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Zulieferer suchen ihre Chance in Batterien

Antriebe: Verbrennungsmotoren bleiben vorerst auf der Überholspur
Zulieferer suchen ihre Chance in Batterien

Durch den Trend zu Hybrid- und Elektroautos steht die deutsche Automobil-Zulieferindustrie vor einem tiefgreifenden Strukturwandel. Doch Experten sind sich auch einig: Der konventionelle Antriebsstrang hat dank weiterer Optimierungen längst noch nicht ausgedient.

Die globalen Erdölvorräte gehen zur Neige und die Nachfrage nach Mobilität steigt. Dies zwingt die Länder weltweit, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. „Um diesen Problemen zu begegnen, ist die Automobilwirtschaft gefordert, umweltfreundliche und verbrauchsarme Konzepte zu entwickeln. Dabei stehen grundlegende Umwälzungen sowohl bei Automobilherstellern als auch im Bereich der Zulieferer an“, sagt Robert Freiherr von Kap-herr, Leiter Sekundär Research der Berenberg Bank.

Das Finanzinstitut hat gemeinsam mit dem Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) die Studie „Strategie 2030 – Mobilität“ erstellt und dabei unter anderem die Auswirkungen auf die Zulieferindustrie untersucht. Das Fazit: Vor allem Hybrid- und Elektroautos stellen die deutschen Zulieferer vor den größten Strukturwandel ihrer Geschichte. Denn beim Elektroauto werden viele Komponenten wegfallen, die bisher ihre Domäne waren. Dazu gehören Kühler, Lichtmaschine oder Getriebe.
Das größte Innovationspotenzial, so die Autoren der Studie, liege in der Weiterentwicklung von Batterien und der Elektronik. „Nach einem späten Start versuchen Autohersteller und Zulieferer hier, Know-how über Joint Ventures einzukaufen und sich so die hohen Kosten für Forschung und Entwicklung zu teilen“, so Kap-herr. Beispiele sind die Zusammenarbeit des japanischen Elektronikkonzerns NEC mit Renault Nissan, Evonik Industries mit Daimler sowie Bosch, Samsung und BMW.
Sie alle erforschen und erproben vor allem Lithium-Ionen-Batterien, denen Experten heute die besten Zukunftsaussichten für die künftigen Generationen von Hybrid- und Elektroautos einräumen. Dabei geht es darum, Verbesserungen hinsichtlich Reichweite, Energiedichte, Sicherheit, Ladezeit sowie Form und Größe zu erzielen. Daneben gibt es eine Vielzahl kleiner Firmen, die Lithium-Ionen-Zellen für Anwendungen in Elektroautos entwickeln. Auch wenn diese laut der HWWI-Studie in Nischenmärkten Erfolg haben dürften, „sollten Firmen, die bereits in der Autosystemtechnik als Zulieferer aktiv sind und Erfahrung in der Massenherstellung haben, einen deutlichen Wettbewerbsvorteil haben“, so Kap-herr.
McKinsey erwartet weltweit rund 140 000 neue Arbeitsplätze in Unternehmen, die Batterien herstellen und entwickeln. Doch gleichzeitig sollen 46 000 Jobs bei Herstellern von Motorenteilen, Getrieben und Abgasanlagen entfallen. „Zulieferer, die rechtzeitig auf die sich durchsetzenden Technologien setzen, haben glänzende Zukunftsaussichten“, so Kap-herr.
„Bisher beherrschen ja die Japaner das Feld der Hybrid-Fahrzeuge. Doch damit könnte es sehr bald vorbei sein, denn die deutschen Hersteller gehen mit Hochdruck in Richtung Serie“, sagt Burghard Voß, Leiter des Getriebe- und Hybridantriebsentwicklung bei der IAV GmbH, Berlin, einem Engineering-Spezialisten für die Automobilindustrie. Er ist sich sicher: „Das Jahr 2010 könnte das Jahr der Hybrid-Fahrzeuge ‚Made in Germany’ werden.“ Im Gegensatz zu anderen Experten bezweifelt er, dass deutsche Hersteller auf die Konkurrenz aus Fernost einen technischen Rückstand von fünf bis sechs Jahren haben: „Wir haben in Deutschland eine lange Tradition bei der Entwicklung alternativer Antriebe – die bestehenden Konzepte wurden nur aus wirtschaftlichen Gründen nie in die Serie umgesetzt.“
Die Kosten für die Herstellung von Lithium-Ionen-Akkus sind nach wie vor sehr hoch. Ein Beispiel: Die im Mitsubishi Colt MiEV verbaute Batterie, die 16 kWh speichert und 200 kg wiegt, mit 14 000 Dollar fast so viel wie ein herkömmlicher Kleinwagen. So kostet ein Elektroauto nach Erhebungen der BDW Automotive GmbH heute rund 10 000, ein Full-Hybrid 4900 und ein Mild-Hybrid 3450 Euro mehr als ein Benziner. Entscheidend für den Erfolg einzelner Antriebsarten ist nach Meinung von BDW-Geschäftsführer Detlef Borscheid aber auf alle Fälle der Kostenaspekt: „Die Vergangenheit hat gezeigt, dass der Konsument, wenn er nicht per Gesetz gezwungen wird, nur auf umweltfreundliche Technologien umschwenkt, wenn sich keine erhebliche Mehrbelastung ergibt.“
Daher geht er davon aus, dass sich Hybrid-Fahrzeuge aufgrund des hohen Preises in den unteren Segmenten nicht durchsetzen werden. Und auch eine Elektrifizierung der Antriebe erwartet er längerfristig nur dann, wenn Voraussetzungen wie eine effiziente Batterietechnik und ein akzeptabler Preis gegeben sind. Voß geht davon aus, dass im Jahr 2025 jedes Fahrzeug einen Elektromotor enthalten und damit ein Hybridsystem sein wird: „Niemand wird dann noch mit einem Generator herumfahren, der nur für das Licht und die Stereoanlage zuständig ist.“ Die Zeit für reine Elektroantriebe sieht er dann noch nicht gekommen. Durch die ungelöste Batteriefrage würden Elektroantriebe auch in 15 Jahren noch nicht so weit sein, dass sie Autofahrern die gleiche Mobilität bieten können wie heute der Otto- und Dieselmotor. So bleibt die wichtigste Antriebstechnologie in den nächsten Jahren nach Auffassung von Voß und Borscheid der konventionelle Verbrennungsmotor.
Sabine Koll Journalistin in Böblingen

Rohstoffmangel
Die erhöhte Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos könnte zu großen Preissteigerungen beim Rohstoff Lithium führen, warnt eine Studie der Berenberg Bank und des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) aus. Lithium wird aus Salzseen und festen Ablagerungen gewonnen. Weltweit werden zurzeit pro Jahr circa 93 000 t Lithium abgebaut. Die erschließbaren Ressourcen liegen laut Meridian International Research allerdings bei nur 4 Mio. t. Der Markt für diesen Rohstoff ist nach der HWWI-Studie sehr unübersichtlich, da es keine einheitlichen Verträge gibt. Die gute Nachricht: Bis zu 98 % des Lithiums in Batterien sind durch Recycling wieder verwendbar.

Neue technologien
Das Elektroauto wird erst marktreif, wenn die Speicherkapazität der favorisierten Lithium-Ionen-Batterie gesteigert werden kann. Heute ist Kohlenstoff der Standard für das negative Elektrodenmaterial, den positiven Gegenpart bilden Verbindungen aus Lithium, Nickel und Kobalt. An der TU Graz wird etwa ein siliciumhaltiges Gel auf Graphit als Trägermatererial aufgebracht. Silicium weist eine zehnmal höhere Lithium-Ionen-Speicherfähigkeit auf als Kohlenstoff.
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