Datenmanagement | Big Data ist im Mittelstand angekommen: Laut einer IBM-Studie planen 75 % aller deutschen Unternehmen zumindest Pilot-Projekte. Dabei sind unterschiedliche Vorgehensweisen möglich – je nach Datenbestand und Zielen.
Michael Grupp Journalist in Remshalden
Unter Big Data versteht man große, zumeist unstrukturierte Datenmengen, die mit klassischen Datenbanksystemen oder Daten-Management-Tools nur unzureichend verwaltet werden können. Im Mittelstand basieren diese Daten laut einer Studie von IBM zu 88 % aus Kundentransaktionen und damit überwiegend aus dem klassischen Customer Relationship Management. Weitere Datenquellen stellen zum Beispiel Google Analytics, E-Mails oder auch Events dar. Jedes Unternehmen sammelt heute wachsende Datenmengen – typischerweise allerdings verteilt über viele Mitarbeiter und Systeme. Die Kunst von Big Data besteht darin, die richtigen Daten zu sammeln, einen zentralen Zugriff zu schaffen und die Daten dann intelligent aufzubereiten – erst die Datenveredelung eröffnet innovative Wege der Marktbearbeitung. Dazu zählen zum Beispiel die Analyse und Prognose des Kundenverhaltens, die Begleitung der eigenen Produkte über deren Lebensdauer inklusive Anschlussaufträge, sowie die Identifizierung und gezielte Ansprache von neuen Interessenten. Das Ziel von Big Data ist es, die Menschen hinter den Daten zu kennen, zu verstehen und einen Dialog zu beginnen.
Einsatzmöglichkeiten von Big Data
Big Data ist keine Einbahnstraße, sondern bietet viele Wege zum Kontakt und Verkauf. Je nach Unternehmensziel empfiehlt sich der Einstieg über einen individuell am besten geeigneten Teilbereich. Dabei ist die gesamte Informationskette vom ersten Kontakt bis zur Kundenrückgewinnung involviert:
- 1. Customer Journey: Jeder potenzielle Kunde informiert sich im Web. Entsprechende Big Data-Tools können ihn identifizieren und auf seiner weiteren Reise durchs Web begleiten und beispielsweise gezielt Banner einblenden. Gleichzeitig werden die Nutzerdaten mit Informationen über das Unternehmen angereichert und automatisch an den eigenen Vertrieb weitergeleitet.
- 2. Am Touchpoint der Firmenwebseite geht es um den Tausch von Benutzerdaten gegen Content – etwa in Form von interessanten Dokumenten und Informationen im Download-Bereich, die nur unter Angaben der E-Mail-Adresse oder weiterer Daten erhältlich sind. Wichtig ist dabei, den eigenen Content verschiedenen Kundenerwartungen anzupassen, um entsprechenden Google-Suchbegriffen nahe zu kommen. Das geht nicht nur via eigener Webseite, sondern zum Beispiel auch über eigene und fremde Blogs oder Informations-Plattformen von Dritten.
- 3. Kauft der Kunde nicht sofort, werden beim Re-Targeting automatisiert weitere Informationen nachgeschoben, um die Attraktivität des eigenen Angebotes zu erhöhen. Nach Rückmeldung kann der Kontakt an den eigenen Vertrieb weitergegeben werden. 4. Up-Selling-Marketing. Ein Kauf ist erst der Anfang einer Wertschöpfungskette. Auf der eigenen Internetseite müssen bereits sinnvolle Zusatzprodukte zum Hauptangebot gruppiert werden. Zudem werden im Zuge des Up-Selling-Marketings aktiv komplementäre Produkte und hochwertigere Alternativen angeboten – etwa durch gezielte E-Letter-Angebote oder den eigenen Außendienst.
- 5. Cross-Selling beschreibt die Ausweitung des Verkaufs über das eigentliche Produkt hinaus. Voraussetzung dafür ist die genaue Kenntnis der Kundenbedürfnisse. Dabei helfen eine Analyse des eigenen Leistungsportfolios sowie Kenntnisse über Struktur und Ausrichtung des Kunden. Unterstützend wirken Informationen des eigenen Vertriebs sowie das klassische CRM-System.
- 6. Im Zuge des Product-Life-Circle-Marketings erhält der Kunde periodisch weitere Informationen und Angebote über Verbrauchsmaterialien, Update-Angebote, Ersatz durch ein neues Modell inklusive Wirtschaftlichkeitsberechnungen oder auch Cash-Back-Angebote. Solche Verkaufsmodelle werden dann via E-Letter zum richtigen Zeitpunkt versandt.
- 7. Kundenrückgewinnungssysteme werden bislang viel zu wenig genutzt. Dabei ist ein Altkunde die denkbar beste Chance auf Neugeschäft. Man kennt sich, Kontakte und Vertrauen sind vorhanden. Hier lohnt sich die aktive Marktbearbeitung besonders.
Sicherheit und Datenschutz
Mit dem Sammeln, Auswerten und dem Gebrauch individualisierter Daten berührt Big Data auch Aspekte des Datenschutzes. Einerseits liegen die Daten moderner Software-Tools heute typischerweise in der Cloud. Christian Born von der SalesMachine GmbH, der Unternehmen auf dem Weg Richtung Big Data berät, versteht die Sicherheitsbedenken mancher Firmen. Er sagt aber auch: „Die Cloud ist die Zukunft – wer sich ausgrenzt, verliert den Anschluss. Und im Kontext jüngster Cyber-Angriffe auf Firmen stellt sich die Frage, ob Daten hinter einer Firmen-Firewall heute besser geschützt sind als in einer Sicherheits-zertifizierten Cloud. Die absolute Forderung nach Daten auf eigenen Servern entpuppt sich oft als Sturm im Wasserglas von erzkonservativen IT-lern.“
Wichtig sind laut Born auch die datenschutzrechtlichen Bestimmungen beim Datensammeln. Bei personenbezogenen Daten greift das Datenschutzgesetz, das die persönliche Einwilligung jedes Betroffenen voraussetzt. Beim Registrieren von Interessenten ist das Double-Opt-In-Verfahren rechtssicher. Dabei meldet sich der Interessent an und bestätigt dies durch Klick auf einen zugesandten Link. Allen Betroffenen ist zudem jederzeit Dateneinsicht sowie das Löschen aller gesammelten Daten zu ermöglichen.
Viel häufiger wird in Deutschland aber nicht die Sammlung von Daten sanktioniert, sondern Fehler beim Bestellen eines Datenschutzbeauftragten. Ab 20 Mitarbeitern muss jedes Unternehmen einen solchen vorweisen, der kein weisungsgebundener Mitarbeiter der IT-Abteilung sein darf. Ein unabhängiger Datenschutzbeauftragter sollte deshalb immer bei der Einführung von Big-Data-Systemen involviert werden. •
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