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„Industrie 4.0 ist für die Hannover Messe ein Geschenk“

Messevorstand Dr. Jochen Köckler im Interview
„Industrie 4.0 ist für die Hannover Messe ein Geschenk“

Die Hannover Messe zeigt die Technologien der Zukunft. Wie Anwender mit Industrie 4.0 neue Werte schaffen können und die Messeplattform den Besuchern die Vorteile der Digitalisierung anschaulich vermittelt, erläutert Dr. Jochen Köckler, Vorstand der Deutschen Messe.❧ Das Gespräch führten Werner Götz und Dietmar Kieser

Welche Signale wird die Hannover Messe 2017 senden?
Das Leitthema Integrated Industry – Creating Value steht dafür, dass die Besucher die Potenziale der Digitalisierung erkennen und für sich nutzen können. Es werden sich Lösungen durchsetzen, die den höchsten Nutzen stiften. Damit zieht Industrie 4.0 tatsächlich in die Fabriken ein und wird das Geschäft treiben. Dieses Signal wird von Hannover ausgehen.
Sind Sie als Veranstalter froh darüber, dass der Begriff Industrie 4.0 vor sechs Jahren auf der Messe geprägt wurde?
Für uns ist das ein Geschenk, weil die Abbildung dieser zukünftigen Fabrik exakt unserem Messekonzept entspricht. Schon 2013 haben wir heraufbeschworen, dass in Zukunft die Maschine mit dem Werkstück sprechen wird. Dass heute alle Aussteller darauf setzen, ist großartig. Mit Integrated Industry und den jährlich wechselnden Schwerpunkten, diesmal ist es „Creating Value“, verwenden wir bewusst nicht den Begriff Industrie 4.0. Damit sind wir in der Sprachführung unabhängiger. Industrie 4.0 ist aber eine Marke, die sehr stark zieht. In Polen ist sie ebenso bekannt wie in China und wird immer mehr zu einem Synonym für die moderne Produktion „Made in Germany“.
Wie lässt sich der Nutzen von Industrie 4.0 noch stärker vermitteln?
Das ist die absolut dringliche Kernaufgabe. Unter „Creating Value“ kommt es darauf an, dass die Entscheider aus Industrie und Energiewirtschaft erkennen, welche direkten und langfristigen Vorteile sie aus der Digitalisierung für ihr Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle und ihre Mitarbeiter ziehen können.
Und Messehallen erhalten mehr und mehr den Charme von Fabrikhallen?
Das wäre großartig. Der Show-Case von SEW-Eurodrive im Vorjahr hat zig Besucher angelockt. Derart moderne Stände zeigen, wie man über Inhalte Interesse weckt. Das wird noch zunehmen.
400 Anwendungsbeispiele für Industrie 4.0 waren es im Vorjahr. Wie viele könnten es 2017 werden?
Ich rechne mit rund 500 Beispielen. Besonders anschaulich zeigt dies die Sonderschau Predictive Maintenance im Rahmen der MDA. Beispielsweise ist ein am Kugellager angebrachter Sensor per se kein Mehrwert. Erkennt der Kunde aber, welchen Nutzen ihm dieser Sensor stiftet, wird er die Lösung einsetzen. Unter dem Leitthema „Integrated Industry – Creating Value“ werden viele solcher Anwendungsbeispiele zu sehen sein.
Roland Berger hat für VDMA und Deutsche Messe eine Studie zum Leitthema der Hannover Messe erstellt. Was leiten Sie daraus ab?
Zwei Dinge: Erstens, dass sich fast alle Entscheider in den Unternehmen mit dem Thema Digitalisierung befassen, was nicht überrascht. Der zweite Aspekt ist der wichtigste, da er vor zwei Jahren bei allen noch mit großer Unsicherheit behaftet war: Dominieren zukünftig einige Internetgiganten den Bau von Fabriken und Maschinen? In der Studie sagt über die Hälfte der Befragten, sie werden in ihrer eigenen Domain-Kompetenz die Chance von Industrie 4.0 nutzen. Dadurch entstehen andere Technologien, da mit zunehmender Digitalisierung die Grenzen zwischen Maschinenbau und IT verschwinden. Aber die absolute Dominanz der Internet-Konzerne wird nicht mehr befürchtet. Auch das werden wir auf der Hannover Messe sehen: IBM, Microsoft, Intel. Sie alle arbeiten bereits in Partnerschaften mit der deutschen Industrie, um gemeinsam Lösungen für den Anwender zu entwickeln.
Werte schaffen – Creating Value, heißt es in diesem Jahr? Und danach?
Die nächsten fünf Jahre wird uns die Digitalisierung von Industrie und Energie sicherlich begleiten. Der aktuelle Claim Creating Value hebt bewusst auf die Produktion, den Menschen und Geschäftsmodelle ab. Künftig entstehen völlig neue Geschäftsmodelle und disruptive Business-Ideen, die weit übers Produzieren hinausreichen und für die entsprechende Märkte zu erschließen sind. An diesem Thema werden wir als Messemacher ebenso dranbleiben wie am Thema der Datensicherheit und der einfachen Bedienung hochkomplexer Maschinen. Zudem bin ich überzeugt, dass die Energie bei der Digitalisierung den Weg der Fabrik gehen wird. Da dieser Markt eher reguliert ist, beispielsweise durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz, spielt die Politik hier zwar eine Rolle. Zugleich aber verlangt die Steuerung dieser Energien in einer autonomen Fabrik vernetzte Lösungen. Diese wird die Messe ebenso zeigen wie die Technologien zur erneuerbaren, dezentralen und effizienten Energieerzeugung – bis hin zur Speicherung und alternativen Mobilitätslösungen.
Die großen konjunkturellen Fragezeichen sind weitgehend politisch bedingt. Wie werten Sie dieses Vorzeichen für die Messe?
Erster Anhaltspunkt ist für mich der Anmeldestand, der exzellent ist. Die drei großen Industriekonzerne Siemens, GE und ABB sind mit Headquarter-Ständen ebenso präsent wie die ganze Bandbreite des Mittelstands. Fast alle Flächen sind ausgebucht. Auch besucherseitig habe ich die Hoffnung, dass wie im Vorjahr trotz der Unsicherheiten der Zulauf positiv sein wird. Gerade potenzielle Käufer erhoffen sich von der Messe Orientierung für ihre Investition. Und da die Digitalisierung der Fabrik anders als das Energiethema völlig unpolitisch ist, bin ich überzeugt, dass trotz konjunktureller Eintrübungen die Hannover Messe 2017 erfolgreich sein wird.
Halten sich Aussteller aus der Türkei angesichts der dortigen Entwicklung eher zurück?
Die Zahlen deuten auf keinen Einbruch hin. Unsere Bodenbelagsmesse Domotex zählte sogar mehr türkische Aussteller, da diese Unternehmen auf Exportmärkte drängen.
Wirkt sich der Brexit auf die Messe aus?
Überhaupt nicht. China hingegen legt auch als Ausstellerland deutlich zu und wird die zweitgrößte Nation auf der Hannover Messe stellen. Dies signalisiert Chinas Bestreben, bei Industrie 4.0 dabei sein zu wollen. Überhaupt bedienen sich Chinesen in erheblichem Maße der Hannover Messe-Plattform. Schon im Vorjahr, als die USA Partnerland waren und deren Aussteller die Messe prägten, war China stark vertreten. So, wie der Besucherstrom aus der Volksrepublik kontinuierlich gewachsen ist, legen jetzt die Aussteller zu. Sie buchen längst nicht nur Gemeinschaftsstände, sondern zeigen sich auf attraktiven Standflächen der Welt. Manch ein Aussteller wie Huawei kann aufgrund der Platzsituation nicht in der gewünschten Größe auftreten.
Wie vor zwei Jahren die Niederlande ist der Nachbar Polen jetzt Partnerland. Wie beeinflusst räumliche Nähe die Messebilanz?
Die polnische Ausstellerschaft wächst von 100 auf 150, also um 50 Prozent. Polen war schon immer osteuropäisches Ausstellerland Nummer eins. Das trifft ebenso auf die Besucher zu. Auch den Polen wollen wir zeigen, dass sie auf der in kurzer Zeit erreichbaren, weltweit wichtigsten Industriemesse ausstellen können und so den Weltmarkt erreichen. Das Partnerland Polen ist zudem ein wichtiges Signal dafür, wie gut Europa zusammenarbeitet. Nicht ohne Grund ist Deutschland seit vielen Jahren der mit Abstand größte Handelspartner Polens.
Welche thematischen Schwerpunkte setzen die polnischen Aussteller?
Sie werden ihre Stärke in der Digitalisierung hervorheben. Das hat Polen bereits als Partnerland der Cebit vor vier Jahren bewiesen. Auch die Förderung junger Unternehmer ist ausgeprägt, was ein Gemeinschaftsstand zeigen wird. Auch das Stichwort Reindustrialisierung steht oben auf der Agenda
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