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„Eine klare Win-Win-Situation“

Prof. Dr. Günther Schuh über konzept und entwicklung des rwth aachen campus
„Eine klare Win-Win-Situation“

Für das Jahrhundertwerk RWTH Aachen Campus hat Prof. Dr. Günther Schuh seine Professur geteilt und das Thema im Rektorat der Hochschule verankert. Die weitere Entwicklung erläutert der neue Prorektor für Wirtschaft und Wissenschaft im Gespräch mit dem Industrieanzeiger.

Wie bewertet die Industrie das Campus-Vorhaben der RWTH Aachen?

Das ist wie mit einem neuen Produkt: Der Bedarf dafür ist klar, aber noch nicht explizit vorhanden. Was mich, der das Thema schon seit dreieinhalb Jahren vorbereitet, von Anfang an begeistert: Immer, wenn ich führenden Technologieunternehmen das Konzept erläutere, springen diese sofort darauf an. Da mutiert dann der latente Bedarf nach dem Motto, ‚Genau! Das ist es‘.
Und das gelingt nur in einem großen Wurf?
Ohne enge Vernetzung mit der Industrie sind wir nicht in der Lage, rechtzeitig schnell genug zu erkennen, was morgen relevant sein wird. Wenn wir die Industrie einladen, sich in mindestens einem der 15 Cluster, und damit auch an der Hochschule zu immatrikulieren, dann stehen den Unternehmen auch die anderen Cluster offen. Das verlangt aber viele solcher systemischer Cluster. Strukturell lässt sich ein solches Konzept nur mit einem breiten Ansatz fahren, was in einen großen Entwurf mit vielen Clustern mündet.
Welche Anforderungen stellen Sie an die Cluster?
Alle Cluster werden im Endausbau zwischen 500 und 1000 Mitarbeiter beschäftigen. In der jetzigen Startphase werden nur Cluster zugelassen, die vor ihrer Gründung in Aachen Forschungs- und Entwicklungs-Kompetenzen aufgebaut haben. Dazu zählen beispielsweise auch Transfereinrichtungen oder Firmen, die hier ansässig sind und mindestens 150 Mitarbeiter einbringen.
Mit Klein-Klein geben Sie sich also nicht ab.
Richtig. Jedes der 15 Cluster muss innerhalb von drei Jahren auf mindestens 500 Mitarbeiter anwachsen und das Potenzial haben, sich auf 1000 und mehr entwickeln zu können. Personal- und flächenmäßig würde sich die RWTH damit verdoppeln. Deren Labore, Büros und Hallen nehmen heute eine Nutzfläche von rund 520 000 Quadratmetern ein. Für den neuen Campus können bis zu 400 000 Quadratmeter bebaut werden. Die Unternehmen können dabei Räume mieten oder sich einkaufen.
Wie ist es um das Thema Aus- und Weiterbildung auf dem Campus bestellt?
Dieses wird so organisiert sein, dass sich die Unternehmen bei der Lehre wie auch bei der Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter im Rahmen der Möglichkeiten, die die RWTH bietet, engagieren können. Wir bauen zudem einen campusorientierten Weiterbildungsapparat auf. Dies könnte unseren Weiterbildungsumsatz von aktuell zehn Millionen Euro in den nächsten sechs Jahren verfünffachen. Das ist, wie ich finde, angesichts des Drittmittelumfangs der RWTH von rund 180 Millionen Euro ein ordentlicher Sprung.
Wie wird die Forschungsleistung honoriert?
Kernstück der Immatrikulation ist ein langjähriger F+E-Rahmenvertrag. Einerseits bietet die Hochschule Forschungsleistung für Einzelprojekte an. Dies könnte sogar rabattiert erfolgen, da sich für uns der Aufwand reduziert, mit dem wir Projekte akquirieren. Andererseits verpflichten sich die immatrikulierten Unternehmen zu einer jährlichen Mindestabnahme von Forschungsleistung. Der Immatrikulations-Vertrag reicht über fünf Jahre, der Mietvertrag ist auf mindestens zehn Jahre ausgelegt. Uns ist daran gelegen, dass der F+E-Rahmenvertrag eine oder zwei Etagen höher im Unternehmen besiegelt wird. Das ist bei einzelnen Forschungsvorhaben nicht notwendigerweise der Fall. Aber auf diese Weise weiß auch das Top-Management, dass eine Allianz mit der RWTH zu einem bestimmten Thema besteht.
Wie lösen Sie das organisatorisch?
Wir haben soeben eine Campus GmbH gegründet. Dem siebenköpfigen Team dieser Tochtergesellschaft der RWTH stehe ich als Geschäftsführer vor, unterstützt von zwei weiteren aus Industrie und Forschung. Erweitert wurde zudem das Rektorat der RWTH mit mir als Prorektor für Wirtschaft und Industrie. Damit ist das Campus-Thema in der Hochschulleitung verankert. Auf diese Weise treiben wir die Verzahnung mit der Praxis und die Immatrikulation der Unternehmen voran und entwickeln weitere Kooperationsformen.
Neidet man Ihnen in der deutschen Hochschulszene das Projekt? Schließlich könnten sich die Gewichte verschieben.
Wir erfreuen uns großer Aufmerksamkeit. Sicherlich gab es anfangs etwas Skepsis. Aber ich glaube nicht, dass dieses Vorhaben im Wesentlichen nur in Aachen umgesetzt wird. Aus unserer Sicht ist dies ein Konzept für eine typische Technische Hochschule. Ich hoffe, dass das auf unser Verständnis von Forschung und auf unsere Forschungsstrukturen abfärbt. Wir sind hochgradig daran interessiert, dass andere Hochschulen ähnliche Konstrukte entwickeln.
Wie sicher sind Sie sich, dass der Plan aufgeht?
Wenn jemand prädestiniert ist, ein solches Modell zum Laufen zu bringen, dann müssten wir in Aachen das schaffen. Wenn man bereits auf dem Weg dorthin spürt, dass sich sehr viel bewegt und man qualitativ anders zusammenarbeitet, dann hoffe ich doch sehr, dass sich die anderen Universitäten Teile davon, wenn nicht gar das Gesamtkonzept zueigen machen. Wir haben einen Auftrag: Wir sind Hochschule! Wir machen das nicht primär für uns. Schließlich rücken wir als Hochschule mit diesen Aktivitäten noch etwas mehr ins gesellschaftliche Blickfeld. Ich bin mir sicher, dass wir eine klare Win-Win-Situation haben.
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