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Die Schweiz ist bester Standort

Länderindex der Stiftung Familienunternehmen: Deutschland nur noch im Mittelfeld
Die Schweiz ist bester Standort

Die 4. Auflage des „Länderindex Familienunternehmen“ des ZEW im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen zeigt wieder deutlich, wo Mittelständler der Schuh drückt. Der Standortvergleich aus der Perspektive dieser Unternehmen verdeutlicht, dass Deutschland für sie kein optimaler Standort ist.

Die Länder, die in Europa sowie den USA die besten Bedingungen für Familienunternehmen bieten, haben eines gemeinsam: Es sind gerade die kleineren Staaten. Am besten schneidet die Schweiz ab. „Klein bedeutet eben auch anpassungsfähig und veränderungsbereit“, sagte Professor Brun-Hagen Hennerkes, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen. In ihrem Auftrag hat das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim zum vierten Mal nach den Ländern gesucht, in denen es sich besonders lohnt zu investieren.

„Für Deutschland gibt es aus der Perspektive der Familienunternehmen keinen Anlass zur Selbstzufriedenheit“, warnte Hennerkes. „Unser Land ist als Standort von Familienunternehmen zehn anderen Staaten klar unterlegen und kann sich mit Platz 11 gerade noch im Mittelfeld platzieren. Im Kontrast zu anderen Ländern zeigt sich: Die ökonomische Robustheit Deutschlands ist in vielen Fällen nur gefühlte Stärke.“ Das ist das Fazit des Vergleichs der Standortbedingungen, den die Stiftung Familienunternehmen bereits in der 4. Auflage vorgelegt hat.
Den „Länderindex Familienunternehmen“ betrachtet die Stiftung laut Angaben als „einzigartig in seiner Konzentration auf die Standortfaktoren, die für Familienunternehmen wichtig sind“. Fünf komplex zusammengesetzte Indices fließen seit 2006 in die Studie ein:
  • Steuern
  • Arbeitskosten, Produktivität, Humankapital
  • Regulierung
  • Finanzierung
  • Öffentliche Infrastruktur
Der vorliegende Länderindex untersucht zudem ein Feld, dessen jüngste Entwicklung viele Familienunternehmen beunruhigt: Energiekosten und Versorgungssicherheit.
Der Länderindex ist ein Kompass für Investitionsentscheidungen, das heißt für die Frage, wo im Zweifelsfall neue Arbeitsplätze entstehen.
Als eine der größten Schwachstellen Deutschlands im Ländervergleich erweist sich die Besteuerung. Deutschland rangiert dort nur auf Platz 13 von 18. Bei der Komplexität des Steuersystems erreicht Deutschland sogar nur Rang 14. Ein mittelständisches Unternehmen benötigt hierzulande 221 Arbeitsstunden, um den bürokratischen Aufwand für seine Steuer- und Abgabeverpflichtungen zu erledigen – den Aufwand des Steuerberaters nicht mitgerechnet. Vor zwei Jahren waren es nur knapp 200 Stunden. In der Schweiz käme es mit 63 Stunden aus.
Gravierender Standortnachteil für deutsche Familienunternehmen ist und bleibt nach wie vor die Erbschaftsteuer. „Das wird besonders deutlich, seit der Bundesfinanzhof in einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht die Verschonung des Betriebsvermögens in Frage stellt“, merkte Hennerkes an: „Forderungen nach einer Verschärfung der Erbschaftsteuer oder der Wiederbelebung der Vermögensteuer treffen derzeit teils auf offene Ohren. Der Länderindex beweist, wie sehr das einen Industriestandort nach unten ziehen kann.“
Ein Beispiel dafür ist Spanien: Um seinen desolaten Staatshaushalt zu stabilisieren, hat das Land temporär die private Vermögensteuer wieder eingeführt und ist damit um fünf Plätze im Gesamtranking zurückgefallen. Auch Irland rutschte im Vergleich zu 2010 im Ranking um fünf Plätze zurück. Das Land erhebt wegen der Finanz- und Bankenkrise einen Zuschlag auf die Einkommensteuer und hat gleichzeitig die Abgeltungsteuer auf Zinsen drastisch erhöht und die Erbschaftsteuer verschärft. Sieben Länder (Luxemburg, Österreich, Schweden, Schweiz, Polen, die Slowakische Republik und die Tschechische Republik) verzichten auf die Besteuerung von Erben. Andere gewähren weitgehende Steuerfreiheit für nahe Verwandte wie die Ehegatten oder die Kinder. Deutschland konnte bei den Steuern kein einziges Land überholen. Absolut gesehen steigt die Steuerbelastung in Deutschland sogar im Vergleich zum Index 2010 leicht an, was auf den Anstieg der durchschnittlichen Hebesätze im Rahmen der Gewerbesteuer und der Grundsteuer zurückzuführen ist. „Reformstillstand rächt sich. Nachbarn wie die Niederlande oder die Schweiz sind dagegen im Vergleich zu 2006 an Deutschland vorbeigezogen“, berichtet der Autor der Studie Dr. Friedrich Heinemann vom ZEW. „Die Diskussion über Substanzsteuern ist schon der Richtung nach falsch. Wir sollten uns nicht einer Realitätsverweigerung à la Frankreich anschließen.“
Bei Arbeitskosten, Produktivität und Humankapital erreicht Deutschland nur einen 15. Platz, immerhin einen Rang besser als noch 2010. „Die Verbesserung ist vor allem auf ein günstigeres Ergebnis bei der aktuellen PISA-Studie sowie eine etwas günstigere Position bei den Arbeitskosten zurückzuführen,“ sagt Heinemann.
Auf dem Feld der Finanzierung steht Deutschland deutlich besser da: Bei der Frage, wie gut sich Familienunternehmen die Finanzmittel für die tägliche Geschäftstätigkeit sowie für Investitionstätigkeiten beschaffen können, erreicht es Platz 7. Den gleichen Rang nimmt es bei der Qualität der öffentlichen Infrastruktur ein.
Die schlechteste Platzierung erhält Deutschland bei der Regulierung, einem Feld, das Familienunternehmen besonders betrifft. Sind dort die Hindernisse zu groß, können Familienfirmen ihre Stärken wie Flexibilität und Innovationskraft nur gehemmt ausspielen. Deutschland gehört mit der Position 16 von insgesamt 18 Ländern immer noch zu den Schlusslichtern, obwohl es sich um einen Platz gegenüber 2010 verbessert hat.
Die Regulierung ist die Achillesferse der Deutschen. Spitzenländer wie Dänemark oder Finnland kommen mit viel weniger Vorschriften auf dem Arbeitsmarkt, für die betriebliche Mitbestimmung und im Tarifrecht aus. „Skandinavien könnte in dieser Hinsicht ein Vorbild für Deutschland sein, gerade auch weil diese Länder nicht für soziale Kälte stehen“, argumentierte Heinemann. Deutschland ist das einzige der untersuchten Länder, in dem Arbeitnehmer in privaten Unternehmen bis zur Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrats stellen. In anderen Ländern sind bestenfalls Drittelparitäten die Regel. In den USA, dem Vereinigten Königreich, der Schweiz, Belgien, Irland, Italien und Spanien gibt es keine gesetzlichen Vorschriften für die Besetzung der Unternehmensorgane.
Das Feld Energie hat der Länderindex erstmals untersucht. Deutschland landet hier auf einem 13. Platz am Ende des dicht besetzten Mittelfeldes. Die ungünstige Platzierung ist vor allem auf die hohen Strom- und Energiekosten zurückzuführen. Bei der Verlässlichkeit der Energieimporte erzielt Deutschland durchschnittliche, bei der Zuverlässigkeit der Stromversorgung bislang noch sehr gute Ergebnisse. „Indikatoren für wachsende Risiken sind die steigende Häufigkeit von Eingriffen zur Stabilisierung des Stromnetzes“, erklärte Heinemann: „Als Hochpreisstandort kann sich Deutschland keine Verschlechterung der Versorgungssicherheit leisten“, betonte er. dk
Zum Download der Studie:
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