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Normen bald kostenfrei verfügbar?

Normung: VDMA-Positionspapier zur finanzierung
Normen bald kostenfrei verfügbar?

An einer funktionsfähigen Normung ist allen gelegen. Ein Positionspapier des VDMA befasst sich mit einer künftigen Finanzierung der Normung. Diese soll von Verkaufserlösen der Normen unabhängiger werden.

Normen sind das Ergebnis der Gemeinschaftsarbeit verschiedener Akteure des Wirtschaftslebens. Ihre Entwicklung und Anwendung ist mit erheblichen Mühen und Kosten verbunden. Kosten verursacht nicht nur die Mitarbeit bei der Erstellung von Normen, auch ihr Bezug kostet Geld. Im Gegenzug tragen technische Vorschriften zum Schutz von Gesundheit und Umwelt sowie zur Sicherheit bei und sie helfen, Handelshürden abzubauen und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Normen gelten auch in Brüssel als wichtiges Element, um europäische Unternehmen zu stärken und zu schützen. Ginge es nach der EU-Kommission, müssten besonders kleine und mittlere Unternehmen Normungsdokumente günstiger, möglichst sogar kostenfrei erhalten. Der VDMA hat dazu ein Positionspapier erstellt, „um über mögliche Veränderungen insbesondere der Finanzierung des Gesamtsystems nachzudenken“. Damit könne frühzeitig gegengesteuert und, falls erforderlich, Veränderungsprozesse langfristig angestoßen werden. Zu bedenken geben die Branchenvertreter jedoch, dass sich die Diskussion über den Zugang zu Normen auch direkt wirtschaftlich auswirke, da die Einnahmen aus dem Verkauf die Normungsarbeit erheblich finanzieren würden. Schließlich finanziert die Wirtschaft, und nicht der Staat, die Standardisierungsorganisationen DIN, CEN, ISO & Co. Der VDMA beispielsweise mit dem Normenausschuss Maschinenbau (NAM) im Deutschen Institut für Normung e.V.
Es gibt jedoch auch Ausnahmen: So verteilt etwa die US-amerikanische Industrial Truck Standards Development Foundation (ITSDF) Normen kostenfrei – vor allem in Schwellenländern –, um neue Märkte schneller erschließen zu können.
Dass es mit Blick auf kleine und mittlere Unternehmen Handlungsbedarf bei der alternativen Finanzierung gibt, ist unbestritten. Vor allem kleinere Firmen können sich die Mitwirkung bei der Normenarbeit nur schwer leisten, die Information und der Zugang zu den sie betreffenden Normen sind für sie deutlich schwieriger als für größere Unternehmen. Deshalb fordert der VDMA für den Mittelstand eine „hohe Verfügbarkeit der Normungsergebnisse“. KMU müssten die Möglichkeit erhalten, sich schnell und zu akzeptablen Kosten über die Ergebnisse der Normung zu informieren, um diese bei der Entwicklung und Vermarktung ihrer Produkte und Dienstleistungen einsetzen zu können.
Der VDMA empfiehlt daher, folgende Grundsätze zu beachten:
  • Einfachste Zugangsvoraussetzung: Der Zugang zu Normungsdokumenten muss für die interessierten Kreise sowohl von der administrativen als auch von der Kostenseite so einfach wie möglich gestaltet werden. Insbesondere für Personenkreise in Schwellenländern ist der einfache Zugang zu Normen im Bereich Sicherheit- und Gesundheitsschutz, Umwelt und Arbeitsschutz eine wichtige Voraussetzung.
  • Aktive Verbreitung: Normungsdokumente müssen zum Erzielen ihrer beabsichtigten Wirkung allen Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette zugänglich gemacht werden.
  • Intensive Nutzung aller Medien: Der Zugang zu Normungsdokumenten muss durch Ausnutzung aller modernen zur Verfügung stehenden Medien ermöglicht werden.
  • Geringe Kostenbelastung: Die inzwischen in Gang gekommene konstruktive Diskussion um die Normungsfinanzierung muss sich darauf konzentrieren, die Abhängigkeit dieser Finanzierung von den Verkaufserlösen zu reduzieren. In diesem Sinne müssen auch alle Möglichkeiten für einen kostenfreien Normungszugang ausgelotet werden.
Das Positionspapier des VDMA kann als ein wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigen Finanzierung der deutschen Normungsarbeit gewertet werden. Der darin unterbreitete Vorschlag basiert auf der aktuellen Finanzierungsstruktur des NAM. Um die anfallenden Kosten zu decken, könnte zum Beispiel der DIN-eigene Beuth-Verlag, der die Normendokumente vertreibt, neue Mehrwertprodukte entwickeln. Zugleich sieht der Verband dort die öffentliche Hand zur Kostendeckung in der Pflicht, wo es um die staatsentlastende Normung geht. Wo es „um die Sicherung von übergeordneten nationalen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen handelt, wäre eine direkte Finanzierung durch die öffentliche Hand (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie) zu rechtfertigen“, heißt es in dem Papier.
Dass der Vorschlag über eine mögliche Beteiligung des Staates an der Normung unterschiedliche Reaktionen auslösen wird, liegt auf der Hand. Branchenvertreter wie Roland Bent, Geschäftsführer der Phoenix Contact GmbH aus Blomberg und ZVEI-Vorstandsmitglied, geben zu bedenken, dass die staatliche Normung bei vielen Betroffenen keinesfalls Begeisterungsstürme auslösen würde.
Mit einer Finanzierung durch die öffentliche Hand hält es Bent „für unvermeidlich, dass diese Hand versuchen wird, auch steuernd in die Normung einzugreifen“. Das wäre für ihn jedoch ein Angriff auf das Prinzip, dass die Normung in Selbstverwaltung der Wirtschaft betrieben werden soll. Von allen beteiligten Kreisen sei die Industrie am meisten auf die Normung angewiesen und von ihr betroffen. Daher sei es verständlich, dass die Unternehmen einen Großteil der Normung finanzieren würden und es sei legitim, dass sie die Normung entscheidend mitgestalteten.
Laut Bent könne nur so gewährleistet werden, dass „die Normung nicht zum alleinigen Instrument staatlicher Regulierung wird, sondern dass sie die tatsächlichen Bedürfnisse der Märkte abbildet“. Der Ruf nach kostenfreiem Normenzugang könne und dürfe daher nicht erfolgen, mahnt Roland Bent, ohne die Frage einer Form der Finanzierung der Normungsarbeit, die ihre Unabhängigkeit auch künftig gewährleistet, zu beantworten.
Kosten sind für Mittelstand Anwendungshindernis
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