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In Jobbörsen können Diskriminierungsfallen lauern

Internet-Stellenanzeigen mit bösen Folgen
In Jobbörsen können Diskriminierungsfallen lauern

Online-Jobbörsen sind bei Personal suchenden Unternehmen beliebt: Die Eingabe von Stellenanzeigen ist leicht, sie erscheinen schnell und eine große Verbreitung ist garantiert. Wie weit allerdings ihre Verantwortung für die korrekten Inhalte der Stellenanzeigen im Netz reicht, ist vielen Arbeitgebern nicht klar.

Leicht können sie in die Diskriminierungsfalle tappen, wenn ihre Anzeige beispielsweise nicht geschlechtsneutral formuliert ist, also nur die männliche oder die weibliche Berufsbezeichnung enthält. So sah sich ein Hotel mit einer Schadensersatzklage eines von ihnen abgelehnten Bewerbers in Höhe von zwei Monatsgehältern wegen geschlechtsspezifischer Diskriminierung konfrontiert. Der klagende Hotelfachmann bewarb sich auf die ausgeschriebene Stelle einer „Hotelfachfrau“ über das Onlineportal meinestadt.de. Dieses private Internetportal hatte eine von der Bundesagentur für Arbeit im Internet eingepflegte Ausschreibung übernommen, allerdings war ihnen die männliche Form „Hotelfachmann“ abhanden gekommen – eine Diskriminierung männlicher Bewerber. Zuvor hatte das beklagte Hotel der Bundesagentur für Arbeit die freie Stelle „Hotelfachfrau/Hotelfachmann“ zwar gemeldet, wusste aber nichts von der im Internet veröffentlichten eigenen Stellenanzeige. Das Hotel hatte der beauftragten Bundesagentur für Arbeit eine Weitergabe im Internet aber auch nicht untersagt.
Dieser Fall zeigt zum einen wie schwierig es ist, zu beantworten, wer bei einer solchen Diskriminierung schadensersatzpflichtig sein kann und zum anderen, dass eine Diskriminierung auch eintreten kann, wenn der Arbeitgeber nicht selbst die Pflicht zur geschlechtsneutralen Ausschreibung verletzt hat. Grundsätzlich gilt: Der Arbeitgeber ist verantwortlich für den Inhalt seiner Stellenanzeigen. Hat er nicht überprüft, dass die Stellenausschreibung geschlechtsneutral und damit nicht diskriminierend ist, kann er sowohl für Stellenanzeigen auf der firmeneigenen Homepage als auch auf einem von ihm beauftragten Jobportal schadensersatzpflichtig werden.
Im Fall des Hotels entschied das Landesarbeitsgericht Hamm (Az.: 11 Sa 95/08, Urteil vom 24.04.2008), dass kein Diskriminierungswillen des Arbeitgebers vorliegt. Er sei nicht dafür verantwortlich, wenn ein weiteres Jobportal wie meinestadt.de die Daten der beauftragten Bundesagentur übernimmt und dabei so verkürzt, dass eine Diskriminierung eintritt. Das Hotel traf in diesem Fall keine weitergehende Verpflichtung, das Internet zu überwachen.
Es bleibt aber trotz dieses Urteils weiterhin strittig, ob Arbeitgeber in ähnlichen Fällen nicht doch verantwortlich gemacht werden können für fehlerhafte und diskriminierende Stellenanzeigen, selbst wenn sie diese nicht beauftragt haben und sie nicht mit deren Erscheinen oder Weiterverbreitung rechnen konnten. Ein für den 22.10.2009 zunächst erwartetes Urteil des Bundesarbeitsgerichts (8 AZR 520/08), das diese Fragen hätte klären können, hat wegen unzulässiger Revision keine Entscheidung in der Sache gebracht.
Landesarbeitsgerichte könnten daher im Streitfall zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Künftige Urteile orientieren sich möglicherweise an der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), nach der ein inserierendes Unternehmen aufgrund seiner wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht dazu verpflichtet ist, Gefahren durch Verlautbarungen im Internet zu begrenzen, allerdings nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren. Unternehmer müssten dann – anders als es das Landesarbeitsgericht für den Fall des Hotels entschieden hat – überprüfen, was aus den von ihnen veröffentlichten Inhalten wurde, selbst wenn diese nicht direkt von ihnen beauftragt wurden.
„In jedem Fall sollten Unternehmer ihre Stellenanzeige so formulieren und deren Veröffentlichung daraufhin kontrollieren, dass diese die eigenen Wünsche genau wiedergibt und ihr Wortlaut keinen diskriminierenden Inhalt hat“, erklärt Hendrik Bourguignon, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner von Schmalz Rechtsanwälte in Frankfurt. Je weiter und unkontrollierter sich jedoch Stellenanzeigen im Internet verbreiten, desto schwieriger wird diese Aufgabe. „Unternehmen, deren Personalabteilungen bei der Internetrecherche auf ihre eigenen Anzeigen stoßen, die falsche Einträge enthalten, müssten das jeweilige Jobportal womöglich wettbewerbsrechtlich abmahnen“, empfiehlt Hendrik Bourguignon.
Bei der Schaltung von Anzeigen im Internet sollten Unternehmer also vorsichtig sein. „Da erfahrungsgemäß einmal im Internet veröffentlichte Datensätze häufig weitergegeben beziehungsweise übernommen werden, wobei dann die große Gefahr von Veränderungen durch Weglassung oder sonstigen Textveränderungen besteht, ist es ratsam, mit dem Betreiber des Internetportals die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfahrungsgemäß auf grobe Fahrlässigkeit beziehungsweise Vorsatz eingeschränkte Haftung auch auf fahrlässig unterlaufene redaktionelle Fehler auszuweiten“, rät Matthias Müller, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Partner von Schmalz Rechtsanwälte. „Lässt sich das Internetportal darauf nicht ein, müssen inserierende Unternehmer überprüfen, ob der korrekte Wortlaut ihres Stellenangebots übernommen wurde. Stellt der Inserent Fehler auf dem Jobportal fest, sollte er dieses sofort verwarnen, damit er der eigenen Haftung entkommt“, ergänzt Matthias Müller. Wird der Arbeitgeber von einem diskriminierten Bewerber aufgrund eines Fehlers wie der verkürzten Stellenbeschreibung bei meinestadt.de einmal erfolgreich auf Schadensersatz in Anspruch genommen, hat er ein so genanntes „Rückgriffsrecht“ gegenüber dem Portal und kann unter Umständen den finanziellen Schaden abwenden. Er muss zwar zunächst den Schadensersatz an den Bewerber leisten, kann diesen Betrag aber von der Jobbörse zurückfordern.
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