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Der Blick von oben

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Der Blick von oben

Kleine und mittlere Unternehmen sind Innovationstreiber, können aber nur im Verbund große Systemlösungen für Luft- und Raumfahrt anbieten. Das Netzwerk Bavairia hat sich auf die Fahnen geschrieben, diese Kompetenzen zu bündeln.

Beim Thema Luft- und Raumfahrt denken viele zuerst an große Konzerne und Gesellschaften wie etwa EADS oder DLR. „Doch es sind vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen, die als Nischenspezialisten Innovationen vorantreiben“, erklärt Bavairia-Vorstand Martin Haunschild. Die hätten jedoch Berührungsängste, mit Unis zu kooperieren: „Viele denken, das ist teuer und dauert zu lange.“ Dabei seien sie erst im Netzwerk in der Lage, weltweit wettbewerbsfähig zu werden und zu bleiben. „Einzeln können sie nur Komponenten anbieten, doch gemeinsam werden sie zu Anbietern von Komplettsystemen, und genau die werden gebraucht.“ Durch eine Kooperation im Netzwerk könnten sie sich vor allem gegen die Konkurrenz aus Asien abgrenzen. Haunschild rät daher, „nicht an der falschen Stelle zu sparen“.

Ein Beispiel: „Eine detaillierte Analyse von Fluggasturbinen ist nur im Verbund möglich, denn sie betrifft die Elektrik, Elektronik, Software, Mechatronik und zahlreiche andere Bereiche“, erklärt Haunschild. Mit einer gezielten Kooperation könnten sich die KMU sogar gut gegen OEMs positionieren. Zurzeit laufen Forschungsprojekte im Bereich More Electric Engine (MEE), die sich beispielsweise mit mechatronischen Systemen für Triebwerke befasst, und More Electric Aircraft (MEA) für die Bordenergieversorgung.
Eine Erfolgsgeschichte der Raumfahrt ist die Satellitennavigation Galileo, der Konkurrent zum Global Positioning System (GPS) aus den USA. Dabei geht es nicht nur um die zielsichere Reise von A nach B, sondern vor allem um die Steuerung und Überwachung von Veranstaltungen und Krisensituationen. Überall dort, wo bei großen Menschenansammlungen schon im Vorfeld Panik vermieden werden soll, kommt diese Technik zum Einsatz: „Wenn nach einer Olympia-Veranstaltung eine U-Bahn ausfällt, drängen sich 5000 Menschen an der Haltestelle“, malt Haunschild ein Szenario. Die Herausforderung liegt darin, die Situation mit Hilfe von Ad-hoc-Netzwerken und Bilddaten zu managen. Auch bei Geiselnahmen kann die Technologie wertvolle Dienste leisten: „Die Systeme müssen die Infos schnell austauschen“, so Haunschild, „denn die Einsatzkräfte brauchen die genaue Position aller Beteiligten.“ Diese Einsatzbereiche setzen Kooperationen voraus, nicht nur der Technologieanbieter untereinander, sondern auch mit den Anwendern. Um etwa Schienen-Bautrupps vor Unfällen zu schützen, muss sich die Deutsche Bahn mit den Experten der Eureka Navigation Solutions, einem Anbieter von Ortungs- und Sensoriklösungen, abstimmen. Diese Kooperation führt nicht nur zu einer Reduzierung von Gefahrensituationen, sondern auch zu Kosteneinsparung. Haunschild: „Die Züge müssen keine Vollbremsung mehr vornehmen und von Null wieder anfahren, sondern können bereits einige Kilometer davor die Geschwindigkeit herausnehmen und dadurch Strom sparen.“
Kirsten Seegmüller Freie Journalistin in Leinfelden-Echterdingen

Miniwürfel im Großeinsatz

Pico-Satelliten haben eine Kantenlänge von nur zehn Zentimetern

Kleinstsatelliten werden die Raumfahrt revolutionieren, denn sie sind viel günstiger als ihre großen Brüder. Sie können zum Beispiel die Position und Ladung von Schiffen überwachen oder E-Mails aus afrikanischen Schulen übertragen.
Sie wiegen maximal 5 kg und könnten bald all die Arbeiten im Weltall übernehmen, für die sich der Einsatz von gr0ßen oder gar den teuren geostationären Satelliten nicht lohnt. „Um die Daten aus einem Schiffstransponder auszuwerten, braucht man keinen regulären Satelliten“, findet Dr.-Ing. Martin Haunschild, Vorstand des Luft- und Raumfahrt-Netzwerks Bavairia mit Sitz in Gilching. Über das Automatic Identification System (AIS) kann ein Pico-Satellit auch Container auf der Schiene überwachen – etwa ob sie beladen sind und pünktlich ankommen. „Das sind wichtige Informationen für die Logistik.“ Auch in der Sicherheit können sie einen Beitrag leisten: „In China gab es in der letzten Zeit viele Eisenbahnunfälle“, so Haunschild, „die brauchen neue Monitoring-Systeme.“
Der zweite große Bereich, in dem Pico-Satelliten die Kommunikation verbessern können, ist das Internet: „Damit können neue Daten- und Internet-Protokolle getestet werden.“ Denn Internet über Satellit bietet noch keine Datensicherheit, weder was die Übertragung noch die Verfügbarkeit betrifft. Auch die Kosten spielen eine Rolle: „Schulen in Afrika brauchen günstige Satelliten, um ins Internet zu gehen oder ihre Mails zu verschicken. Da sind geostationäre Satelliten viel zu teuer.“ Geforscht wird an Uwe 1, 2 und 3. Das ist kein Mensch, sondern steht für Universität Würzburg Experimentalsatellit. An dem Projekt beteiligen sich Universitäten aus aller Welt.

Der Cluster in Kürze…

Bavaira e. V. wurde 2006 von der bayerischen Staatsregierung mit dem Management der beiden Cluster Luft- und Raumfahrt sowie Satellitennavigation beauftragt. Die Kooperation von Unternehmen in diesem Bereich reicht also deutlich mehr als fünf Jahre zurück. Zusammengelegt wurden die Cluster, um Unternehmen und Forschungseinrichtungen noch stärker zu vernetzen. Die Unternehmen profitieren von der technischen, ökonomischen und juristischen Kompetenz anderer Mitglieder. Neben Business-Kontakten bietet das Netzwerk Projektmanagement, Messeauftritte, Gründungsberatung, Zugang zu überregionalen Netzwerken sowie Standortmarketing. Von Vorteil ist die hohe Dichte an Forschungseinrichtungen in Bayern: Neben zwölf Hochschulen (etwa die TUM und LMU) findet man acht Großforschungseinrichtungen – darunter auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die vielen Entwicklungsprojekte bayrischer Unternehmen führen zu einer sehr guten Forschungsinfrastruktur. Das Spektrum reicht dabei von der Grundlagenforschung bis hin zur vollständigen Systementwicklung. 2008 wurde daher die Plattform Science Bavairia ins Leben gerufen, und auf seiner Plattform Education & Training versucht Bavairia, eine nachhaltige Aus- und Weiterbildung sicherzustellen, denn wie in anderen Hightech-Branchen droht auch hier ein Fachkräftemangel.

„Flugzeuge müssen sparsamer und sauberer werden“

Nachgefragt

Wozu braucht die Luft- und Raumfahrt ein Netzwerk?
Die Mitgliedsunternehmen könnten zwar alle allein forschen, aber vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen sind die Forschungstreiber. Und die sind noch nicht so gut vernetzt, wie sie könnten.
Welche technischen Herausforderungen warten auf Sie?
Die Flugzeuge müssen noch sparsamer und sauberer werden. Dazu konzentrieren wir uns nicht auf einen Teilbereich, sondern betrachten das Gesamtsystem.
Und was heißt das genau?
Wir forschen an neuen Materialien im Kunststoff- und Metallsektor, arbeiten an der Elektrik und Elektronik sowie an der Wirkungsgradverbesserung der Antriebe.
Wie sieht es mit erneuerbaren Energien aus?
Solarenergie-E-Motoren oder Wasserstoff spielen hier keine Rolle. Zu Kerosin gibt es zurzeit keine Alternative.
Industrieanzeiger
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