Eine ausschließlich deutsche Belegschaft ist bei deutschen Unternehmen mittlerweile die Ausnahme, wie eine aktuelle Studie des KfW-Mittelstandspanels zeigt: Insgesamt haben 73 % der mittelständischen Arbeitgeber ausländische Beschäftigte. Der Großteil davon kommt aus EU-Staaten. Wie gelingt die Integration?
Eine Arbeitsstelle in einem anderen Land ist ein Schritt ins Unbekannte: mit neuen Kollegen und Aufgaben, mit einer möglicherweise fremden Sprache und ungewohnten Umgangsformen. Natürlich soll der neue Mitarbeiter so schnell wie möglich voll mitarbeiten und seine Aufgaben selbstständig erfüllen. Dies gelingt umso besser, je stärker er sich auf seine Arbeit konzentrieren kann. Dazu gehört Unterstützung in Alltagsfragen und bei bürokratischen Hürden – und dass Heimweh oder Einsamkeit gar nicht erst aufkommen können.
Am Arbeitsplatz
Wie sieht diese Unterstützung konkret aus? Am Anfang steht die Wohnungssuche. Im besten Fall stellt das Unternehmen eine Unterkunft für die ersten Wochen bereit. Von dort aus kann sich der neue Kollege in Ruhe nach einer dauerhaften Bleibe umschauen. Im nächsten Schritt folgen Behördengänge und andere Formalitäten wie zum Beispiel die Anmeldung oder die Eröffnung eines Bankkontos. Es hilft, hier eine Anleitung zu geben – oder besser noch, diese Dinge gemeinsam anzugehen. Dabei bietet es sich an, neuen internationalen Mitarbeitern einen festen Ansprechpartner zur Seite zu stellen, der die gesamte Einarbeitungs- oder Eingewöhnungsphase begleitet.
„Zu wissen, dass man mit seinen Sorgen und Problemen nicht alleine dasteht, ist der erste Schritt, um sich an einem neuen Ort zuhause zu fühlen“, beschreibt Dr. Carsten Klein, Vorsitzender der Geschäftsführung der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV), die Erfahrungen seiner Organisation. Seit 2012 vermittelt die internationale Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit Fachkräfte aus dem Ausland. Eine Bilanz: Mitarbeiter aus dem Ausland einzustellen fordert von den Betrieben ein erhöhtes Engagement. Dies kann sich jedoch auszahlen – durch die Besetzung ansonsten vakanter Schlüsselpositionen, durch neue Impulse und andere Sichtweisen. Dazu kommen erweiterte Kenntnisse über Land und Menschen, die bei der Erschließung neuer Märkte helfen können.
Zu einer gelungenen beruflichen Integration gehört auch, dass neue Mitarbeiter sensibel an die bestehenden Arbeitsprozesse, Hierarchien und das soziale Miteinander herangeführt werden. Das gilt umso mehr, wenn sie aus anderen Kulturkreisen kommen. Aber auch die eigenen Mitarbeiter müssen entsprechend sensibilisiert werden, um Missverständnisse und Berührungsängste von Anfang an zu vermeiden. Willkommenskultur heißt nicht nur, dass der neue Kollege an seinem ersten Tag von der Geschäftsführung begrüßt wird. Sie muss von allen Mitarbeitern gelebt werden. Das kann nicht von oben verordnet werden, sondern muss aus persönlichem Antrieb geschehen. Das Unternehmen kann jedoch Rahmenbedingungen schaffen, welche diesen Prozess begünstigen. Fühlt sich der Mitarbeiter willkommen, auch bei Fragen und Problemen an seine Kollegen heranzutreten, wird der Einstieg in reibungslose Arbeitsprozesse leichter gelingen.
In der Freizeit
Wer keinen Anschluss findet und abends oder am Wochenende alleine ist, wird möglicherweise nicht lange bleiben. Unternehmen in Großstädten haben es leichter, ihren ausländischen Fachkräften etwas zu bieten. In der Regel gibt es dort internationale Communities, Kulturvereine und fremdsprachige Angebote. Aber auch auf dem flachen Land muss es neuen Mitarbeitern nicht langweilig werden. Hier ist eigenes Engagement gefragt – vielleicht zusammen mit benachbarten Unternehmen, die vor derselben Situation stehen. Sinnvoll sind auch Sprachtandems mit eingesessenen Kollegen, die eine neue Sprache lernen oder eine andere Kultur kennenlernen möchten. Generell sollten Unternehmen den sozialen Aspekt nicht unterschätzen. Deshalb sollten sie regelmäßig bei dem neuen Mitarbeiter nachfragen, ob er sich wohlfühlt oder ob außerhalb der Arbeit irgendwo der Schuh drückt. Das kann als effizientes Frühwarnsystem dienen.
Auch eine regionale Vernetzung der internationalen Mitarbeiter kann sinnvoll sein. „Wir haben die Beobachtung gemacht, dass Integration besonders dort gut gelingt, wo sich mehrere Fachkräfte aus dem Ausland gegenseitig unterstützen und ihre Erfahrungen austauschen“, berichtet Dr. Carsten Klein. „Gleichzeitig lernen die beteiligten Unternehmen voneinander und es muss nicht jeder das Rad neu erfinden.“ Regionale Verbände wie IHK und Handwerkskammern bieten einen guten institutionellen Rahmen für eine solche Vernetzung.
Darüber hinaus unterstützt eine wachsende Zahl an lokalen und regionalen Welcome Centern alle Beteiligten. Im Virtuellen Welcome Center der ZAV können sich Bewerberinnen und Bewerber schon im Heimatland über freie Stellen sowie die Lebens- und Arbeitsbedingungen in Deutschland informieren. Denn, so Dr. Carsten Klein: „Eine gründliche Vorbereitung auf allen Seiten erhöht die Wahrscheinlichkeit deutlich, dass die Einstellung eines ausländischen Mitarbeiters zur Erfolgsgeschichte wird.“
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„Make it in Germany“ bietet Informationen für internationale Arbeitsuchende und Unternehmen: http://www.make-it-in-germany.com