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Personalmanagement: Erfolgreiche Mitarbeiterbindung

Personalmanagement
Erfolgreiche Mitarbeiterbindung

In Zeiten des Fachkräftemangels tun Unternehmen viel, um qualifiziertes Personal zu gewinnen – aber wenig, um es zu halten. Eine erfolgreiche Mitarbeiterbindung ist ein Prozess, den es aktiv zu gestalten gilt.

Petra Barsch
Karriereberaterin in Berlin

Wir stellen uns vor: Robert Nauberg tritt seinen ersten Arbeitstag als Finanzleiter bei einem IT-Dienstleistungsunternehmen an. Die Sekretärin begrüßt ihn mit der Aussage, dass sein künftiger Chef für die nächsten zwei Wochen im Urlaub ist. Auch sein Arbeitsplatz müsse noch eingerichtet werden. „Setzen Sie sich doch erst einmal an den Praktikantenschreibtisch in meinem Nebenzimmer. Da finden Sie allgemeine Unterlagen zum Unternehmen, mit denen Sie sich ja schon mal ein bisschen vertraut machen können.“

Nauberg ist leider kein Einzelfall. Unternehmen stecken ihre Anstrengungen meist lieber in die Personalbeschaffung. Wenn dann doch Bindungsmaßnahmen Einzug halten, werden diese oftmals unstrukturiert und nicht als ganzes System eingeführt. Grund hierfür: In vielen Unternehmen herrscht – auch in Zeiten des Fachkräftemangels – die Denkweise vor, dass mehr von den Bedürfnissen des Unternehmens auszugehen ist als von den Bedürfnissen der qualifizierten Mitarbeiter. Umso mehr verwundert es, dass die Anstrengungen, den mühsam gefundenen Mitarbeiter ans Unternehmen zu binden, vernachlässigt werden. Gerade Konzerne sind hinterher, weil sie mit unter glauben genügend Bewerbungen zubekommen oder davon ausgehen, dass der Kelch des Fachkräftemangels an ihnen vorbeigehen wird.

Fehler in der Onboardingphase

Vor allem in der ersten Phase der Beschäftigung machen Unternehmen viele Fehler. Das geht aus der Studie „Candidate Journey“ von stellenanzeigen.de und der Meta HR Unternehmensberatung hervor. Demnach hegten 44 % der Neueingestellten nach wenigen Monaten an ihrem Arbeitsplatz bereits die Absicht, wieder zu wechseln. Und noch einmal 32 % waren zumindest offen für neue Angebote. Schlechte Erfahrungen machen Arbeitnehmer nicht nur damit, dass ihnen in den ersten Wochen bei der Einarbeitung keiner zur Seite steht. Als enttäuschend erleben Neueingestellte auch, dass es oft keinen Einarbeitungsplan und keinerlei Gespräche mit Führungskräften über Erwartungen und Ziele gibt. Hinzu kommt: Viele empfinden es als frustrierend, wenn sie im Unklaren über ihre weitere Entwicklung im Unternehmen gelassen werden und erst gegen Ende der Probezeit erfahren, ob sie übernommen werden oder nicht.

Wenn neun von zehn der New Hires in der Bewerbungs- und Onboardingphase schlechte Erfahrungen machen, wie aus der Studie hervorgeht, ist das ein sehr bedenkliches Zeugnis für Arbeitgeber. Die Versäumnisse wiegen umso schwerer, da gerade die ersten Erfahrungen die Grundlage für eine langfristige Bindung zum Unternehmen bilden. Oftmals wird im Bewerbungsprozess zwar nach der fachlichen Eignung geschaut, aber nach der Einstellung wenig darauf geachtet, dass sich der Neue fachlich entfalten kann, unter anderem auch weil die Aufgaben nicht zum jeweiligen Erfahrungshintergrund passen. Wenn dann zusätzlich kein fester Ansprechpartner zur Verfügung steht und versprochene Entwicklungsoptionen nicht erfüllt werden, sehen sich begehrte Fachkräfte schnell wieder nach einem neuen Arbeitgeber um. Eine weitere Folge: Über soziale Medien und Bewertungsportale wie Kununu.de zieht eine negative Employer Experience schnell ihre Kreise.

Eingliederung erleichtern

Home Office, Tischkicker und weitere Angebote und Vergünstigungen sind zwar nett, aber ersetzen nicht regelmäßige Gespräche mit dem Vorgesetzten mit einer Rückmeldung zu Leistung und Entwicklungsperspektiven. Statt Angebote nach dem Gießkannenprinzip sollte eher zielgruppenspezifisch geschaut werden, was die Erwartungen des jeweiligen Mitarbeiters sind und was er tatsächlich braucht: Handelt es sich zum Beispiel um einen Projektmitarbeiter, ist die schnelle Übernahme interessanter Projekte, das eigenverantwortliche, flexible Arbeiten und die themen- und abteilungsübergreifende Vernetzung wahrscheinlich wichtiger als Home Office oder der kostenlose Parkplatz.

Wichtig für viele neue Mitarbeiter ist außerdem die Frage: Wie passe ich in die neue Arbeitskultur hinein? Hat der Neuzugang zum Beispiel von einem Konzern in ein mittelständisches Unternehmen gewechselt, fallen die veränderten Arbeits- und Kommunikationsstrukturen mitunter schwer. Sinnvoll ist es hier, gemeinsam mit dem Mitarbeiter einen maßgeschneiderten Einarbeitungsplan zu erstellen, der unter anderem Aufgaben und Weiterbildungsmöglichkeiten beinhaltet. Hilfreich ist außerdem, dem Neuen einen Mentor als Ansprechpartner für Fragen und Probleme zur Seite zu stellen, der dabei unterstützt, wichtige Kunden kennenzulernen und intern ein informelles Netzwerk aufzubauen. Als Kenner des Unternehmens kann er dem Neuen Wissenswertes vermitteln und dadurch die kulturelle Passung erleichtern. Auch Willkommenstage können hilfreich sein, bei denen sich Abteilungsleiter aus den Stabsstellen Personal, IT oder Recht und weitere Schlüsselpersonen mit ihren Projekten und Produkten vorstellen. Gerade für Mitarbeiter in Schnittstellenpositionen sind die interne Vernetzung und das Verständnis, wie die eigene Arbeitsleistung die Leistungen anderer Abteilungen ergänzt, bedeutsam und sinnstiftend. Denkbar ist daher auch, den Neuen verschiedene Stationen im Unternehmen durchlaufen zu lassen.

Offene Gespräche als Basis für Vertrauen

Wichtig sind ebenfalls Probezeit- und Feedbackgespräche, um gegenseitige Erwartungen abzugleichen und zusätzlich Gelegenheit zu geben, Sorgen oder Wünsche anzusprechen. Nur so entsteht Vertrauen als entscheidende Grundlage für die Mitarbeiterbindung. Der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung beginnt bereits am Anfang der Employee Journey, nämlich bei der Stellenanzeige. Nicht mit glanzvollen Floskeln wie „wir geben ihnen viel Gestaltungsfreiraum…“ sollten Arbeitgeber beeindrucken, sondern mit Transparenz und Ehrlichkeit – denn diese Tugenden stehen gerade bei jüngeren Bewerbern hoch im Kurs. Es kommt dabei vor allem darauf an, die Erwartungen des Bewerbers nicht zu enttäuschen. Insbesondere dann, wenn Change-Prozesse im Unternehmen anstehen, sollten diese bereits im Bewerbungsgespräch ehrlich kommuniziert werden. Im Zuge dessen sollten sie vermitteln, dass der Prozess durch regelmäßige Gespräche begleitet wird.

Der transparente Umgang und das Eingehen auf die Bedürfnisse des Mitarbeiters tragen dazu bei, dass sie ihre Arbeit mit hohem Engagement vollbringen, statt nur Dienst nach Vorschrift zu machen. Macht der Mitarbeiter auch nach der Onboardingphase gute und stimmige Erfahrungen mit seinem Arbeitgeber, empfiehlt er ihn an andere weiter. Auf diese Weise wirkt Employer Branding erst nach innen und strahlt dann wirkungsvoll nach außen. In der Folge müssen sich Unternehmen über teure Fluktuation deutlich weniger Sorgen machen. Denn Mitarbeiter, die sich gesehen, geschätzt und als Teil der Unternehmenskultur fühlen, bleiben gerne.


Basics für das erfolgreiche Onboarding

Entscheidend sind die ersten Wochen im neuen Job. Führungskräfte sollten dafür sorgen, dass sich Mitarbeiter gut aufgenommen fühlen. Acht wichtige Basics hierfür:

  • Bereiten Sie sich auf ihren neuen Mitarbeiter vor und richten sie den Arbeitsplatz ein (PC und Internetzugang, Visitenkarten).
  • Begrüßen Sie den Mitarbeiter persönlich und stellen Sie ihm das Team vor.
  • Führen Sie ein Orientierungsgespräch und besprechen Sie den Einarbeitungsplan.
  • Benennen Sie einen Mentor, der den neuen Mitarbeiter beim Beziehungsaufbau zu wichtigen Ansprechpartnern und Kollegen im Unternehmen unterstützt.
  • Stellen Sie eine planvolle Einarbeitung sicher: Was muss der Neue lernen, ab wann kann er selbstständig Aufgaben übernehmen? Wie ist sein Wissensstand und was muss durch Schulungen eventuell noch komplettiert werden?
  • Lassen Sie dem neuen Mitarbeiter Zeit, sich einzuarbeiten und erwarten Sie nicht, dass er sofort „funktioniert“. Vermeiden Sie in dieser Phase Überforderung.
  • Besonders in der ersten Phase gilt es, die Erwartungen (z.B. Entscheidungskompetenzen, Gestaltungsspielräume) zu erfüllen, die im Vorstellungsgespräch gemacht wurden.
  • Seien Sie transparent und ehrlich und leben Sie Employer Branding vor.

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