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Produktivität: Raus aus der Technologiefalle

Mittel gegen sinkende Produktivitätsrate
Raus aus der Technologiefalle

Die OECD beobachtet seit Jahrzehnten, dass Wachstums- und Produktivitätsraten sinken. Gerade in Zeiten der Digitalisierung ist dieses Phänomen paradox. Woran es liegen könnte und wie ein Unternehmen der Technologiefalle entkommt.

Siegfried Lettmann
Executive Interim Manager und Geschäftsführer, Slim Management GmbH, Salzburg
Peter Kuhle
Interim Manager und Berater, Bad Honnef

Von 5 bis 6 % zu Beginn der 70er-Jahre ist das (weltweite) Produktivitätswachstum (OECD) bis 2019 auf unter 1 % geschrumpft. Meinungen zu der Frage, warum das so ist, gibt es einige: Verlagerungseffekte auf weniger produktive Wirtschaftszweige, das Erreichen eines weltwirtschaftlichen Balance-Zustands oder auch schlicht fehlerhafte Messungen. Wieder andere erklären, man müsse eben geduldig sein. Der Aufschwung durch Digitalisierung komme dann schon. In zehn, vielleicht 15 Jahren. Viele dieser Erklärungsansätze sind für die Unternehmen aber wenig beruhigend. In die öffentliche Aufmerksamkeit ist dieses Thema gerückt, als Ende 2018 das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung und das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) erklärten, dass die Digitalisierung speziell im deutschen Maschinenbau die Produktivität zwischenzeitlich sogar gesenkt habe.

Denn Fakt ist: Durch die Digitalisierung sollten wir eigentlich wesentlich produktiver sein als früher – scheinbar ist dem nicht so. Es gibt aber auch eine andere Seite: OECD-Zahlen zeigen, dass etwa die Finanzkrise von 2007/2008 die Masse der Unternehmen sozusagen aufgesplittet hat: in die, denen die Krise einen massiven Dämpfer versetzt hat, und in jene, die in relativ kurzer Zeit wieder gutes Wachstum aufwiesen. Die individuelle Entwicklung liegt also nicht nur an der Konjunktur, sondern auch am Verhalten der Unternehmen. Ist diese Erkenntnis auf das Produktivitäts-Paradoxon übertragbar?

Brotlose Digitalisierung

Zuerst steht hier die Frage der Investitionen und ihrer wirtschaftlichen Folgen im Raum. Kurz gesagt: Viele Industrieunternehmen bedenken zu wenig, was Digitalisierung ihnen und ihren Kunden konkret bringt, und wie sie daran verdienen wollen. Man fokussiert zu sehr die Technik. Die interne Vernetzung etwa ist zwar speziell bei Routineaufgaben wertvoll, im Prinzip aber eine Investition, die den Kunden keine neuen Kaufanreize schafft. Folglich rentieren sich diese Eingriffe sehr langsam – und noch langsamer durch die dadurch oft ansteigende, interne Komplexität.

Das schafft keine komparativen Konkurrenzvorteile – aber genau da muss die Digitalisierung ansetzen, soll sie eine markteffektive Wirkung erzielen. Kunden findet man nach wie vor mit dem besten Wertangebot. Und dieses wird zu oft vernachlässigt. Das liegt auch an der recht produktorientierten Sichtweise der deutschen Industrie. Ein zu großes Augenmerk gilt dem Produkt und seiner Herstellung – und zu wenig Beachtung findet, dass es letztlich Teil einer „Gesamtleistung“ ist, zu der mehr gehört als nur das Produkt selbst. Vor allem in Umfeldern vergleichbarer Produkte ist es dieses „Mehr“, das letztlich auch für mehr Ertrag sorgen würde.

OECD-Analyse: Was also macht produktiv?

Auch die OECD selbst hat den „heiligen Gral“ gesucht, wie man dort den Zusammenhang von Digitalisierung und Produktivität nennt. Wie schon bei der vergangenen Finanzkrise zeigte die OECD auch hier, dass es eine große Kluft zwischen den Unternehmen gibt. Digitalisierung senkt demnach die Produktivitätsrate nicht grundsätzlich – sie tut es nur bei sehr vielen Unternehmen.

Von den Firmen, die durch Digitalisierung sehr wohl wesentlich produktiver geworden sind, lässt sich einiges lernen. Die OECD zeigt: Erfolgreich digitalisierte Unternehmen haben als wichtigsten Produktivitätsfaktor ein effektives CRM, betreiben also eine konsequente Ausrichtung auf ihre Kunden – das gilt speziell für produzierende Unternehmen. Und die wichtigsten Bereiche für ein geglücktes CRM sind Vertrieb, Marketing und Service.

Zur vollen Effektivität verhelfen lauf OECD dazu die Fähigkeiten des Managements, der Belegschaft und die Organisationsphilosophie. In diesem Kontext offenbarten sich auch kontraintuitive Faktoren: Die digitalen Nachzügler etwa verlieren tendenziell noch mehr an Boden, je mehr sie sich auf IT-Spezialisten verlassen. Das klingt im ersten Moment überraschend, scheint aber auch ein deutliches Argument dafür zu sein, dass der Technikfokus leicht auf Abwege führen kann, die nicht zu besseren Wertangeboten führen. Nicht was man machen kann, sollte am wichtigsten sein, sondern wofür man etwas macht, und wie man daran verdienen wird – also wofür die Kunden zu zahlen bereit sind.

Was hebt bei aller Unsicherheit also sicher die Produktivität?

Um den Kunden (wirklich) in den Mittelpunkt der Wertangebote zu stellen und so zu besserer Produktivität und mehr Wachstum zu gelangen, bieten sich also einige Punkte vorrangig an: Auf Vertrieb, Marketing und Service sollte im Sinne eines guten Kundenbeziehungsmanagements ein wesentlich höheres strategisches Gewicht liegen. Nur so gibt man diesen Bereichen die nötige Bandbreite – und entspricht mit einer solchen Ausrichtung auch den zu erwartenden Erträgen.

Denn wenn Ertrag immer öfter durch langfristige Kundenbeziehungen generiert werden soll, müssen die Bereiche, die dafür hauptsächlich verantwortlich sind, einen entsprechenden Einfluss erhalten. Der Vertrieb gewinnt einen Kunden für die angebotene Leistung – ein hervorragender Service hält ihn dauerhaft. Die Wertangebote und Geschäftsmodelle müssen diese Ansprüche auch abbilden. Letztlich sollen den Kunden Komplett-Lösungen angeboten werden, keine „reinen“ Produkte.

Dabei sollten Unternehmen immer auf Ganzheitlichkeit achten. Das heißt: Die Herausforderungen von Vertrieb und Service als Ausgangspunkte einer holistischen, kundenzentrierten Strategie nutzen, die auch bei konsequenter Anwendung keine Widersprüche erzeugt. Dazu gehört es etwa auch, keine KPIs zu verwenden, die die Mitarbeiter in Richtung Einmalverkäufen treiben, wenn aus strategischer Sicht Langzeitbeziehungen gewünscht sind. Gerade KMUs fehlen lückenlose Gesamt-Strategien noch immer häufig, was auch dazu führt, dass Investitionen kein scharfes Ziel haben. Ein stringenter Kundenfokus, konsequent umgesetzt, kann abhelfen.

Elemente und Bereiche, die direkt den Kunden dienen – eben auch Vertrieb und Service – sind auf der Digitalisierungs-Agenda ganz oben anzusiedeln. Bisher beförderte sie oft nur die Produktionsprozesse. Das ist in heutigen Zeiten aber zu wenig. Entscheidend ist das Denken in ganzheitlichen Wertangeboten auf Basis der Leistungsanforderungen der Kunden, und die Frage, wie man damit auch Geld verdient – also wie das eigene Geschäftsmodell diese Wertangebote zu den Kunden bringt. Die technische Grundlage ist ein wichtiger Teil dieser Lösung. Aber eben nur ein Teil.

Kontakt:

SLIM Management GmbH

Mohrstraße 1

A-5020 Salzburg

Tel. +43 680 555 8616

www.lettmann-interim.com

pK Peter Kuhle
Interim Manager
Im Gier 34
53604 Bad Honnef

Tel. +49 151 585 80 808
www.peterkuhle.com

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