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Keinen festen Knigge-Schritten folgen

Interkulturell: Türkei & Brasilien
Keinen festen Knigge-Schritten folgen

Damit die interkulturelle Kommunikation gelingt, ist einiges zu beachten. Wer auf Messen in der Türkei oder in Brasilien die „Spielregeln“ seiner ausländischen Kunden kennt, kann vielfach punkten. So ist die Zeit, sich gegenseitig kennenzulernen, so wichtig wie die Qualität der angebotenen Produkte.

Katharina Helmerich Compass International GmbH, Stuttgart

Die Türkei und Brasilien sind höchst interessante Standorte. Die Handelsbeziehungen zwischen der Türkei und Deutschland sind sehr eng und somit lohnt es sich sehr, in Istanbul auf Messen vertreten zu sein. Doch auch und gerade weil São Paulo geographisch relativ weit entfernt ist, ist es ratsam, hier in persönliche Kontakte investieren.
Denn so unterschiedlich die Türkei und Brasilien auf den ersten Blick sein mögen, sie haben mehrere wichtige Gemeinsamkeiten. Eine davon ist eine starke Beziehungsorientierung, die im Gegensatz zur deutschen Sachorientierung steht. Das bedeutet, bevor man Geschäfte abschließt, wird viel Wert darauf gelegt, den künftigen Geschäftspartner persönlich kennen zu lernen. Tee trinken, gemeinsame Essen, Austausch über das Privatleben – all dies fassen beziehungsorientierte Kulturen wie die Türkei und Brasilien keinesfalls als Zeitverschwendung auf, sondern sind vielmehr unabdingbare Voraussetzung für einen Abschluss. Wenn sich nicht sofort eine Geschäftsbeziehung entwickelt, ist die Zeit dennoch sinnvoll investiert, hat man doch den Grundstein für zukünftige gemeinsame Projekte gelegt.
Für Ihren Messeauftritt ergibt sich daraus, dass Sie es sich erleichtern, wenn Sie nicht nur Wert auf die „harten Fakten“ legen. Sicher sind Ihre Qualität oder das Preis-Leistungsverhältnis sehr ausschlaggebende Kriterien, doch diese sollten beim Aufbau einer dauerhaften Geschäftsbeziehung zunächst hinten anstehen. Sie dürfen natürlich davon ausgehen, dass Messebesucher ein hohes Interesse an Ihren Produkten haben. Doch es schadet nicht, mehr Zeit für das gegenseitige Kennenlernen einzuplanen. Sowohl in der Türkei als auch in Brasilien werden Kontakte auch oft über einen Kontaktvermittler geknüpft, der beide Parteien kennt.
In der Türkei herrscht eine ausgesprochene Servicementalität. Kunden werden aufwendig umworben und umgarnt. Das erwartet der türkische Kunde auch von Ihnen! Wird doch der Verkäufer als Dienstleister angesehen, der in der Hierarchie eine niedrigere Stellung als der Kunde einnimmt. Es ist sinnvoll, das Messepersonal entsprechend zu schulen.
In beiden Ländern gehört das Aushandeln des Preises dazu. Ein hoher erster Preisvorschlag seitens des Verkäufers kann Respekt vor dem Käufer, dessen Qualitätsbewusstsein und seiner Kaufkraft ausdrücken.
Hierarchie ist in der Türkei und in Brasilien eine wichtige Komponente, die die Auswahl der ausreisenden Mitarbeiter mitbestimmen sollte. Neben der Position im Unternehmen sind auch Faktoren wie Alter und Geschlecht wichtig. Oft kann es für einen Herrn im mittleren Alter einfacher sein, ein Geschäft abzuschließen als für seine jüngere Kollegin – selbst wenn sie die gleiche Position haben. In hierarchisch geprägten Ländern liegt die letzte Entscheidung meist beim Vorgesetzten.
Die Händlermentalität ist in der Türkei sehr ausgeprägt. Ein Türke wird immer versuchen, ein Geschäft abzuschließen – auch wenn noch nicht im Detail klar sein sollte, wie er die Lieferbedingungen einhalten kann. Das Geschäft steht im Vordergrund, erst danach kommen Termine und Fristen.
Ein Tipp zum Outfit: Mit eher konservativen Schnitten und Farben sind Sie in beiden Ländern gut gekleidet. Generell darf es etwas schicker und förmlicher sein als in Deutschland. In Brasilien kann auch Businessmode bei Frauen sehr feminin geschnitten sein. Durch das hohe Status- und Markenbewusstsein in der Türkei ist Markenkleidung nicht von Nachteil. Hochwertige Schuhe sind vor allem in Brasilien wichtig. Als Frau sollten Sie in der Türkei nur echten Schmuck tragen.
Händeschütteln ist in beiden Ländern die übliche Form der Begrüßung. Als Mann macht man vor allem in der Türkei nichts falsch, wenn man abwartet, ob die Frau die Hand zur Begrüßung ausstreckt. Bei give-aways in der Türkei gilt: Falls Tütchen mit Gummibärchen ausliegen, sollte diese ohne Gelatine sein. Optimalerweise steht das auf den Tütchen auch deutlich vermerkt. Schokolade oder Pralinen kommen als Werbegeschenk ebenfalls gut an, sollten aber ohne Alkoholfüllung sein.
Informationsmaterial: Ihre englischsprachige Firmenbroschüre wird natürlich verstanden, doch es ist ein Zeichen von Respekt und wird sehr positiv bewertet, wenn Sie die Unterlagen auch auf Türkisch beziehungsweise Portugiesisch aufbereitet haben.
Namensabgleichung bei Produkten: Machen Sie sich die Mühe und lassen Sie die Produkte, die Sie bewerben möchten und unter Umständen auch Ihren Firmennamen mit der Landessprache und auf bestimmte Konnotationen hin abgleichen. Es hilft Ihnen nichts, wenn ihr schickes, tolles Produkt zwar alle Kundenwünsche erfüllt – es aber leider zufällig ein türkisches Schimpfwort ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen:
    • Bringen Sie viel Zeit mit und lassen Sie sich darauf ein, wenn mögliche türkische oder brasilianische Geschäftspartner Sie kennen lernen möchten. Gemeinsame Essen können hierfür eine gute Basis bilden.
    • Die Erwartungen an Service sind in der Türkei sehr hoch.
    • Termine und Lieferbedingungen werden in beiden Ländern viel flexibler gehandhabt als in Deutschland.
    • Beachten Sie die hierarchischen Strukturen und bedenken Sie, dass türkische und brasilianische Pendants mitunter nicht die gleichen Entscheidungsbefugnisse haben.

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Kulturdimensionen nach Hofstede

Sowohl die Türkei als auch Brasilien weisen hohe Werte bei Hofstedes* Untersuchung zur „Machtdistanz“ auf, das heißt, Hierarchien sind sehr wichtig. Im Vergleich dazu erreicht Deutschland einen niedrigeren Wert, Mitbestimmung und demokratischer Führungsstil sind in Unternehmen viel weiter verbreitet.
Auch beim Wert „Individualismus“ gleichen sich Brasilien und die Türkei: Das Eingliedern in die Gruppe ist hier wichtiger als die individuelle Selbsterfüllung, die Bedürfnisse der Gruppe stehen oft über den eigenen Bedürfnissen.
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