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Gute Führung und Verbesserungskultur für mehr Wertschöpfung im Betrieb

Florian Guber, Führungskraft bei Trumpf, über Wertschöpfung im Betrieb
„Die Firmenkultur muss Fehler akzeptieren“

„Die Firmenkultur muss Fehler akzeptieren“
Florian Guber leitete bis Ende 2017 die Trumpf-interne Beratung Synchro Consulting mit rund 20 Beratern und ist heute Führungskraft bei Trumpf Laser in Schramberg. Bild: Trumpf
Neben innovativen Produkten braucht ein erfolgreiches Unternehmen hocheffiziente Prozesse und eine konsistente Führung. Wie dies bei Trumpf im System Synchro vereint ist und den Blechbearbeitungs- und Laserspezialisten in Richtung Spitzenleistung bringt, erläutert Florian Guber, der die Weiterentwicklung des Trumpf-eigenen Lean-Management-Systems verantwortet hat. ❧

Dietmar Kieser

In den letzten 20 Jahren ist bei Trumpf mit Lean-Prinzipien das System Synchro entstanden und wird ständig weiterentwickelt. Lässt sich der aktuelle Stand mit dem Begriff Verbesserungssystem beschreiben?

Wir nennen es Wertschöpfungssystem. Da die Verbesserung ein wesentlicher Bestandteil ist, trifft der Begriff Verbesserungssystem ebenso zu.

Und was steckt konkret dahinter?

Synchro ist ein System zur Gestaltung von Prozessen, zur Führung von Prozessen und zur Weiterentwicklung von Menschen. Das beschreibt auch in Kürze die Basis unseres Ansatzes: die Prozessexzellenz, die Managementexzellenz und die Verhaltensexzellenz.

Es geht also auch darum, Verbesserungsprozesse zu verstetigen?

Genau. Das System erzeugt Transparenz in der Fertigung und im administrativen Bereich und visualisiert Sachverhalte. Bei Toyota habe ich gelernt, dass es der Hauptzweck einer Fließlinie ist, Abweichungen vom Soll kenntlich zu machen und damit Transparenz zu schaffen, um den Prozess kontinuierlich verbessern zu können. Darin steckt auch das Thema Anspannungsgrad. Gemeint ist, dass eine zeitlich eng bemessene Taktung entstehen muss, um Taktrisse zu provozieren. Eine gute Taktlinie ist nun mal durch Unterbrechungen gekennzeichnet. Alles, was wir tun, dient dazu, Abweichungen transparent zu machen. Und das wiederum dient der kontinuierlichen Verbesserung.

Also ein Prinzip, das Fehler aufdeckt?

Richtig. Deshalb ist auch der kulturelle Teil entscheidend. Die erwähnten Abweichungen lassen sich nicht in einem Unternehmen provozieren, in dem Schuldzuweisungen und Anfeindungen an der Tagesordnung sind. Es muss eine Kultur vorherrschen, die Fehler akzeptiert. Abweichungen und Fehler passieren nun mal, sie müssen aber sichtbar werden.

Lean-Prinzipien, die Verschwendung vermeiden, hätten es bei Trumpf allein nicht getan?

Diese heben meist nur die sieben Arten der Verschwendung, bekannt als Muda, hervor. Nahezu unbekannt sind die beiden anderen japanischen Begriffe Mura und Muri, die Toyota verwendet. Mura bedeutet Ungleichmäßigkeit. Ziel ist es, Prozesse in eine Gleichmäßigkeit zu bringen. Und Muri zielt darauf ab, die Überbelastung von Menschen und Prozessen zu vermeiden. Erst wenn man alle Ansatzpunkte für Verbesserungen vereint, entsteht ein vollständiges Konzept. Nur Verschwendung aus einem Prozess zu eliminieren, heißt noch nicht, dass der Prozess auch gleichmäßig und stabil läuft.

Die Synchro-DNA enthält Bestandteile aus fraktaler Fabrik, Toyota-Produktionssystem, Lean Production und getakteter Fließmontage. Also eingeübte Routinen. Was ist an Ihrem Synchro Plus genannten Instrument innovativ?

Toyota hat diese Methode schon seit einiger Zeit etabliert. Innovativ ist sie aber insofern, dass es in Deutschland nur wenige so konsequent umsetzen, wie wir. Viele Unternehmen und Beratungen sind oft nicht über das Übernehmen der Instrumente hinausgekommen. Unser Vorgehen ist stark durch die Ideen von Mike Rother geprägt. Der US-Forscher hat erkannt, dass in den Unternehmen zwar munter kopiert wird. Die Art und Weise, wie Verbesserung entsteht, wird aber nicht übernommen, weil sie gar nicht erst wahrgenommen wird.

Mike Rother hat dieses Thema hierzulande in den Vordergrund gebracht?

Er hat Synchro Plus insofern geprägt, da uns durch seine Publikationen und Vorträge klar geworden ist, dass es vor allem darum geht, Mitarbeiter in ihren Verhaltensweisen und Fähigkeiten zu entwickeln. Dass wir diesen Punkt gleichwertig einbezogen haben, neben den rein prozessgestalterischen Elementen, wie etwa eine getaktete Fließlinie auszulegen ist, halte ich durchaus für fortschrittlich.

Wenn das Shopfloor Management ein wichtiger Baustein ist, ist dann die richtige Art der Führung das ganze Geheimnis?

Die richtige Führung ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Ansatzes. Ziel einer Führungskraft ist es dabei, die Fähigkeiten der Mitarbeiter kontinuierlich weiterzuentwickeln, aber auch das Bewusstsein zu prägen, Verschwendung zu erkennen und nachhaltig zu beseitigen. Es geht darum, Probleme konsequent zu lösen. Unser hochkomplexes Tagesgeschäft erfordert es, dass eine wesentlich größere Anzahl an Mitarbeitern und Führungskräften so denkt und kontinuierlich an den Themen arbeitet.

Also verlangt Ihr Modell von einer Unternehmensführung neues Denken und viel Engagement?

Auf jeden Fall. Aber das ist ein langer Weg. Als ich Mitte 2012 bei Trumpf begonnen habe, fand ich die besten Voraussetzungen vor, dieses System weiterzuentwickeln. Die Denke war vorhanden wie auch Offenheit und konstruktives Miteinander. Anderswo kann das unter Umständen lange dauern, wenn nicht sogar scheitern.

Wie greift das Prinzip Führen mit Zielzuständen hier hinein?

Ich sehe das so: Während im Shopfloor-Management versucht wird, gegen einen definierten Standard Abweichungsmanagement zu betreiben, ist das Führen mit Zielzuständen im Grunde ein Verbesserungssystem. Man versucht, einen Zielzustand zu definieren, der in einem unbekannten Gebiet liegt. Ein Beispiel: Mittelfristig sollen sieben statt fünf Einheiten produziert werden. Mit dem aktuellen Prozess lässt sich das nicht schaffen, sondern nur fünf Einheiten mit Schwankungen. Die Frage ist, was einen daran hindert? Dabei stößt man in unbekanntes Gebiet vor und versucht, einen Zielzustand über Kennzahlen, Bilder und Merkmale zu beschreiben und sich in kleinen Schritten in der Verbesserung dorthin zu bewegen. Und das möglichst zu zweit: einer verbessert, der andere coacht.

Was hat Synchro Trumpf bisher gebracht?

Auch nach 20 Jahren finden wir genügend Potenziale, die Produktivität deutlich zu steigern, und zwar jedes Jahr von neuem. Nur so können wir unsere Wachstumsziele sicherstellen. Teilweise haben wir die Montagedurchlaufzeit enorm gesenkt.

Lässt sich Synchro auch auf kleinere Produktionsbetriebe übertragen, oder braucht es dafür eine kritische Größe?

Die Größe spielt keine Rolle. Viele unserer Kunden sind kleine- und mittelständische Unternehmen. Manchem dieser Unternehmen bringen wir mit Unterstützung unserer internen Beratung die Synchro-Prinzipien bei. Auch wenn kleinere Unternehmen manchmal auf Grund der Beratungskosten zunächst zögern, sind sie dann doch schnell von den Vorteilen überzeugt. Es braucht hier einfach einen erfahrenen Begleiter, der ihnen nicht nur die Arbeit abnimmt, sondern auch die entsprechenden Kompetenzen mitbringt.


Das Buch zum Thema

Der Weg an die Weltspitze ist für ein mittelständisches Unternehmen mühevoll. Denn neben innovativen Produkten gehören dazu hocheffiziente Prozesse und eine konsistente Führung, vereinigt in einem unternehmensweiten System. Bei Trumpf aus Ditzingen heißt dieses System Synchro. Es sorgt dafür, dass alle Kräfte darauf gerichtet sind, das Unternehmen gezielt in Bewegung zu setzen. In Richtung Spitzenleistung. Trumpf-Geschäftsführer Dr. Mathias Kammüller zeichnet mit Florian Guber die Geschichte von Synchro nach und schildert darin die Erfahrungen. Erschienen ist das Werk „Synchro. Das Buch – Der lange Weg zur Exzellenz bei Trumpf“ im LOG_X Verlag, Ludwigsburg.

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