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Nur nicht instrumentalisieren lassen

Erfolgreiche Verhandlungen im Technikalltag
Nur nicht instrumentalisieren lassen

Der Ingenieur gilt als ehrliche Haut. Doch im Ein- und Verkauf geht es oftmals darum, Informationen sinnvoll zu platzieren und nicht immer das Herz auf der Zunge zu tragen. Ein offener Entwickler hat schon so manche Preisverhandlung erschwert, weil er etwa verlauten ließ, dass die Produkte des Wettbewerbs qualitätsgleich seien. Mit einer klar definierten Verhandlungsstrategie lassen sich derartige Fehler vermeiden.

Friedhelm Otto (Name geändert) ist Entwicklungsingenieur beim Autobauer Opel in Rüsselsheim, im internationalen technischen Entwicklungszentrum (ITEZ) der General Motors Tochter. Der 45-Jährige ist seit zwei Jahren für Neuentwicklungen im Bereich Getriebe zuständig. Das hochmoderne und frisch mit Ingenieurs-Nachwuchs bestückte Zentrum soll Innovationen für den gesamten Konzern abwerfen. Die Kollegen aus dem technischen Vertrieb verkaufen die Konstruktionen unter anderem an eine Schwestergesellschaft aus dem GM-Konzern. Sehr wichtig sei es deshalb für Otto und andere Entwickler, nicht nur an der Technik beteiligt zu sein, sondern den Fortgang des Gesamtprojekts mit zu verfolgen.

„Ingenieure arbeiten oft gerne in Details und vollbringen hier Höchstleistungen. Sie vergessen aber immer wieder die strategische und wirtschaftliche Komponente“, sagt Verhandlungstrainer Frieder Gamm, der es häufig mit dem technischen Vertrieb oder dem operativen Einkauf bei internationalen Kunden zu tun hat. Seine Verhandlungserfahrung bezieht der Schwabe aus zehn Jahren Tätigkeit im Einkauf der Porsche AG. Wichtig sei es bei Verhandlungen immer auf der Metaebene des zu verhandelnden Projekts zu bleiben. „Auch wenn der Entwickler eigentlich bis zur Nase in seiner Innovation steckt, also auf der Mikroebene, sollte er immer wieder einen Schritt zurückgehen und sich das gesamte Projekt veranschaulichen.“
Denn das Verharren auf der Mikroebene sei im Verhandlungsalltag einer der gängigsten Fehler. „Immer wieder erlebe ich, dass bei Preisverhandlungen die Technik mit am Tisch sitzt“, sagt Gamm. Umso wichtiger sei es, dass sich der Entwickler mit den Folgen seiner Aussagen für das Gesamtprojekt auseinander setzt. „In einer von mir betreuten Verhandlung fragte der Vertriebler den Einkäufer der Gegenseite, ob es denn ein Budget für diesen Auftrag gebe“, erzählt der Verhandlungstrainer, „und der mit am Tisch sitzende Ingenieur platzte mit der Zahl heraus.“ Gerade eine so wichtige Information wie das zur Verfügung stehende Budget hätte ein erfahrener Verhandler niemals preisgegeben. „Dem Techniker war in diesem Moment die Ehrlichkeit wichtiger, als die Investition zu einem guten Preis zu bekommen. Er hat sich schlichtweg instrumentalisieren lassen“, weiß Gamm.
Auch Friedhelm Otto wird als Experte immer wieder an den Verhandlungstisch gebeten. Allerdings werde dann im Vorfeld eine Verhandlungsstrategie abgesprochen, erzählt der Rüsselsheimer. Überhaupt, so bekräftigt auch Verhandlungsexperte Gamm, ist eine kluge Vorbereitung der beste Start in eine erfolgreiche Verhandlung. Denn je mehr Informationen über den Einkäufer, seine Person, seine Firma und den Markt vorliegen, desto besser kann ein Verkäufer für die eigenen Preise einstehen. „Oder eben nachgeben bei Dingen, die dem Käufer wichtig sind, für den Autobauer aber ein Klacks“, erläutert Gamm. Im Vorfeld eines wichtigen Gesprächs ist es von Vorteil ein Minmal- und ein Maximalziel zu definieren. Einen Mindestpreis beispielsweise, zu dem ein neues Getriebe verkauft werden muss, um kostendeckend zu arbeiten. Und ein maximales Ergebnis, das neben dem höchsten erzielbaren Preis auch andere Faktoren wie eine rasche Order oder eine garantierte Abnahmemenge beinhalten kann. „Ein Verhandler braucht außerdem ein Worst Case-Szenario. Den Plan B, der greift, wenn das Minimalziel nicht erreicht wird“, sagt Gamm.
Infokasten
Tipps für die erfolgreiche Verhandlung
  • Informationen sammeln über den Verhandlungspartner, die Firma, die Auftragslage, den Markt. Fachpresse und Soziale Medien helfen.
  • Minimal- und Maximalziel festlegen. Das Worst-Case-Szenario greift, wenn sonst nichts geht.
  • Ein Projekt immer auf der Metaebene betrachten. Die Probleme sind auf der Mikroebene größer.
  • An der Verhandlung Beteiligte briefen oder schulen. Sich nicht instrumentalisieren lassen und dafür sorgen, dass es auch andere nicht tun.
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