Die Unsicherheit, die sich zunächst in Verbindung mit einer unbefriedigenden Tätigkeit oder innerhalb einer schlechten Unternehmenskultur eingestellt hatte, ist weitgehend verschwunden. Mitarbeiter haben intensiv darüber nachgedacht, was ihnen Arbeit bedeutet, was es heißt, Wertschätzung zu erfahren und wie sie Werte schaffen wollen für eine Zukunft, die herausfordernder nicht sein kann. Viele Arbeitnehmer resignieren, weil sie keine berufliche Perspektive in ihrem aktuellen Job sehen und nutzen den wirtschaftlichen Aufschwung für einen Wechsel.
Kurzum – auf Unternehmen rollt aktuell eine Kündigungswelle zu. Die „große Resignation“ – (The Great Resignation) ein Begriff, den der Organisationspsychologe und Professor für Management Anthony Klotz geprägt hat – ist in den Unternehmen angekommen. Wie konnte es dazu kommen und was können Organisationen tun, um verbleibende Talente zu halten und damit die Auswirkungen einer möglichen Fluktuation zu verringern?
Resignierte und frustrierte Mitarbeiter
Da ist zum einen der große Rückstau an Arbeitnehmern, die schon längerem den Wunsch nach einem Wechsel hatten, diesen aber aus Sicherheitsgründen während der Pandemie nicht verwirklicht haben. Laut einer Studie von Personio unter 2000 Arbeitnehmern und 500 HR-Managern in Deutschland, Österreich und Schweiz planen 45 % der Arbeitnehmer in den nächsten Monaten einen Jobwechsel. Das derzeitige Angebot spricht durchaus für dieses Vorhaben: 58 % der Unternehmen wollen innerhalb des nächsten Jahres neue Mitarbeiter einstellen. Diese Entwicklung ist weltweit zu beobachten, denn auch Microsoft kommt im Rahmen einer globalen Umfrage unter 160.000 Teilnehmern zu ähnlichen Ergebnissen: 41 % der Arbeitnehmer planen, ihren derzeitigen Arbeitgeber innerhalb des nächsten Jahres zu verlassen, wobei 46 % von ihnen einen Karriereschritt planen. Arbeitgeber dürfen demnach nicht erwarten, dass die Kündigungswelle in nächster Zeit abebbt.
Wie können Talente gehalten werden?
Die Meinung derer, die bereits auf dem Absprung sind oder gekündigt haben, lässt sich nicht mehr ändern. Umso mehr sollte das Augenmerk auf jenen Mitarbeitern liegen, die aktuell im Unternehmen sind. Hier gilt es, die Erfahrungen der Belegschaft nach Möglichkeit zu verbessern, um eventuellen Wechselgedanken entgegenzuwirken. Hier kommen einige Tipps, wie Unternehmen die Employee Experience ihrer Mitarbeiter besser gestalten können:
- Mitarbeiterumfrage liefert Hinweise für sinnvolle Maßnahmen: Eine bessere Employee Experience beginnt mit einem Grundverständnis für die Mitarbeiter. Mit regelmäßigen Befragungen werden wichtige Erkenntnisse darüber erlangt, wo der Schuh drückt und was Mitarbeiter dazu bewegtt, das Unternehmen zu verlassen. Auch wenn damit nicht jeder gehalten werden kann, – Mitarbeiterfeedback ist ein wichtiger Barometer für die Stimmung im Unternehmen, denn es liefert eine datenbasierte Grundlage, um konkrete Gründe für Unzufriedenheit und Resignation zu analysieren. Die Erkenntnisse aus diesen Befragungen fließen anschließend in einen Maßnahmenkatalog. Dieser sollte sich auf Bereiche fokussieren, die das Potenzial für die größte Wirkung im Unternehmen haben. Derzeit dürfte das in vielen Organisationen der Bereich der flexiblen Arbeitsmodelle und Homeoffice-Regelungen sein.
- Flexible Arbeitsmöglichkeiten: Standortunabhängige Arbeit funktioniert – das hat die Pandemie bewiesen. Daher halten es viele Mitarbeiter für angemessen, zumindest zeitweise von zu Hause aus arbeiten zu können. Einer neueren Studie von Ernst & Young zufolge wünschen sich 80 % der Mitarbeiter eine vollkommene Flexibilisierung der Arbeitszeit. Haben die Mitarbeiter das Gefühl, dass ihre Wünsche und Meinungen dazu nicht gehört werden, dann steigt auch die Wahrscheinlichkeit einer Fluktuation – insbesondere dann, wenn es kaum Argumente für eine vollständige Rückkehr zum Präsenzbüro gibt.
- Gruppendynamik von Teams berücksichtigen: Die Vermischung von Mitarbeitern, die im Präsenzbüro arbeiten und jenen, die im Homeoffice arbeiten, bringt eine Gruppendynamik in Gang, die leicht zu einer „Wir-gegen-Sie“-Kultur führen kann. Deshalb sind entsprechende Anpassungen in hybriden Arbeitsumgebungen notwendig, damit sich eine positive Teamdynamik einstellt und etabliert. Es muss sichergestellt werden, dass sich auch die Remote-Mitarbeiter weiterhin mit allen Kollegen und dem gesamten Unternehmen verbunden fühlen. Führungskräfte müssen dies konkret ansprechen, um hybride Arbeitsmodelle erfolgreich umzusetzen.
- Klare Kommunikation zur Rückkehr an den Arbeitsplatz: Wenn Unternehmen diesbezüglich ihre Pläne und Erwartungen nicht klar kommunizieren, kann auch dies zur Kündigung führen. Laut einer McKinsey-Umfrage hatten Mitarbeiter das Gefühl, nicht ausreichend über die Pläne ihrer Arbeitgeber für die Zeit nach der Pandemie informiert zu werden. Nur die allgemeine Absicht zu bekunden, in Zukunft hybride, virtuelle Arbeitsformen einzuführen reicht nicht aus. Mitarbeiter wünschen konkrete Aussagen über Leitlinien, Erwartungen und Vorgehensweisen. Der Mangel an Klarheit, den andere Unternehmen in diesem Punkt bieten, kann Arbeitnehmer dazu bringen, Unsicherheit gegen mehr Verbindlichkeit in Bezug auf künftige Arbeitsmodelle einzutauschen.
- Mitarbeiterentwicklung als oberste Priorität: Um dem Gefühl vieler Mitarbeiter entgegenzuwirken, beruflich auf der Stelle zu treten und gleichzeitig jenen entgegenzukommen, die neugierig auf neue Herausforderungen sind, müssen proaktiv Möglichkeiten für die Weiterentwicklung der Mitarbeiter angeboten werden.