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Digitalisierung: „Gute Voraussetzungen für erstklassige 4.0-Produktionen“

EDB-Manager Lim Kok Kiang zur Digitalisierung in Singapur
„Gute Voraussetzungen für erstklassige 4.0-Produktionen“

„Gute Voraussetzungen für erstklassige 4.0-Produktionen“
Lim Kok Kiang, stellvertretender Geschäftsführer der Regierungsbehörde EDB: „Singapur bietet deutschen Unternehmen alle Voraussetzungen für den Betrieb erstklassiger Industrie-4.0-Produktionsstätten.“ Bild: EDB
Singapur zündet auch bei Industrie 4.0 den Turbo. Wie deutsche Unternehmen von den zahlreichen Initiativen des Economic Development Board (EDB) profitieren können, erläutert Lim Kok Kiang, Assistant Managing Director der Regierungsbehörde.

❧ Dietmar Kieser

Die Digitalisierung gilt als eine der ganz großen Herausforderungen für die Arbeitswelt. Wo steht die Wirtschaft Singapurs derzeit beim Thema digitale Transformation?

Im Industriesektor erleben wir die digitale Transformation durch die Einführung von Industrie 4.0. Laut einer Studie der Boston Consulting Group könnte Industrie 4.0 die Gesamtproduktion des verarbeitenden Gewerbes um über 22,5 Milliarden Euro erhöhen, die Arbeitsproduktivität um 30 Prozent steigern und bis 2024 rund 22.000 Arbeitsplätze in Singapur schaffen. Im Vorgriff auf diese Entwicklungen hat Singapur mehrere Initiativen zur Erhaltung und Stärkung seines Ökosystems im Bereich der Produktion gestartet.

Welche Initiativen sind dies konkret?

Erstens mussten wir eine gemeinsame Sprache entwickeln, um das Bewusstsein für Industrie 4.0 zu schärfen. Deshalb haben wir den „Singapore Smart Industry Readiness Index“ geschaffen, um Unternehmen einen gemeinsamen Rahmen für den industriellen Wandel zu bieten. Zweitens haben wir offene Innovationsplattformen für Technologieentwicklung und Prüfstände eingerichtet, um Innovationen voranzutreiben. Dazu gehören Investitionen von zwei Milliarden Euro in die öffentliche Forschung für fortschrittliche Fertigung und Technik, die Integration einer tiefen und lebendigen Basis von Technologieanbietern wie Siemens und ABB sowie Initiativen wie das Nationale Robotik-Programm zur Verbesserung der Produktivität mithilfe von Robotern. Singapur hat außerdem zwei Modellfabriken errichtet, in denen Unternehmen neue Technologien entwickeln und testen können.

Hatten Sie auch die Qualifizierung im Blick?

Mit unserem dritten Punkt haben wir interne Kapazitäten in Unternehmen aufgebaut, indem wir in Talent-Initiativen investiert haben. Wir haben zunächst die für Industrie 4.0 benötigten neuen Qualifikationen identifiziert und dann kontinuierliche Weiterbildungs- und Fortbildungskurse implementiert. Schließlich konzentrierten wir uns auf den Aufbau einer Community in Singapur, um Unternehmen dabei zu helfen, ihre eigenen Initiativen zu beschleunigen und das Wachstum der Region zu nutzen. Deshalb veranstaltet Singapur im Oktober die erste Asien-Pazifik-Ausgabe der Hannover Messe (industrial-transformation.com). Mit einem besonderen Schwerpunkt auf dem asiatisch-pazifischen Raum wird die Veranstaltung eine Plattform sein, die Vordenker der Fertigungsindustrie, Technologieanbieter und verschiedene Regierungen zusammenbringt.

Welche Herausforderungen und Chancen birgt der digitale Wandel in Asien für deutsche Unternehmen in Singapur?

Deutsche Unternehmen können Singapur nutzen, um Innovationslösungen zu testen und zu entwickeln, die auf die Region zugeschnitten sind. So hat Siemens eine Digital Factory Manufacturing Design Consultancy, also eine spezielle Beratung für die Planung smarter Fabriken, eröffnet. Mit Dormakaba arbeitet Siemens an der Entwicklung einer intelligenten Fabrik zur Herstellung von Türschließern. Zudem können deutsche Unternehmen auf Singapurs Pool an internationalen qualifizierten Talenten zurückgreifen und genießen den Schutz geistigen Eigentums. Das sind gute Voraussetzungen, um erstklassige Industrie 4.0-Produktionsstätten zu betreiben. Pepperl+ Fuchs hat jüngst sein Global Distribution Centre in Singapur eröffnet. Das Unternehmen verfügt über ein intelligentes Lagerverwaltungssystem, ein automatisches Regalbediengerät und setzt Industrie 4.0-Technologien in seinen Fertigungslinien ein. Von Singapur aus wird das Center mehr als 15.000 Produkte weltweit vertreiben, damit die Effizienz und Wirtschaftlichkeit steigern und kürzere Lieferzeiten bieten können.

Mit dem Singapore Smart Industry Readiness Index hat Singapur ein Analysetool für Industrie 4.0-Prozesse vorgestellt. Warum ist das EDB in Zusammenarbeit mit TÜV Süd hier vorgeprescht?

Eine Accenture-Studie aus dem Jahr 2017 ergab, dass sieben von zehn Herstellern aus dem Energie-, Chemie- und Versorgungssektor in Singapur planen, bis 2020 Industrie- 4.0-Lösungen einzusetzen. Viele wissen nicht, wo und wie sie anfangen sollen. Um die industrielle Transformation zu beschleunigen, braucht es einen gemeinsamen Rahmen. Ziel ist es, sich die Industrie 4.0 zu erschließen, eigene Anlagen zu bewerten und eine Roadmap für die Transformation zu planen.

Gemeinsam mit dem TÜV Süd haben wir den Index an globalen Standards wie dem „Rami-4.0 Framework“ ausgerichtet. Wir haben mit einem internationalen Beratungsgremium aus Vordenkern und Wissenschaftlern zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass der Index technisch robust und umfassend ist. Ein Pool von kleinen, mittelständischen und multinationalen Unternehmen aus verschiedenen Branchen hat den Index getestet und Feedback gegeben, mit dem wir die Systematik weiter verfeinern können. Laut Professor Axel Stepken, dem Vorstandsvorsitzenden von TÜV Süd, hat der Index das Potenzial, globaler Standard für die Zukunft der Fertigung zu werden.

Wie funktioniert das Industrie 4.0-Tool?

Wir gliedern den Index in die drei zentralen Bausteine Prozess, Technologie und Organisation, die auf 16 Bewertungsdimensionen abgebildet sind. In jeder dieser Dimensionen stufen sich die Unternehmen in Kategorien zwischen 0 und 5 ein. Die Systematik soll es leicht machen, die Bereitschaft für Industrie 4.0 zu visualisieren und Lücken und Möglichkeiten zu erkennen. Die Bewertung soll helfen, Initiativen zu priorisieren und einen Fahrplan zu erstellen.

Ist der Index mehr als nur ein Bewertungsinstrument?

Wir sehen den Index als den ersten Schritt. Noch wichtiger ist, dass Unternehmen kontinuierliche Verbesserungen verfolgen und nachhaltige Transformationsinitiativen realisieren können. Es ist auch ein potenzielles Benchmarking-Instrument. Darüber hinaus untersuchen wir mögliche zusätzliche Anwendungen, wie zum Beispiel die Anpassung an Qualifizierungsprogramme.

Interessierte können mehr über den Index erfahren: http://hier.pro/WonEh


Lim Kok Kiang

Lim Kok Kiang ist Assistant Managing Director des Singapore Economic Development Board (EDB). Er leitet die Engineering-Cluster von EDB, zu denen Städte, Infrastruktur & Industrielösungen, Clean Technology, Energie & Chemie, Elektronik, Feinwerktechnik und Verkehrstechnik gehören. Das EDB, eine Regierungsbehörde des Ministeriums für Handel und Industrie, ist verantwortlich für Strategien, die Singapurs Position als globales Zentrum für Wirtschaft, Innovation und Talent stärken. Das EDB betreibt Investitionsförderung und Branchenentwicklung und arbeitet mit internationalen Unternehmen im In- und Ausland zusammen, indem es Unternehmen Informationen, Kontakte zu Partnern und Zugang zu staatlichen Anreizen für ihre Investitionen bietet.

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