu sein, sondern Anbieter einer Lösung, wie immer diese auch beschaffen ist. Das heißt, wir wollen den Kunden zuverlässige, komplette Verbindungslösungen anbieten, die exakt auf die Bedürfnisse des Kunden maßgeschneidert sind. In der Vergangenheit umfasste dies vor allem Kabel, Stecker und Verschraubungen. In Zukunft werden wohl auch Switches und Wireless dazu gehören.

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