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Krank feiern und blau machen

Häufige Fehlzeiten – ein Kündigungsgrund?
Krank feiern und blau machen

Montags oder nach Feiertagen bleiben überdurchschnittlich viele Arbeitnehmer der Arbeit fern – häufig immer dieselben und nicht selten mit ärztlicher Bescheinigung. Arbeitgeber ärgern sich darüber und fragen sich, ab welchem Punkt ein Kündigungsgrund vorliegt. „Jeder Arbeitnehmer muss gemäß § 5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFzG) dem Arbeitgeber unverzüglich und formlos mitteilen, dass und wie lange er voraussichtlich krank sein wird“, erläutert der Kölner Rechtsanwalt Fenimore v. Bredow. „Zudem ist dem Arbeitgeber ab dem 4. Krankheitstag eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zusenden.“

Was viele nicht wissen: Soweit vertraglich nicht anders geregelt, ist der Arbeitgeber gemäß § 5 Abs. 1 EFzG berechtigt, diesen Nachweis bereits vor dem 4. Krankheitstag zu verlangen, also etwa ab dem ersten Tag. Dies ist immer dann angezeigt, wenn Lage und Häufung der Krankheitstage den Verdacht der Manipulation aufkommen lassen.
Mitunter kommt es vor, dass ein Arbeitnehmer gegen Ende seines Urlaubs im Ausland erkrankt. Dann muss er gem. § 5 Abs. 2 EFzG den Arbeitgeber nicht nur über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer, sondern auch über die Adresse seines Aufenthaltsortes schnellstmöglich mitteilen. Die hierdurch entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber. Was ebenfalls viele nicht wissen: Kehrt der Arbeitnehmer dann vor Ende des Urlaubs aus dem Ausland zurück, ist er verpflichtet, dies dem Arbeitgeber ebenfalls unverzüglich anzuzeigen.
Verletzt der Arbeitnehmer schuldhaft eine dieser Pflichten, kann Arbeitgeber mehrfach abmahnen. Kommt es danach gleichwohl weiter zu gleichartigen Pflichtverletzungen, so rechtfertigt dies die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Mit Bedacht sollte der Arbeitgeber vorgehen, wenn der Mitarbeiter alle Anzeige- und Nachweispflichten erfüllt – die Häufung der Arbeitsunfähigkeit um Wochenenden und Brückentage herum aber dennoch den Verdacht der Vortäuschung der Arbeitsunfähigkeit aufdrängen. Denn für die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung muss gerichtsverwertbar nachgewiesen sein, dass der Mitarbeiter die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorgetäuscht hat.
Wurde der Arbeitnehmer etwa von Zeugen dabei gesehen, dass er während seiner „Arbeitsunfähigkeit“ woanders gearbeitet hat, ist die Sache offensichtlich. Sonst ist es jedoch nicht immer eindeutig, welches Verhalten des Arbeitnehmers schuldhaft ist. Spaziergänge an der frischen Luft etwa oder Besorgungsgänge sind nicht per se unzulässig. Als Richtschnur gilt: Der Arbeitnehmer hat all das zu unterlassen, was seiner raschen Genesung entgegensteht.
In einem Fall hatte der Arbeitgeber die fristlose Kündigung ausgesprochen, weil er den wegen eines grippalen Infekts arbeitsunfähig gemeldeten Beschäftigten in der Lokalzeitung auf einem Foto bei einem Volksfest mit einem Glas Kölsch in der Hand entdeckt hatte. Das Arbeitsgericht Köln hielt das aber nicht für einen ausreichenden Kündigungsgrund: Denn frische Luft und ein Glas Kölsch seien nicht von vornherein geeignet, den Heilungsprozess zu verzögern. Es ist also immer ein individueller und einzelfallbezogener Maßstab anzulegen.
Fehlen eindeutige Beweise, kann der Arbeitgeber versuchen, diese etwa durch ein Detektivbüros beschaffen. Die entstehenden Kosten können vom Arbeitnehmer zurückgefordert werden: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil v. 17.09.1998, Az: 8 AZR 5/97) muss er diese ersetzen, wenn der Arbeitnehmer anlässlich eines konkreten Tatverdachts vom Detektiv einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird.
Können keine Beweise erbracht werden, gibt es neben der außerordentlichen Kündigung auch die Möglichkeit, den medizinischen Dienst der Krankenkasse einzuschalten. Der Arbeitgeber informiert die Krankenkasse des Betreffenden, unterrichtet sie über seinen Verdacht und bittet um Überprüfung der Diagnose des behandelnden Arztes durch den medizinischen Dienst. Auf diese Weise holt er von unabhängiger Seite eine medizinische Einschätzung ein. Dieses Verfahren ist für den Arbeitgeber kostenfrei. Bei privat versicherten Arbeitnehmern ist der medizinische Dienst dagegen nicht zuständig. Hier ist der Arbeitgeber allein auf detektivische Maßnahmen oder das Sammeln anderer Indizien beschränkt.
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