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Software: Digitaler Zwilling spart Unternehmen Kosten

Software
Digitaler Zwilling spart Unternehmen Kosten

Fehlerhafte Komponenten oder Störungen können Unternehmen in Rückrufaktionen viel Geld kosten. Abhilfe leistet der digitale Zwilling, der vorab genaue Tests ermöglicht.

Die Schlagzeilen machen Sorgen: Rückorderung von 2,4 Mio. Fahrzeugen eines japanischen Autobauers oder Rückruf von 140.000 Autos in China eines deutschen Herstellers. Gründe dafür waren jeweils fehlerhafte Teile oder Störungen. Die Rückrufe kosten Hersteller viel Geld und schädigen die Reputation. Solche Aktionen könnte zukünftig der digitale Zwilling vermeiden.

Digitaler Zwilling sammelt Sensordaten aus realer Welt

Ein digitaler Zwilling ist die virtuelle Kopie realer Produkte, Maschinen oder Prozesse. Um diese Kopien anzufertigen, erfassen Sensoren fortlaufend Daten in der realen Welt und speichern diese in einer (Cloud-)Datenbank. „Der Zwilling repräsentiert dann in der digitalen Welt dieselben Eigenschaften und Informationen wie sein Pendant in der realen Welt“, sagt Georg Rätker, Vice President Auto/Mi Solutions und Geschäftsführer bei T-Onsite Service, einer IT-Service-Tochtergesellschaft von T-Systems.

Digitalen Doppelgänger nahtlos in bestehende IT-Systeme einbinden

Mithilfe des digitalen Zwillings können Zustand, Eigenschaften und Verhalten des physischen Objekts auf Basis des dynamischen Datenmodells jederzeit visualisiert, analysiert, vorhergesagt und angepasst werden. Produkte lassen sich so direkt ‚richtig‘ designen, umfassend testen und kontinuierlich verbessern. Außerdem lässt sich der digitale Zwilling nahtlos in bestehende PLM-, ERP-, MES- und CRM-Systeme integrieren. So können beispielsweise Autobauer das virtuelle Abbild nutzen, um ihre Fahrzeuge auf Grundlage der vernetzten Daten konsequent weiterzuentwickeln.

Lastszenarien simulieren, Zusammenspieltesten

Die Anwendungsmöglichkeiten des virtuellen Doppelgängers kennen keine Grenzen und beginnen schon in der Design- und Entwicklungsphase: Mittels digitaler Produktentwürfe simulieren Ingenieure etwa verschiedene Lastszenarien an Autoteilen oder kompletten Fahrzeugen – bis hin zum virtuellen Crashtest. Damit sind weniger physische Prototypen nötig. Erst wenn der Hersteller mit den digitalen Tests zufrieden ist, nutzt er diese zur Verifizierung. Material-, Zeit- und Kostenaufwand sinken so deutlich. Digitale Zwillinge helfen Unternehmen, sich durch die Auswertung von Echtdaten in Simulationsmodellen und Tests der Realität noch stärker anzunähern. Designer und Ingenieure können zudem das Zusammenspiel tausender Fahrzeugteile auf Auffälligkeiten untersuchen, am Rechner neu simulieren, testen und optimieren. Wie verhalten sich Motor, Bremse und Achse untereinander? Was harmoniert gut? Wo müssen wir nachbessern? Antworten liefert die virtuelle Kopie der Komponenten.

Auch in der Produktion sorgt der digitale Zwilling für mehr Transparenz. Er zeigt in Echtzeit, welche Teile im Fahrzeug verbaut und welche Arbeiten erledigt sind. So kann die Bauzeit deutlich verkürzt werden, da Sensoren die Produktionsfortschritte kontinuierlich erfassen und intelligente IT-Systeme diese aufbereiten – ohne, dass die Arbeiter die einzelnen Schritte zurückmelden müssen. Damit sinken Kosten und Aufwand für das manuelle Erfassen der Arbeitsabläufe und gleichzeitig die Risiken für eine Produktionsverzögerung.

Betriebsdaten des digitalen Zwillings ermöglichen neue Business-Ansätze

Das Potenzial des digitalen Zwillings reicht weit über den Entwicklungs- und Produktionsprozess hinaus. Selbst in der Betriebsphase eines Fahrzeugs kann das virtuelle Abbild Realdaten an den Autobauer zurückspielen. Indem der PKW während des laufenden Betriebs permanent Fahrzeugdaten an seine virtuelle Kopie sendet, liefert die Technik viele neue Business-Ansätze für die Zukunft. Ein Einsatzbeispiel hat T-Systems gemeinsam mit PTC realisiert. „Wir haben eine Autobremse aus einem Van mit Sensoren ausgestattet. Diese lesen Zustands- und Verbrauchswerte wie die Drehgeschwindigkeit und Temperatur der Bremsscheibe, den Druck auf das Bremspedal oder den daraus resultierenden Bremsdruck in Echtzeit aus. Die Daten werden dem Hersteller dann in einer Cloud-IoT-Plattform oder auch direkt in der Arbeitsumgebung des Bremsen-Ingenieurs – etwa einem CAD-System – bereitgestellt“, erklärt Sascha Leidig, Leiter des PLM-Kompetenzzentrums von T-Systems.

So entsteht eine digitale Fahrzeugakte, über die alle Ingenieure, Elektroniker und Softwarearchitekten jederzeit Zugriff auf die aktuellen Betriebsdaten erhalten. „Sie sehen direkt in einem grafischen Dashboard, was mit der Bremse im Testumfeld oder in der realen Welt los ist. Anhand der sich ständig verändernden Parameter können die Entwickler ihre bisherigen Annahmen überprüfen und notfalls korrigieren – für das Design einer noch besseren, widerstandfähigeren Bremse“, erläutert Leidig. So lassen sich theoretisch auch alle anderen Fahrzeugkomponenten sukzessive optimieren und letztlich zuverlässigere Autos bauen.

Digitaler Zwilling kombiniert mit KI erkennt Anomalien

Auch die vorausschauende Wartung von Fahrzeugen lässt sich durch echte Betriebsdaten signifikant verbessern, etwa indem künstliche Intelligenz (KI) hinzukommt. „Die KI-Analyse hilft den Herstellern, etwaige Abweichungen, sogenannte Anomalien, vom normalen, zu erwartenden Verhalten der Bremse automatisch zu erkennen“, sagt Leidig. „Dadurch können sicherheitskritische Indikationen schon direkt im Entwicklungsprozess berücksichtigt werden, um die Bremse nachzubessern.“

Rätker von T-Onsite Service ergänzt: „Das Interesse aus der Industrie ist groß: Auf der Zulieferermesse IZB in Wolfsburg im Oktober 2018 hat unser Demonstrator für etliche Nachfragen und gute Gespräche gesorgt.“ Außerdem liefert die KI-Technik auch ein noch genaueres Bild vom Verschleiß der Autoteile. Dank des ständigen Datenaustauschs zwischen Auto und virtueller Kopie sind weitaus zuverlässigere Prognosen möglich. Die Hersteller sehen so, welche Komponenten am PKW wie schnell verschleißen und wann sie ausgetauscht werden sollten, bevor es zum Schaden oder gar Ausfall des Fahrzeugs kommt. (nu)


Fakten zum digitalen Zwilling

Laut einer Studie vom Beratungshaus Gartner gehört der digitale Zwilling zu den zehn wichtigsten strategischen Technologietrends:

  • Bis 2021 werde die Hälfte aller großen Unternehmen Digital Twins nutzen.
  • Die Effektivität von Unternehmen steigere sich um 10 %.
  • Prognose: Bis 2020 werden 21 Mrd. Sensoren und Endpunkte angeschlossen, um digitale Zwillinge erstellen zu können.
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