In Abteilungen wie Entwicklung, Finanzen, Marketing, Vertrieb oder dem Personalwesen kann durchaus (mehr) Remote Work gewagt und umgesetzt werden. Diese Unternehmensbereiche erzielen Wertschöpfung ohne zwingend in der Nähe der Produktionsstätte zu sein. Zudem unterscheidet sich die Arbeitsweise dort kaum von denen im IT-, Finanz- oder Telekommunikationssektor, in dem bereits jetzt mehr Remote Arbeit praktiziert wird. In Unternehmen, die nicht gleich alles auf eine Karte setzen wollen, lässt sich Schritt für Schritt eine Remote First-Mentalität implementieren, die aus beiden Arbeitswelten das Beste vereint. Damit ein produzierendes Unternehmen ein hybrides Arbeitsmodell erfolgreich einführen und eine Remote-first-Kultur etablieren kann, müssen zunächst ein paar Voraussetzungen geschaffen werden:
Höhere Flexibilität und Bereitschaft für Remote-first
Dass Arbeitsabläufe immer wieder adaptiert und weiterentwickelt werden, gehört zur DNA einer Organisation und ist Voraussetzung für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Unternehmen, die dies im Zuge einer Remote-first-Strategie von Anfang an berücksichtigen, so dass die Prozesse auch standortunabhängig funktionieren, werden sich auf lange Sicht Vorteile verschaffen. Unternehmen, die sich flexibler zeigen und Veränderungen der Unternehmenskultur fördern, werden mittel- und langfristig auch bei der Mitarbeiterbindung und der Rekrutierung von Talenten im Vorteil sein.
Trotz wohl durchdachter Strategien und Planungen – immer noch beruhen viele Abläufe in Unternehmen auf der Grundlage impliziter Prozesse, das heißt sie sind spontan oder erfolgen routinemäßig und automatisiert und werden nicht jedes Mal hinterfragt. Das erleichtert zwar den Arbeitsalltag. Es erschwert aber den Übergang zu einer Remote-first Kultur, weil manches vermeintlich nur im Präsenzbüro stattfinden kann. Indem bewusst reflektiert wird, welche Entscheidungen eine Büropräsenz zwingend erfordern und welche nicht, werden diese impliziten Prozesse in explizite Abläufe umgewandelt. Ein einfaches Beispiel dafür sind Meetings: Auch wenn der gelegentliche, persönliche Kontakt wichtig für den Austausch und den Zusammenhalt eines Teams ist – bei weitem nicht jede Besprechung muss in Präsenz stattfinden. Virtuelle Zusammenkünfte sind oft kürzer und effektiver. Um herauszufinden, welche Prozesse für einen erfolgreichen Remote-Modus angepasst werden müssen, empfiehlt es sich, für einen begrenzten Zeitraum das gesamte Team auf Remote-Work umzustellen. In der Regel zeigt sich dann schnell, wo die Schwierigkeiten liegen und welche Änderungen angepackt werden müssen.
Transparenz durch schriftliche Dokumentation
Was nicht dokumentiert ist, existiert nicht. Dieses Prinzip der akribischen und lückenlosen Dokumentation ist die logische Folgerung aus dem zuvor Geschilderten und zwingt Mitarbeiter dazu, sich bewusst damit auseinanderzusetzen, was und wie dokumentiert wird. Im Wissen, dass diese Dokumentationen allen zugänglich gemacht werden, tendieren Mitarbeiter dazu, diese möglichst verständlich zu verfassen. Die Dokumentationen stehen rund um die Uhr allen Mitarbeitern zur Verfügung, gewährleisten maximale Transparenz und bringen alle Beteiligten im Unternehmen auf den gleichen Wissensstand – egal ob im Homeoffice oder im Präsenzbüro. Unternehmen, die ausschließlich remote arbeiten, haben mit der Erstellung eines Handbuchs gute Erfahrungen gemacht. Darin werden alle Abläufe und Prozesse detailliert beschrieben. Das Handbuch dient als einzig gültige Informationsquelle und wird als Leitfaden und Nachschlagewerk für alle relevanten Abläufe eingesetzt und bei Bedarf laufend ergänzt und überarbeitet.
Asynchrones Arbeiten
In einem Umfeld, in dem alle Teammitglieder die Möglichkeit haben, dort zu arbeiten, wo sie sich am wohlsten fühlen, wird die Umstellung vom synchronen zum asynchrones Arbeitsmodell zu einem entscheidenden Faktor für den Erfolg einer Remote-first Implementierung. Die Arbeitsrealität zwingt viele Unternehmen heute schon dazu, auf asynchrones Arbeiten umzustellen. Überall dort, wo paralleles Arbeiten in Präsenz nicht möglich ist und stattdessen Teams über verschiedene Standorte und unterschiedliche Zeitzonen hinweg gemeinsam an Projekten arbeiten, ist asynchrones Arbeiten bereits Alltag. In einem Remote-first Unternehmen gilt es, dieses Modell zur Grundlage der gesamten Zusammenarbeit zu etablieren. Diese Denkweise ist die Antwort auf die Frage: „Wie würde ich diese Information übermitteln, diese Arbeit präsentieren oder das Projekt vorantreiben, wenn niemand sonst in meinem Team zeitgleich mit mir arbeitet?“ Damit ist die Versuchung, bequeme Wege zu gehen und beispielsweise ein Meeting einzuberufen, einfach nur um Input zu sammeln, gar nicht erst gegeben. Das Ergebnis ist mehr Effizienz sowie die Freiheit des anderen, seinen Beitrag zu einem selbstbestimmten Zeitpunkt zu leisten, ohne den Druck zu verspüren, sofort reagieren zu müssen.
Transparente Kommunikation der Remote-Vision
Veränderungen schüren bei Mitarbeitern oft Ängste. Umso wichtiger ist es, die Umstellung auf Remote-first transparent, verständlich und vollumfänglich an die Belegschaft zu kommunizieren. Zeitgleich mit der Nachricht, dass verstärkt auf eine Kombination aus Präsenz und Homeoffice gesetzt wird, sollte den Mitarbeitern auch der verbesserte Zugang zu schriftlichen Dokumentationen zugesichert werden. Die Tatsache, dass zum einen alle im Unternehmen über den gleichen Wissensstand verfügen und zum anderen Mitarbeiter im Präsenzbüro durch ihre physische Anwesenheit allein keinen Vorteil mehr haben, wird die Akzeptanz des standortunabhängigen Arbeitens erhöhen und das Leben aller erleichtern.
Im Überblick
Alle Unternehmen können bis zu einem gewissen Grad Remote-first arbeiten. Auch Fertigungsunternehmen, wenn Abteilungen auf Remote-first umstellen.