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Unternehmensstrategie Unternehmensstrategie: Geschäftsmodellentwicklung im Mittelstand

Strategie
Geschäftsmodellentwicklung im industriellen Mittelstand

Wer die Weiterentwicklung seines Geschäftsmodells ganzheitlich denkt und seine Führungsteams direkt in die Gestaltung einbezieht, findet zu soliden Strategiezielen und kann daraus Handlungen für neue Geschäftsmodelle entwickeln.

Dipl.-Ing. Olaf Arns, MBA
Unternehmensberater für den industriellen Mittelstand in Wenden bei Olpe

Der industrielle Mittelstand befindet sich in einer Transformation: Neue Technologien, Digitalisierung, globalisierte Lieferketten, steigende Kundenanforderungen und zunehmende Vergleichbarkeit sorgen für eine hohe Dynamik am Markt. Hinzu kommt die Corona-Krise, die in vielen Branchen wie ein Katalysator des Wandels wirkt und Verantwortliche zum Handeln zwingt. Den Unterschied machen künftig diejenigen Unternehmen, die den Mut aufbringen, ihr Geschäftsmodell an die sich verändernden Bedingungen anzupassen. Eine Frage dabei lautet: Lässt sich ein Geschäftsmodell entwickeln und realisieren, mit dem Unternehmen wieder eine Differenzierung zum Wettbewerb herstellen können?

Dimensionen eines Geschäftsmodells

Es gibt eine Vielzahl an Geschäftsmodellen mit unterschiedlichen Dimensionen und Ausrichtungen. Produkte und Dienstleistungen sorgen für den Kundennutzen, der wiederum dem Markt zugutekommt. Bestimmte Geschäftsmodelle zielen direkt auf den Markt, wie etwa Cross-Selling, User Designed, Loyalty-Programme, Köder und Haken oder Leasing. Andere Geschäftsmodelle stellen unmittelbar den Kundennutzen in den Mittelpunkt, wie Fernwartung, Predictive Maintainance oder die Visualisierung komplexer Prozesse. Geschäftsmodelle auf der Produkt- und Dienstleistungsseite sind beispielsweise Individualisierung von der Stange, alles aus einer Hand oder Reverse Engineering.

Digitalisierung als Chance begreifen

Vor allem die Digitalisierung bietet dem industriellen Mittelstand zahlreiche Chancen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln oder bestehenden Modelle zu erweitern. Beispielsweise wurde das Thema „Service als Geschäftsmodell“ in der Corona-Krise für viele Unternehmen relevanter. So entwickelte der Tübinger Präzisionswerkzeughersteller Walter einen digitalen Auswahlassistenten für Standard-Zerspanwerkzeuge. Das Innotime genannte System vereinfacht und beschleunigt die Arbeit der Vertriebsingenieure ungemein. Was vorher Tage dauerte, liegt nun in wenigen Stunden vor.

Ähnliches bietet die Kölner Sprint Sanierung GmbH in der Gebäudesanierung. Moderne Sensorik misst Feuchteveränderungen am zu trocknenden Objekt und meldet dies dem Unternehmen. So sind Trocknungszeiten und -ende schon frühzeitig abzusehen, ohne dass die Baustelle immer wieder angefahren werden muss. Nachfolgende Gewerke sind besser zu planen. Die Gesamtsanierungszeit kann reduziert werden. Zukünftig wird der Kunde diese Information dann per App direkt aufs Handy bekommen.

Ein weiter Trend für digitale Geschäftsmodellerweiterung ist Predictive Maintainance: Die eingesetzte Software in der Maschine selbst meldet den optimalen Wartungszeitpunkt, unerwarteter Produktionsstillstand wird vermieden, Wartungen können produktionsoptimiert durchlaufen. So entwickelte der Lkw-Hersteller MAN einen Telematikdienst, der Fahrzeugdaten für die vorrausschauende Wartung übermittelt. MAN konnte damit die Fahrzugausfälle senken – und somit Lieferkettenunterbrechungen bei seinen Kunden verhindern.

Diese Beispiele zeigen: Wer Digitalisierung mehr als Chance denn als Bedrohung begreift, kann mit innovativen Geschäftsmodellen einen größeren Mehrwert bieten und sich langfristig am Markt behaupten.

In vielen Bereichen der Digitalisierung sind uns die USA und China voraus. Bei der Digitalisierung der Industrie hat Deutschland aber noch gute Chancen, vorne mitzuspielen. Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ins Leben gerufene „Plattform Industrie 4.0“ bildet weitere aktuelle Beispiele zur Digitalisierung im Mittelstand ab.

Die Umsetzung ist vielfältig

Die Transformation oder Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen jeglicher Art wird durch strategische Ziele geleitet. Im ersten Schritt sollten Verantwortliche eine Bestandsaufnahme ihrer Geschäftsmodelle vornehmen, die aus einer Ist-Analyse und einer Soll-Bewertung besteht. Was sind unsere Geschäftsmodelle? Wie sieht unser Operating Model aus? Wie zukunftsfähig ist es? Und: Wo wollen wir hin? Mehr Deckungsbeitrag, mehr Umsatz, mehr Neukunden, neue Märkte?

Die nächste Frage lautet, wie Unternehmen ihre Ziele erreichen. Selbstverständlich müssen Verantwortliche die Märkte beobachten und Trends frühzeitig erkennen. Die Konsequenzen, die aus dieser Beobachtung resultieren, müssen mit Kunden und Stakeholdern besprochen und analysiert werden, um Prozesse auf die Veränderungen abzustimmen sowie erforderliche Kapazitäten zu bestimmen. Diese bestehen aus Mitarbeiter-Knowhow, Ressourcen oder Infrastruktur.

Die strategischen Ebenen schließen dabei Finanzen, Märkte, Prozesse und Potenziale ein. All diese Ebenen bedingen sich untereinander. Ein strategisches Ziel auf der Marktebene ist immer auch mit Prozess- oder Potenzialzielen verknüpft. Die aus den Zielen abgeleiteten Handlungsfelder sind vielfältig – und müssen von Geschäftsführung und Führungsteams priorisiert werden. Ist ein Finanzziel beispielsweise „Umsatzsteigerung“, können Unternehmen auf der Marktebene den Kundenwert steigern, wie es MAN und Walter mit ihren Servicemodellen gemacht haben. Oder sie können ihre Markenpräsenz erhöhen. Je nachdem, was die Führungsteams auf der Marktebene priorisieren, müssen sie dann auch an Stellschrauben auf der Potenzial- und Prozessebene drehen. Beim Thema „Markenpräsenz erhöhen“ können Unternehmen unter anderem ihr Vertriebs-Knowhow verbessern und ihre externe Kommunikation verstärken.

Doppelbelastung Transformation

Eine Veränderung im Geschäftsmodell ist nicht wie ein Schalter, den man einfach umlegt. Verantwortliche müssen sukzessiv an die Transformation herangehen. Zeitweise bedeutet das eine Doppelbelastung für alle Beteiligten: Einerseits muss das operative Tagesgeschäft weiterlaufen, andererseits muss das neue Geschäftsmodell implementiert und angekurbelt werden. Eventuell kannibalisiert das neue Modell das alte zeitweise. Doch hier gilt der Satz von Gisbert Rühl, Vorstand des Duisburger Metallhändlers Klöckner & Co.: „Ich kannibalisiere mein Geschäft, bevor es andere tun.“

Erfolgsfaktor Belegschaft

Dieser Wandel gelingt nur, wenn die Mitarbeiter den Wandel annehmen und mitziehen. Dafür müssen Verantwortliche sie frühzeitig in das Veränderungsvorhaben einbeziehen – und auch mitgestalten lassen. Studien zeigen immer wieder: Eine Business Model-Transformation erfordert einen Kulturwandel im Unternehmen. Die erfolgreiche Implementierung eines Geschäftsmodells gelingt nur, wenn die Mitarbeiter diese mit Leben füllen. Hierfür muss sich die Geschäftsführung fragen: Erfordern die neuen Prozesse auch ein neues Verständnis von Führung? Müssen wir für einen Kulturwandel auch das Managementsystem adaptieren oder die Organisation verändern?

Auch wenn Unternehmen des industriellen Mittelständs unter Handlungsdruck stehen, bedeutet das nicht, dass die Verantwortlichen panisch irgendwelchen Trends nachjagen sollten. Eine gründliche Analyse zur aktuellen Situation muss jeder Veränderung vorangehen. Bei der Entscheidungsfindung ist es aber notwendig, die eigene Komfortzone zu verlassen, Mut aufzuwenden und unternehmerisches Risiko einzugehen, anstatt lieber nur den Status quo zu verwalten und so lange am Geschäftsmodell festzuhalten, bis es irgendwann keines mehr ist.

Kontakt:

Olaf Arns
Im Schulgarten 22
57482 Wenden
Tel.+49 2762 98 85 072
www.olaf-arns.de

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