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Emotionale Produktgestaltung überzeugt Industriekunden

Gutes Produktdesign für Industriegüter orientiert sich auch am wahrgenommenen Produktwert
Emotionale Produktgestaltung überzeugt Industriekunden

Emotionale Produktgestaltung überzeugt Industriekunden
Laut einer Studie verzeichnen Unternehmen, die Design als Wertstifter begreifen, im Durchschnitt ein höheres Umsatzwachstum als jene, die Produktgestaltung nur als Zusatz verstehen
Industriedesign ist mehr als Form- und Farbgestaltung und zunehmend wichtig für den Unternehmenserfolg. Gute emotionale Gestaltung greift auch in die Grundstruktur eines Produktes ein und orientiert sich so am Nutzen für den Bediener. Einblicke gibt das Aachener Werkzeugmaschinen-Kolloquium (AWK).

„Hässlichkeit verkauft sich schlecht.“ Diese Position vertrat Raymond Loewy, weltbekannter Industriedesigner und Erfinder des Stromliniendesigns, bereits Anfang der 1950er-Jahre. Bei vielen deutschen Industriegüterherstellern wird die Gegenposition vertreten: „Maschinen müssen funktionieren. Gut auszusehen brauchen sie nicht.“

Diese Haltung ist im Business-to-Business-Geschäft auch konsequent, wenn man davon ausgeht, dass sich Einkäufer in Unternehmen – im Gegensatz zu Endverbrauchern – bei ihren Entscheidungen nicht von ihren Emotionen beeinflussen lassen. Entscheider wählen zwischen Alternativen auf rationale Art und Weise. Bei Transaktionen zwischen Unternehmen zählt ausschließlich die Funktionserfüllung der angebotenen Produkte. Warum Ressourcen auf Design verwenden, wenn es keinen Einfluss auf die Kaufentscheidungen der Industriekunden hat?
Die Schwäche in dieser Argumentation: Es kann nicht länger angenommen werden, dass Individuen nach dem Rationalprinzip handeln. Die Rationalitätsannahme wurde zunächst für Endverbraucher (Konsumenten) gelockert. Bei genauerem Hinsehen fiel jedoch auf, dass sich Entscheider in Unternehmen nicht wesentlich von Konsumenten unterscheiden. Einkäufer in Unternehmen treffen beispielsweise Entscheidungen nicht ausschließlich mit dem Ziel der Gewinnmaximierung. Neben gruppendynamischen Effekten zwischen allen Beteiligten einer Kaufentscheidung (buying center), halten professionelle Einkäufer gerne hochangesehenen Anbietern die Treue. Wenn weiche Faktoren wie Design, Benutzerfreundlichkeit und Markenimage des Herstellers folglich auf Kaufentscheidungen in der Industrie Einfluss nehmen, dann schließt sich die Frage nach der Stärke dieses Einflusses an.
Ist der Einfluss stark genug, hat dies für Industriegüterhersteller weitreichende Folgen. Sie müssten in ihrem Produkt(weiter)entwicklungsprozess Ressourcen von der Funktionserstellung abziehen und umverteilen oder zusätzliche bereitstellen, um von ihren Kunden als bester Anbieter hinsichtlich der neuen und alten Faktoren ausgewählt zu werden. Vielleicht müssen im Unternehmen sogar Kompetenzen im Designbereich neu geschaffen werden.
Erfahrungsberichte aus der Industrie und Forschungsergebnisse machen deutlich, dass Design auch für Industriegüterproduzenten relevant, ja sogar wichtiger denn je ist. Aber die Mehrheit der Unternehmen handelt nicht danach.
Denn zwei Vorurteile bezüglich Design im Business-to-Business-Bereich halten sich seit Langem:
  • Design ist nur ein Nebenschauplatz und nicht entscheidend genug, um Aufmerksamkeit zu verdienen.
  • Design ist in Relation zu seiner geringen Bedeutung zu teuer.
Trotz dieser fest verankerten Vorurteile wächst die Anzahl der Industriegüterhersteller, die von Design-Erfolgsgeschichten berichten:
Einem Hersteller von Röntgenprüfsystemen – beispielsweise für den Einsatz bei der Gepäckkontrolle in Flughäfen – gelang es mit einem neuen Gerätedesign einschließlich ergonomischer Gestaltung der Arbeitsplätze, seinen Absatz deutlich zu steigern. Der Grund: Die Gestaltung des Systems harmoniert besser mit der Architekturumgebung moderner Flughäfen als die von Konkurrenzprodukten.
Bauunternehmen betonen gegenüber ihren Kunden die Wichtigkeit der angenehmen Gestaltung von Bürogebäuden. Ein Call Center, dessen neues Gebäude durch sein Design ein Gemeinschaftsgefühl und eine informelle Atmosphäre erzeugt, konnte seine Mitarbeiterfluktuation um mehr als 50 % verringern.
Ein Werkzeugmaschinenhersteller hat bei Neuentwicklungen in seiner gesamten Produktpalette ergonomische und optische Verbesserungen durchgeführt. Das neue Design erleichtert die Wartung, verkürzt Umrüst- und Servicezeiten und beugt Unfällen vor. Das Unternehmen begreift seine Produkte als Botschafter des Unternehmens, die nicht zuletzt durch ihre Formsprache die in der Markenkommunikation vermittelten Produktwerte erlebbar machen.
Wie deutlich die Unterschiede im Produktdesign von Werkzeugmaschinen sein können, wird in der Abbildung sichtbar. Was hier ganz offensichtlich ist: Durch den Einsatz eines durchdachten Produktdesigns können Industriegüterhersteller ihre Ingenieurskompetenz für ihre Kunden wahrnehmbar machen. In diesem Zusammenhang kann die Industriegüterbranche von Vorreitern im Konsumgüterbereich, wie dem Automobilsektor, lernen. Dort existieren bereits erprobte Methoden zur systematischen Berücksichtigung der Produktwahrnehmung des Kunden und zur frühzeitigen und verknüpften Einbeziehung des Produktdesigns in den Produktentwicklungsprozess.
Renommierte Vertreter des Industriegüterdesigns sprechen dem Design eine Stellung als Wettbewerbsfaktor gegenüber Billigherstellern aus Niedriglohnländern zu. In Märkten, in denen sich die Funktionen der Maschinen immer stärker ähneln, kann Design das zentrale Unterscheidungsmerkmal sein. Genau wie im Konsumgüterbereich kann Unverwechselbarkeit etwa über Form- und Farbgebung erreicht werden. Das erhöht nicht nur die Kundenbindung, sondern schützt auch vor Nachahmern.
Studien liefern Hinweise darauf, dass Design auch aus einer wirtschaftlichen Perspektive sinnvoll ist, also einen Mehrwert liefert. Laut einer schwedischen Erhebung haben Unternehmen, die Design als Wertstifter verstehen, ein höheres Umsatzwachstum als solche, die Design als Add-on verstehen (siehe Grafik).
Während des kommenden Aachener Werkzeugmaschinen-Kolloquiums (AWK) am 26. und 27. Mai 2011 wird Design von Industriegütern ein zentrales Thema sein. Unter der Überschrift: „Emotionale Produktgestaltung – Der Wert der wahrgenommenen Qualität“ diskutieren Vertreter aus der Praxis den Wert, der durch emotionale Produktgestaltung generiert werden kann. Steigert Design die Preisbereitschaft von Industriekunden? Wie kann Funktionalität mit allen Sinnen erlebbar gemacht werden? Welche Methoden stehen zur Verfügung, um die Qualitätswahrnehmung des Kunden aktiv zu gestalten? Auf diese und thematisch verwandte Fragen wollen Experten aus der Industriegüterbranche während des Kolloquiums Antworten finden.
Prof. Dr.-Ing. Robert Schmitt WZL der RWTH Aachen und Direktor Fraunhofer IPT, Aachen Dipl.-Oec. Anne Willach Wissenschaftliche Mitarbeiterin, WZL der RWTH Aachen

Die Stimme des Kunden im Sensorik-Labor übersetzen

Forderungen ans Design:

Die praxisnahe Forschung stellt in der Form eines Sensorik-Labors eine Umgebung zur Verfügung, in der die menschliche Wahrnehmung standardisiert abgefragt werden kann. Produkte werden mithilfe deskriptiver Methoden von einer repräsentativen Anzahl naiver Probanden oder von zuvor für diesen Zweck qualifizierten Experten (Kunden oder Produktexperten) analysiert und umfassend beschrieben. Auf diesem Weg werden mit Hilfe des Sensorik-Labors belastbare Daten erhoben, von denen Gestaltungsrichtlinien und technische Handlungsempfehlungen für das Design und die Produktentwicklung abgeleitet werden können. Aufgrund der intensiven Integration der Kunden in den Produktentwicklungsprozess durch das Sensorik-Labor können Fragebögen und Datenbanken für zukünftige Produkte oder Produktgenerationen erarbeitet werden. Diese dienen als Wissensbasis und lassen sich kontinuierlich anpassen und erweitern. Aus den Informationen der Kunden können beispielsweise Prüfvorschriften für optische oder haptische Prüfungen erarbeitet werden.
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