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Entscheidend ist nicht das Tool, sondern der Prozess

Vom Shopping zum strukturierten E-Sourcing
Entscheidend ist nicht das Tool, sondern der Prozess

Der Technologiekonzern Schott hat seit 2003 seinen Einkauf konzernweit reorganisiert. Für das beispielhafte Konzept, das den Einkauf als Organisation in eine zentrale Position rückt, erhielt das Unternehmen den begehrten BME-Innovationspreis.

Er gilt als die wichtigste europäische Auszeichnung im Bereich Einkauf und Logistik: der Innovationspreis des BME. Der Verband würdigte im November den internationalen Technologiekonzern Schott, der es geschafft hat, Bedarfsträger weltweit und methodisch sicher vom unmethodischen Beschaffen zum strukturierten E-Sourcing zu führen, um eine weltweite Spend-Absicherung zu erzielen. Technisch unterstützt wird das Unternehmen dabei durch das Tool TradeCore SRM on demand des Stuttgarter E-Procurement-Spezialisten Onventis.

Mit dem jetzt ausgezeichneten Ansatz stellt Schott einen Quasi-Industriestandard für E-Sourcing vor, der methodisch auf andere Branchen und Unternehmen übertragbar ist. Die darin liegende Innovation basiert auf drei Säulen: dem implementierten Maßnahmen- und Methodenpaket, dem ganzheitlichen Ansatz und dem daraus abgeleiteten Change-Management-Prozess. „Dieser Prozess, der eine zentrale Rolle einnimmt, erfordert ein umfassendes Umdenken“, erklärt Michael E. Glaninger, Director Global Purchasing E-Procurement bei Schott.
Das Fundament der Innovation bilden zehn methodische Bausteine.
  • 1. Ein Masterprozess für alle Bereiche: Der gleiche, generell anzuwendende Prozess dient für einfache Anfragen, etwa von Zeichnungsteilen, genauso wie für die Vergabe komplizierter Beschichtungsanlagen oder des Baus ganzer Werke.
  • 2. Kollaboration in crossfunktionalen Teams: Idealerweise setzt sich ein solches Team aus Mitarbeitern verschiedener Disziplinen zusammen. Dazu gehören beispielsweiser Ingenieure, Vertriebler, Einkäufer, Instandhalter und Qualitätssicherer. Das E-Sourcing Tool bietet dazu die Möglichkeit, crossfunktionale Teams für die interne und externe Zusammenarbeit weltweit abzubilden.
  • 3. Standardisierte E-RFQ-Struktur: E-RFQs – electronic Requests for Quotation – unterstützen Evolutionsprozesse im globalen Einkauf und im gesamten Konzern. Zu den Kriterien für die erfolgreiche Abwicklung gehören unter anderem eine sorgsam ausgearbeitete, komplette Spezifikation, eine gemeinsame aktuelle Datenbasis und das konsequente Abschneiden anderer Beschaffungswege.
  • 4. Frühe Einbindung des Einkaufs: Um Single-Sourcing-Projekte, Shoppen und fehlende Lifecycle-Cost-Betrachtungen weitgehend zu unterbinden, wird der verantwortliche Einkäufer bei Schott bereits in der Entwicklungsphase des Produktes in den Sourcing-/RFQ-Prozess eingebunden.
  • 5. Gezielte Entfeinerung und Standardisierung durch Versions-Management: Die Sourcing-Plattform bietet die Möglichkeit, in mehreren Versionen zyklisch die optimale Spezifikation zu erarbeiten.
  • 6. Gezielte Qualitätssicherung über E-RFQ-Qualitätsindex: Die Qualitätssicherung erfolgt über Mitarbeiterschulungen, interne E-Consulting-Angebote sowie das Bereitstellen umfangreicher Einkaufsrichtlinien.
  • 7. Summe der realisierten Sourcing- und Ordering-Prozesse: Die Summe aller eingesetzten Sourcing- und Ordering-Prozesse arbeitet in sich vernetzt und kongruent. Die Mitarbeiter wurden in die Lage versetzt, selbstständig auf Lieferanten zuzugehen, aktiv Ausschreibungen zu gestalten und durchzuführen.
  • 8. Mitarbeiterschulungen und E-Consulting:
In Mitarbeiterschulungen mit Rollenspielen wird auf humorvolle Weise klar dargestellt, wo die Probleme und Schwachstellen der alten und wo die Stärken der neuen Methode und Prozesse liegen. Das erhöht die Bereitschaft zur Veränderung des eigenen Verhaltens und schafft die notwendige Akzeptanz bei allen beteiligten Mitarbeitern.
  • 9. Lieferantenergonomie: Schott hat unternehmenspraktikable, faire und nachvollziehbare Prozesse etabliert. Lieferanten müssen den Prozess einfach verstehen und diesem unmissverständlich folgen können.
  • 10. Prozessautomatisierung:
  • a) Ordering – Rund 4,5 Mio. Items sind in E-Katalogen hinterlegt. Umfassende Back-End-Integration ins SAP und keine oder sehr schlanke Genehmigungsprozesse.
  • b) Web-EDI – Ergänzt das klassische EDI. Es findet Anwendung bei Lieferanten mit je über 300 Bestellpositionen pro Jahr.
  • c) CATcontrol – Der Preisabsicherungsprozess in den E-Katalogen wird über eine quasi Staging-area gesteuert. Dort werden vor dem Einlesen neuer Kataloge von Lieferanten Konditionen, Texte/Preiseinheiten und Preise über eine Warenkorbanalyse im Vergleich zu Bestellungen aus dem Vorjahr überprüft, um versteckte Preiserhöhungen zu identifizieren und den besten Preis am Markt zu sichern.
  • d) RFQ2Order-Prozess – Im Rahmen eines definierten Prozesses werden Zeichnungsteile, infrastrukturelle Instandhaltungsdienstleistungen sowie Drucksachen eingekauft.
  • e) Dienstleistungsabwicklung – Die Bedarfsanforderer holen bei festgelegten Lieferanten Angebote ein. Die Genehmigung erteilen in diesem Fall interne Fachkoordinatoren, die das Angebot hinsichtlich zu verwendender Schott-Standards prüfen.
  • f) Standardisierungs- und Kernsortimentskonzepte – Umfassende Standardisierungsmaßnahmen führen zu Kernsortimenten im E-Ordering. Mit dieser Einkaufsempfehlung wird eine hohe Userakzeptanz erreicht.
„Die Ergebnisse zeigen, dass eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Erfolg technischer Innovationen darin liegt, dass sich die Konzernorganisation mit der Neuerung weiterentwickelt“, betont Michael E. Glaninger. „Das Maßnahmen- und Methodenpaket ist mehr als ein Mix aus technischen Lösungen, die den Anfrageprozess unterstützen: Es ist ein ganzheitlicher Ansatz.“ Nicht das Tool stehe im Vordergrund, sondern der gelebte Prozess. Mit den eingeführten, permanent nachverfolgten Prozess-Standards rückt der Einkauf als Organisation bei Schott in eine zentrale Position. jk

BME-Innovationspreis

Seit 1986 zeichnet der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME) erfolgreiches Einkaufs- und Logistikmanagement aus. Der Verband prämiert innovative Leistungen und Konzepte, die die Effizienz von Einkauf und Logistik dauerhaft steigern.
Um den Innovationspreis können sich Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung bewerben. Voraussetzung ist, dass das eingereichte Konzept in der Praxis verwirklicht wurde und nachhaltig zum Unternehmenserfolg beigetragen hat. Einsendeschluss für die laufende Ausschreibung ist der 30. Juni.
Weitere Informationen: www.bme.de
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