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KI optimiert Qualitätssicherung

Künstliche Intelligenz
Forschungszulage für KI-Projekt

Ein schwäbisches Unternehmen für Präzisionsmechanik hat die Qualitätskontrolle an eine künstliche Intelligenz „ausgelagert“. Nach anfänglichen Bedenken der Mitarbeiter hat sich die Umstellung jedoch schnell in Sachen Wirtschaftlichkeit und Qualität bewährt. Dazu gab es dann noch eine schöne Forschungszulage vonseiten des Staates.

» Jens Gieseler, freier Journalist, Tübingen

In der Automobilbranche muss jedes Produkt hohe Qualitätsansprüche erfüllen – von der kleinsten Schraube über den Lack bis zum komplexen Motor. Der Spielraum für Abweichungen ist minimal. Einen entsprechend hohen Stellenwert hat für alle beteiligten Unternehmen die Qualitätskontrolle. Doch diesen dritten Schritt nach Produktion und Reinigung lässt der Präzisionsmechaniker EZU Metallwaren aus Königsheim im Kreis Tuttlingen inzwischen weg. Das Zauberwort heißt künstliche Intelligenz (KI). „Wir haben über die vergangenen drei Jahre so viele Parameter und Prozesse entwickelt, dass wir die Qualitätskontrolle bei neuen Projekten praktisch in die Produktion integriert haben“, sagt Geschäftsführer Andreas Zumkeller, „dadurch produzieren wir etwas wirtschaftlicher und liefern sogar höhere Qualität.“

Das Thema KI spielt im Maschinenbau eine wachsende Rolle, urteilt Paul Freyberg. Der Innovations- und Förderberater des Dienstleisters PFIF, der auch die Schwaben bei der Förderung ihrer Entwicklungsprojekte unterstützt, weiß jedoch, dass es fast immer um den digitalen Zwilling geht: „Insgesamt werden KI-Projekte allerdings eher selten beantragt, besonders wenn es um die Fertigung selbst geht.“ Tatsächlich stößt Zumkeller in seiner Branche meist auf Skepsis. Doch zum einen erzählt der 47-jährige Ingenieur begeisternd von der KI und deren Möglichkeiten, die bei der Google-Suche oder Navi-Eingabe alltäglich und von jedem selbstverständlich genutzt werden. Und zum anderen kann er auf das Vertrauen bauen, das sich der Hersteller von Präzisionsdrehteilen seit knapp 40 Jahren bei seinen Kunden erarbeitet hat. Immer mehr Geschäftspartner lassen sich von den Ergebnissen überzeugen.

„Vor vier Jahren haben wir uns im Führungsteam klar gemacht, dass sich unsere Branche in einem dramatischen Wandel befindet, wir aber keinen Masterplan haben“, gibt Zumkeller unumwunden zu. Statt den Kopf einzuziehen, ergriff das Team die Flucht nach vorn, fragte sich, wo EZU 2025 stehen soll und holte einen führenden Zukunftsexperten nach Königsheim. Ein Thema war künstliche Intelligenz und mit der Big Data in Manufacturing GmbH fand das Unternehmen einen Partner, der auf diesem Sektor Pionierarbeit leistet: Der nämlich kontinuierlich die entscheidenden Daten während des Herstellungsprozesses gewinnt und daraus neue Modelle entwickelt, die die Qualität der Werkstücke und den gesamten Produktionsprozess optimieren.

Was so simpel klingt, ist ein Prozess über drei Jahre gewesen. „Wir haben als Unternehmen die Akzeptanzkurve durchgemacht“, erzählt der Chef von 150 Mitarbeitern. Der Widerstand gegen die Neuerung hat während der Pilot- und Testphasen sowohl das Unternehmen als Ganzes als auch etliche Mitarbeiter erst ins „Tal der Tränen“ geführt. „Doch letztlich haben wir diese Veränderung akzeptiert, unsere ersten positiven Erfahrungen gemacht und inzwischen ist die KI ein entscheidender Bestandteil unseres Alltags“, beschreibt er den Veränderungsprozess.

Zumindest wirtschaftlich half der Förderexperte PFIF den Präzisionsmechanikern aus dem „Tal der Tränen“. Denn für fünf Projekte bekommt EZU insgesamt 1,5 Mio. Euro verteilt über die Jahre 2020 bis 2024 aus der sogenannten Forschungszulage. Das ist ein neues Förderinstrument des Staates, das unter anderem auch IT-affinen und agil arbeitenden Unternehmen dienen kann. Von der klassischen Projektförderung sind diese Firmen quasi ausgeschlossen, weil sie mit viel Personalaufwand sehr schnell Projekte umsetzen. Zu schnell für die langsame Projektförderung mit ihrem bürokratischen Aufwand. Dagegen kann die Forschungszulage sogar noch rückwirkend ab 2020 beantragt werden. Die inhaltlichen Anforderungen sind zudem geringer und die Bewilligung erfolgt in der Regel innerhalb von drei Monaten, wodurch die innovativen Unternehmen eine höhere Planungssicherheit erhalten. Sie können auf diesem Weg 25 % der projektbezogenen Personalkosten in der Forschung und Entwicklung steuerlich geltend machen. Zudem werden Entwicklungsaufträge an andere Firmen mit 15 % berücksichtigt. Die maximale Förderung pro Jahr beträgt 1 Mio. Euro, die mit der Unternehmenssteuer verrechnet oder bei Überschreiten der Steuerlast – etwa bei Startups oder höheren FuE-Kosten – sogar ausbezahlt wird.

„Mit Paul Freyberg haben wir einen Innovation Consultant, der unser Thema sofort verstanden hat“, erzählt Zumkeller, der auch etliche Gespräche mit anderen Innovationsberatern geführt hat. Außerdem funktioniere die Kommunikation und Beantragung schnell und reibungslos, so dass er sich mit seinen Mitarbeitern völlig auf die Entwicklungsprojekte konzentrieren könne. „Wir haben heute eine wesentlich höhere Änderungsquote in der Produktion“, stellt er fest, „nicht, weil wir früher schlecht gearbeitet haben, sondern weil die Mitarbeiter offener für Veränderungen geworden sind und erkennen, dass wir inzwischen bessere Ergebnisse erzielen. Außerdem haben wir mit den Daten aus der Produktion eine solide Grundlage für die Verbesserungen.“ Natürlich sei dieser Prozess mit Investitions- und laufenden Kosten verbunden, doch am Schluss spart sich das Unternehmen Maschinen für die Qualitätskontrolle im Wert von bis zu 400.000 Euro.

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