Startseite » Management » IT »

„MES-Kennzahlen werden überbetrieblich kaum Nutzen haben“

Mesa-Vorstand Karl Schneebauer zum Stand der Definition standardisierter MES-Kennzahlen
„MES-Kennzahlen werden überbetrieblich kaum Nutzen haben“

Nachdem der VDMA standardisierte MES-Kennzahlen entwickelt hat, hat nun der Industrieverband Mesa die Arbeit auf internationaler Ebene übernommen. Wir fragten Mesa-Vorstandsmitglied Karl Schneebauer, der bei MPDV als Partner Manager tätig ist, nach dem aktuellen Stand der Entwicklung.

Herr Schneebauer, Kennzahlen sind in produzierenden Unternehmen nichts Neues – die meisten arbeiten schon lange Zeit damit. Warum ist es also notwendig, standardisierte MES-Kennzahlen zu entwickeln, welche die in der Produktion erbrachten Leistungen widerspiegeln?

Standardisierte Kennzahlen bilden die Basis für überbetriebliche Vergleiche. Um im Hochlohnland Deutschland Arbeitsplätze zu erhalten, gilt es vor allem den Personalkostenanteil am Produkt gering zu halten. Dies kann nur über Effizienzkennzahlen gehen. Heute gibt es kaum einen Fertigungsbetrieb, der nicht mit Leasing-Arbeitern operiert, um Spitzen abzufedern. Wie immer man zu dieser Form der prekären Beschäftigung auch stehen mag, datentechnisch sind exakte Kennzahlen von Nöten um die immer dynamischeren und kurzfristigeren Prozesse in den Griff zu bekommen.
Können Sie zwei oder drei Beispiele für solche Kennzahlen nennen?
Zwei besonders wichtige Kennzahlen sind die für die Lean Production Ratio und den erwarteten Auftragsmangel. Die Lean Production Ratio für mehrstufige Herstellungsprozesse dient als Indikator für die Kostenträger-Effizienz und den Auftragsmangel. Die Kennzahl für den erwarteten Auftragsmangel misst die Auslastung der Kostenstellen beziehungsweise Kostenstellen-Gruppen.
Welche Unternehmen werden davon am meisten profitieren?
Eigentlich profitieren von diesen beiden Zahlen alle fertigenden Unternehmen. Der größte Nutzen ergibt sich für Fertiger, die zwei- beziehungsweise dreischichtig fertigen und auftragsabhängig zwischen diesen Modellen wechseln müssen.
Wie ist denn der aktuelle Stand der Standardisierungsbemühungen?
Der große Vorteil ist, dass die beiden genannten Kennzahlen eindeutig standardisierbar und dadurch auch nicht „manipulierbar“ sind. Der VDMA hat dafür bereits eine sehr konkrete Vorgabe erarbeitet, diese müsste die MESA eigentlich nur ratifizieren.
Was ist bisher schon erreicht?
Die Standardisierung der MES-Kennzahlen steht erst am Beginn. Nächste Schritte sind konkrete Gespräche und dann ein gemeinsames nutzenorientiertes Anwendermarketing.
Handelt es sich so zu sagen um Business-Intelligence-Systeme für die Produktion?
Nein, sondern es geht um IT-unabhängige Kennzahlen, die man aber dann sowohl durch MES-, Business-Intelligence- oder ERP-Systeme errechnen kann. Nur weil SAP aus dem eigenen ERP keine flexiblen Auswertungen rauskriegt und sich für einen externen Zukauf entschieden hat, sollte man hier nicht gleich eine Strategie draus machen. Moderne MES-Systeme wie zum Beispiel Hydra 8 von MPDV umfassen BI- und Reporting-Tools, mit denen sich alle Kennzahlen des VDMA wie auch der MESA problemlos umsetzen lassen.
Wann rechnen Sie damit, dass die Kennzahlen in MES-Systeme Eingang finden?
Das wird schwierig bleiben, weil sich der MES-Markt zu langsam konsolidiert! Einzig in der Elektronik-Industrie gibt es seit dem Kratzer-Austieg eine erste Welle der Konsolidierung. Die großen Anbieter wie Siemens und SAP haben keine nachhaltigen Implementierungserfolge und brechen sehr viele Projekte ab. Es ist immer wieder erstaunlich, wie hoch der Anteil von Individual- und Kleinlösungen von kleineren Anbietern ist.
Lassen sich die MES-Kennzahlen auch in anderen IT-Systemen verwenden?
Das hängt maßgeblich mit der Funktionsumfang eines jeweiligen MES-Systems zusammen. MES-Anbieter mit einem eigenen Leitstand winken hier ab. Funktional schwächere Anbieter würden sicher sagen: Ja, ist in der Planung!
Werden bestimmte, aggregierte Kennzahlen in Cockpits für die Geschäftsführung – und somit in ERP-Systemen – Eingang finden – oder werden die Kennzahlen rein für die Produktionsverantwortlichen von Interesse sein?
Die MES-Kennzahlen sind die zentralen nicht monetären Erfolgsparameter – und damit direkt für die Geschäftsleitung relevant.
Was denken Sie: Wenn es die standardisierten MES-Kennzahlen gibt, besteht dann absolute Transparenz über die Produktionszahlen? Oder wird es auch dann immer unterschiedliche Auslegungen geben?
Die Schwierigkeiten werden bleiben, weil die Planvorgaben unterschiedlich definiert werden. Jedes Unternehmen definiert letztlich eigene Vorgabewerte, Schichtpläne und legt fest, ob zum Beispiel auch an Wochenenden gefertigt wird. Obwohl Unternehmen durchaus ähnliche Maschinenparks und Produktionsmethoden haben, beeinflussen auch die Kundenaufträge und die erzielbaren Preise das System der Produktion. MES-Kennzahlen sind daher primär für die eigene Geschäftsführung sinnvoll. Überbetrieblich wird sich das in Grenzen halten.
Sabine Koll Journalistin in Böblingen
Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de