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Die Rendite liegt im Einkauf

Was moderner Einkauf leisten muss
Die Rendite liegt im Einkauf

Einkaufsorganisation | In der Einkäuferfachwelt gibt es dezidierte Vorstellungen, wie Einkauf organisiert sein müsse, um optimale Ergebnisse für das eigene Unternehmen zu erzielen. Allerdings driften Idealvorstellungen und Unternehmenswirklichkeit auseinander.

Dr. Hans Jürgen Arens Geschäftsführer Con-Centro Consulting, Emmerich Prof. Dr. Philipp Freitag Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, FH Düsseldorf

Ausgehend vom Faktum, dass Verhandlung und Ressourcing weitgehend ausgereizt sind, stehen jetzt technische Spezifikationen und Demand Management im Fokus, um Kostenvorteile zu erwirken. Eine engere und qualitativ bessere Zusammenarbeit mit den technischen Abteilungen ist geboten. Dies entspricht den Vorstellungen, wie vernetzte Wirtschaft entsprechend Industrie 4.0 organisiert sein soll.
Einkaufsstrategien sind warengruppen- beziehungsweise materialgruppenbezogen unternehmensintern zu definieren und umzusetzen, das heißt die frühzeitige Einbindung des Einkaufs in vorbereitende Verhandlungsgespräche ist zu sichern, um ein differenziertes Lieferantenmanagement zu ermöglichen und so Leistungssteigerungen im Einkauf zu realisieren. Ein Differenziertes Lieferantenmanagement berücksichtigt neben Preisaspekten auch weitere Kriterien wie beispielsweise Qualität, Liefertreue, Einbindung in die Entwicklung und Zertifizierungen bezüglich Qualitäts- und Risikomanagement sowie Nachhaltigkeit. Ein solches umfassendes Lieferantenmanagement erfordert gut ausgebildete Einkäufer, wobei insbesondere methodische Kenntnisse häufig noch aufzubauen sind. Darüber hinaus ist auch die Stärkung und Einbindung des technischen Know-hows existentielle Grundlage der Einkaufssteuerung: Das Wissensmanagement bezieht somit insbesondere technische Aspekte bezüglich der Beschaffungsobjekte, Einsatzmaterialien und Fertigungsprozesse ein, was wiederum dem Ansatz von Industrie 4.0 entspricht.
Eine Verbesserung der internen Zusammenarbeit zwischen Einkauf und Entwicklung erfordert, die Geschäftsprozesse an den externen und internen Kunden so auszurichten, dass das Prozess- und Fach-Wissen durch Workflow-getragene Systeme aktuell gehalten wird. Auf diese Weise wird das Know-how im Unternehmen gesichert. Die Bündelung der Einkaufsprozesse mit gleichzeitiger Effizienzsteigerung in den Einkaufsprozessen kann durch integrative und automatisierte Einkaufsworkflows gewährleistet werden. Dadurch werden Ressourcen freigesetzt, sodass vorhandene Kapazitäten auf andere wertschöpfende Leistungen konzentriert werden können. Um die Wettbewerbsfähigkeit des Einkaufs im Unternehmen dauerhaft zu sichern, sollten Ressourcen für strategische Projekte reserviert sein.
Wertanalytische Informationen über Warengruppen werden zunehmend gefordert. So kann auf detaillierter, wirtschaftlicher Argumentationsgrundlage verhandelt werden. Analyseverfahren auf Basis statistischer Methoden bilden hierfür ein geeignetes Instrumentarium. Die Ermittlung des technischen Wertes eines Einkaufsgutes entspricht wertanalytischen Anforderungen und ist Grundlage von Verhandlungen mit Lieferanten über Preise, technische Spezifikationen und Lieferqualität.. Unternehmensintern können damit auch die Kosten für die Erarbeitung von Produktanforderungen seitens der Entwicklungsabteilung transparent reduziert werden.
Verbesserungspotenziale im Einkauf gibt es offensichtlich in nahezu allen Unternehmen, unabhängig von deren Größe und Organisationsform. Es sind jedoch Differenzierungen erforderlich, da einzelne Branchen in unterschiedlicher Weise im weltweiten Wettbewerb stehen und daher bezüglich Methodik, technischem Know-how und Organisation des Einkaufs schon lange gut aufgestellt sind und einem ständigen Druck zur Ergebnisverbesserung und Aufwandsreduktion ausgesetzt sind.
Die Rolle des Vorreiters hat in weiten Teilen die Automobilindustrie übernommen, sowohl Autobauer selbst als auch bei deren Zulieferer. Es gilt auch für diese Branche, dass die angewandten statistischen Methoden zur Wertanalyse – insofern eine solche überhaupt genutzt wird –, vielfach verbesserungsfähig implementiert sind und deshalb nicht den vollen Nutzen entfalten. Nach unserer Erfahrung sind in der Praxis drei Mängelfelder zu nennen: Einmal die geringe Benutzerfreundlichkeit von Softwaretools. Bei den genutzten Systemen handelt es sich häufig um selbst entwickelte Tools auf Excel-Basis. Diese zeichnen sich in der praktischen Umsetzung in der Regel durch eine erhöhte Störanfälligkeit und geringe Benutzerfreundlichkeit aus. Praktische Konsequenz ist, dass das System nicht dauerhaft und nur von wenigen Experten im Unternehmen genutzt wird.
Die Wahl der statistischen Verfahren erfolgt primär nach praktischen Aspekten wie dem der Verfügbarkeit eines bestimmten Regressionsverfahrens im eingesetzten Tabellenkalkulationsprogramm. Die so gewonnenen Erkenntnisse sind im Hinblick auf die Güte der Regression in der Regel weniger belastbar als Ergebnisse, die mit modernen, multivariaten LPP-Verfahren (Linear Performance Pricing) erreichbar sind. Darüber hinaus werden (nominalskalierte) Kategorialvariablen vielfach nicht sachgerecht in die Berechnung einbezogen. Diese spielen jedoch neben der Produktbeschreibung im engeren Sinne eine zunehmend wichtige bei Einkaufsentscheidungen. Als Beispiele sind neben Merkmalen wie Materialart, Oberflächenbehandlungen, Farbe oder zugelassene Einsatzmöglichkeiten auch das Vorhandensein gewünschter Zertifizierungen in den Bereich Qualität, Soziales, Umwelt oder Nachhaltigkeit zu nennen. In vielen Fällen wird Einkauf in den Unternehmen als Spezialfunktion gesehen, deren einzige Schnittstelle zu den übrigen Abteilungen des Unternehmens in der Übermittlung der Beschaffungsanforderungen und der kostenmäßigen Weiterbelastung besteht. Diese Praxis ist mit erheblichen Nachteilen verbunden: Durch die fehlende Einbindung an die technischen Abteilungen ist der Zugang des Einkaufs zu aktuellem technischem Wissen, der im Rahmen der Angebotsprüfung, nicht voll gewährleistet. Zum anderen kann das im Einkauf vorhandene Know-how bezüglich der Kostentreiber ebenfalls nur bei entsprechender organisatorischer Einbindung genutzt werden.
Die Verbesserungspotenziale im Einkauf steigen, je weniger ein Unternehmen dem Wettbewerbsdruck ausgesetzt und je kleiner ein Unternehmen ist. In einem erheblichen Anteil mittelständischer Unternehmen wird das Einsparpotenzial im Einkauf auf 5 bis 10 % eingeschätzt. Für Unternehmen mit bis zu 250 Mio. Euro Umsatz pro Jahr wird geschätzt, dass das Einsparpotenzial warengruppenbezogen am größten ist. Optimal ist die Situation, wenn die organisatorische Einbindung des Einkaufs in die Entwicklungs- und Beschaffungsworkflows eingebunden sind. An letzterem fehlt es, was die zu geringe Einschätzung des Einkaufs als Renditefaktor widerspiegelt. Denn ganz im Gegensatz zu alter Weisheit, wonach im Einkauf die Quelle der Rendite liegt, wird noch viel zu oft auf Produktentwicklung und Marketing und Vertrieb als Renditequellen geschaut. •

Die frühzeitige Einbindung des Einkaufs ist wichtig, um Leistungssteigerungen zu realisieren.“
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