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Feinstaub: Diskussion um Diesel und E-Auto ideologisch verbrämt

Kolumne: Aus dem „wahren“ Berufsleben“
Diskussion um Diesel und E-Auto ideologisch verbrämt

Diskussion um Diesel und E-Auto ideologisch verbrämt
Wenig umweltfreundlich: Zur Gewinnung von Lithium für Batterien von Elektoautos werden in Südamerika jeden Tag 21 Mio. Liter Grundwasser aus dem Boden gepumpt. Bild: pgottschalk/Fotolia
Die Diskussion um den Diesel und das Elektroauto ist insgesamt nicht „aufgeklärt“. Sie ist vielmehr ideologisch verbrämt, meint unser Kolumnist.

Dr. jur. Thomas Kapp, LL.M.
Experte für Kartell- und Wirtschaftsrecht, seit 2017 Business Coach und Berater für Neuausrichtung und Themen der Digitalisierung in Stuttgart

Aufklärung nach Kant ist „der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen…“. Die Diskussion um den Diesel und das Elektroauto ist insgesamt nicht „aufgeklärt“. Sie ist vielmehr ideologisch verbrämt.

Zunächst wurde dem Dieselmotor vorgeworfen, zu viele Stickoxide auszustoßen. Es ist völlig vergessen worden, dass der Diesel viel CO2-freundlicher als der Benziner ist. Auch beim Feinstaub übrigens! Eine Gesamtbetrachtung wäre hier angezeigt. Natürlich wäre es wünschenswert, in einer Welt zu leben, die völlig frei von Schadstoffen ist. Dann würden wir aber auf den Bäumen wie vor 20.000 Jahren leben. Das werden die meisten nicht wollen.

Das soll nicht heißen, dass alle anderen Schadstoffe ohne Bedeutung wären. Es wäre jedoch im Kampf gegen den Klimawandel vernünftig, zunächst einmal gegen den überhöhten Ausstoß von CO2 vorzugehen. Dabei würden wir einfach einmal voraussetzen, dass es tatsächlich und vorrangig der CO2-Ausstoß ist, der das Klima nachhaltig beeinflusst. Immerhin hat der insofern unverdächtige Journalist Stefan Aust in der „Welt am Sonntag“ vom 2. Juni 2019 nochmals darauf hingewiesen, dass die Bohrkerne im Alteis in Arktis und Antarktis zwar einen Zusammenhang zwischen CO2 und Erderwärmung belegen, jedoch interessanterweise die Erwärmung dem Anstieg des CO2-Ausstoßes vorausgeht. Dass der menschenverursachte CO2-Ausstoß in dieser Klimasituation grundsätzlich nicht förderlich ist, mag man also durchaus konzedieren. Doch dann sollte man auch konsequent bleiben.

Schräge Diskussion um den Diesel beim Thema Stickoxid

Diese Konsequenz lässt unsere Politik leider vermissen, weil man wegen der Tricksereien von VW und Co. in den Jahren vor 2015 (die ohne Zweifel sanktioniert gehören) unvernünftigerweise den Diesel nun insgesamt verteufelt. Die Diskussion um den Diesel ist beim Stickoxid auch deshalb schräg: Moderne Dieselfahrzeuge haben heute einen Ausstoß 44 mg und zukünftig 20 mg Stickoxid, während der Grenzwert noch 168 mg (später 120 mg) beträgt. Völlig vergessen wird auch, dass die Gesamtstickoxidbelastung in Europa seit der Wiedervereinigung von 2,9 auf 1,2 t gesunken ist.

Wir können nicht sofort und gleichzeitig aus dem CO2 und dem Stickoxid aussteigen. Die allermeisten Wissenschaftler, die sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen, gehen davon aus, dass wir mehrgleisig fahren müssen und der Diesel noch lange neben anderen Antriebstechnologien fahren muss. Warum? Das Elektroauto ist nach derzeitigem Stand nicht nur wenig effektiv, sondern auch in vielen Aspekten nicht umweltfreundlich, wenn man Produktion und Entsorgung von Batterien und die nicht ausschließlich regenerative Stromerzeugung für den Betrieb berücksichtigt. In Südamerika werden beispielsweise jeden Tag zur Gewinnung von Lithium für E-Autos aus dem Boden 21 Mio. Liter Grundwasser gepumpt. Aber wir Deutschen sagen: Am deutschen Umwelt-Wesen soll die Welt genesen – neuenglisch: Germany first!

Der deutsche Erfindergeist ist der Schlüssel zur Lösung

Das E-Auto mit vorwiegendem Betrieb in der Stadt (was die Regel ist) hat laut ADAC-Studie zum Beispiel keine positive Bilanz. Das ist insofern keine gute Nachricht, als das Stromauto aufgrund seiner geringen Reichweite gerade in der Stadt eingesetzt werden soll, wie eine ARD-Sendung am 3. Juni 2019 wieder betonte. Das Elektroauto ist nur eine Übergangstechnologie, weil wir langfristig viel bessere Möglichkeiten haben werden: Brennstoffzelle, synthetische Kraftstoffe, Energiekonverter des Nikola Tesla, quantenmechanische Antriebstechnologien oder andere Technologien. Hier wäre mehr Wettbewerb und keine staatlich verordnete Verengung auf die Übergangstechnologie Elektroauto angesagt! Germany first müsste also heißen: Der deutsche Erfindergeist ist der Schlüssel zur Lösung!

Eine einseitige Fokussierung auf die Batterietechnologie bringt uns nicht nur in eine Abhängigkeit von China, sondern befördert sehenden Auges die (anderweitig massiv kritisierte) ausbeuterische Kinderarbeit. Auch der Vorrat des für die Elektroautos benötigten Rohstoffs Kobalt ist irgendwann endlich. Nachdem die Politik jahrelang geschlafen hat, verfällt sie nun in wohlfeilen Aktionismus. Die Konsequenz dieser Politik wird sein, dass wir zunächst den Dieselmotor und schließlich den Benzinmotor zu Grabe tragen. Erst dann wird uns klar werden, dass auch die Ökobilanz des E-Autos nicht optimal ist, und wir werden auch dieses abschaffen. Dass wir Deutschen es langfristig schaffen werden, eine einst erfolgreiche Branche zu schreddern, ist wirtschaftlich und ökologisch eine Katastrophe – oder wie Kant sagen würde: unaufgeklärt.

*Der Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder und nicht immer die der Redaktion


Bild: Thomas Kapp

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Klimawandel, Energiewende und Mobilitätswandel werden heiß diskutiert. Von den politischen Akteuren wie von den jungen und älteren Umweltaktivisten wird dazu viel gesagt, geschrieben, kommentiert und plädiert. Dabei wird oft mit dem Blick „von oben“ argumentiert. Doch „von unten“ – also aus dem Blickwinkel des „wahren Berufslebens“ – sieht die Sache und vor allem die möglichen Konsequenzen oft etwas anders aus. Unsere Kolumnisten, vier erfahrene Berufstätige, erleben und beobachten den Wandel, die Pläne und die Panik im Berufsalltag aus nächster Nähe. Den Anfang macht Dr. Thomas Kapp, LL.M, Stuttgart.

 

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