Startseite » Management » Recht »

Facebook im Büro verbieten?

Soziale Medien
Facebook im Büro verbieten?

Facebook im Büro verbieten?
Bild: sebra / Fotolia
Soziale Medien sind schon längst nicht mehr nur eine Spielwiese der jungen Generation, sondern altersübergreifend beliebte Plattformen für die Kontaktpflege. Bei der Nutzung von Twitter & Co am Arbeitsplatz lassen sich derzeit zwei gegenläufige Trends beobachten. In den letzten Monaten gerieten einige große Unternehmen in die Schlagzeilen, weil sie den Zugang ihrer Mitarbeiter zu sozialen Netzwerken aus Sicherheits- oder Produktivitätsgründen gesperrt haben. Experten kritisieren dieses rigorose Vorgehen als kontraproduktiv und empfehlen stattdessen, Mitarbeiter zu einer angemessenen Nutzung anzuleiten.

Andere Arbeitgeber teilen die Bedenken nicht. Sie setzen auf eine immer stärkere professionelle Nutzung von Online-Netzwerken, um sich modern zu präsentieren und so Kunden, Kontakte und Mitarbeiter zu akquirieren. In diesem Fall verwischen für Mitarbeiter schnell die Grenzen zwischen beruflichem und privatem Austausch. Arbeitsrechtlich ist dies nicht unproblematisch. Dies auch deshalb, weil zum Teil arbeitsrechtliches Neuland betreten wird.
Während die arbeitsrechtlichen Konsequenzen der privaten E-Mail und Internetnutzung seit Jahren in den Medien lebhaft diskutiert werden, findet die Frage nach Einschränkungen oder Sanktionen bei der Nutzung von Online-Netzwerke derzeit kaum Beachtung. Wahrscheinlich weil in diesem Bereich noch keine öffentlichkeitswirksamen Gerichtsentscheidungen ergangen sind. Es liegt jedoch auf der Hand, dass auch bei der Nutzung sozialer Netzwerke am Arbeitsplatz Konflikte auftauchen können. Eine dezidierte Rechtsprechung hierzu wird sich – wenn überhaupt – erst im Laufe der Jahre entwickeln. Arbeitsrechtliche Spezialgesetze gibt es nicht. Derzeit kann man – ähnlich wie bei der juristischen Beurteilung der Nutzung von E-Mail und Internet – nur auf bekannte arbeitsrechtliche Grundsätze zurückgreifen.
Unternehmensrichtlinien gewährleisten keine ausreichende Rechtssicherheit
Aufgrund der allgemeinen Rechtsunsicherheit empfehlen manche Juristen die Erstellung unternehmensinterner Richtlinien. Ob solche Richtlinien tatsächlich geeignet sind, bestehende Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, darf allerdings bezweifelt werden. Zu schnell und komplex sind die technischen Entwicklungen der sozialen Netzwerke, als dass sie von Unternehmensrichtlinien vollständig und langfristig erfasst werden könnten. Darüber hinaus müssen sich solche Regelwerke auch an den arbeitsrechtlichen wie datenschutzrechtlichen Vorschriften messen lassen können. Ferner müssten solche Vereinbarungen mit dem Betriebsrat abgestimmt werden. Die Erfahrung mit der Einführung von so genannten „Code of Conducts,“ insbesondere in Unternehmen mit US-amerikanischem Hintergrund, haben gezeigt, wie mühsam und unpraktisch im Alltag die Umsetzung solcher Richtlinien ist.
Arbeitsrechtliche Regeln sind auch in sozialen Netzwerken gültig
Sinnvoller dürfte es sein, die bestehenden arbeitsrechtlichen Regelungen konsequent anzuwenden. Danach gilt Folgendes: Ist den Mitarbeitern die private E-Mail und Internetnutzung nicht gestattet, können sie selbstverständlich am Arbeitsplatz auch ihre sozialen Netzwerke nicht privat pflegen. Ist die Privatnutzung gestattet, kann die exzessive private Nutzung von E-Mail und Internet trotzdem zu arbeitsrechtlichen Sanktionen bis hin zu einer außerordentlichen Kündigung führen. Dies hat das LAG Niedersachsen jüngst mit Urteil vom 31.05.2010 – 12 Sa 875/09 (nicht rechtskräftig) bestätigt.
In digitalen Netzwerken gelten ähnliche Verhaltensregeln wie in der Offline-Welt. Beleidigende Aussagen gegenüber dem Chef, dem Unternehmen oder gegenüber anderen Mitarbeitern führen zu denselben Konsequenzen wie in der richtigen Welt. Bei Beleidigungen und Diskriminierungen müssen Mitarbeiter neben arbeitsrechtlichen auch strafrechtliche Konsequenzen fürchten. Werden sie in einem sozialen Netzwerk veröffentlicht, sind sie sogar noch besser zu beweisen.
Wem gehören die Kontakte?
Interessant ist die Frage, ob die im sozialen Netzwerk gesammelten Kontakte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitgeber herausgegeben werden müssen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und des Bundesarbeitsgerichtes gehören Kunden- und Lieferantenlisten zu den geschützten Geschäftsgeheimnissen. Ein Verrat eines solchen Geschäftsgeheimnisses stellt eine Straftat nach § 17 UWG dar. Ein Geschäftsgeheimnis liegt jedoch nur dann vor, wenn eine Tatsache nicht offenkundig ist, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist und nach dem Willen des Unternehmensinhabers geheim gehalten werden soll.
Wo dem Arbeitgeber Grenzen gesetzt sind, lässt sich am Beispiel eines Außendienstmitarbeiter darstellen, der nach Feierabend seine Kunden über sein soziales Netzwerk kontaktiert und sich so eine Kontaktliste erstellt. Hier zeigt ein Blick in die reale Welt, dass den Sanktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers Grenzen gesetzt sind. Denn auch bisher war es keinem Mitarbeiter verwehrt, mit seinen Kunden außerhalb der Arbeit private Kontakte zu pflegen, die Kontaktdaten in sein privates Notizbuch einzutragen und diese Beziehungen auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortzuführen. Nichts anderes kann dann gelten, wenn die Mitarbeiter mit ihren Kunden außerhalb des geschäftlichen Kontextes in einem sozialen Netzwerk in Kontakt treten. Ferner handelt es sich bei der so generierten Kontaktliste kaum um ein Geschäftsgeheimnis. Denn die Liste wurde ja von dem Mitarbeiter selbst erstellt. Bei sozialen Netzwerken sind Kontaktlisten darüber hinaus häufig frei einsehbar und daher offenkundig. Es ist daher juristisch kaum darstellbar, warum eine solche Kontaktliste bei einem Arbeitsplatzwechsel ein Geschäftsgeheimnis darstellen sollte.
Arbeitsrechtliche Problemfelder, die bei der Nutzung von sozialen Netzwerken am Arbeitsplatz auftreten, lassen sich also mit den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen lösen. Arbeitnehmern sind bereits aufgrund einschlägiger Urteile für die private Nutzung der digitalen Medien klare Grenzen gesetzt. Arbeitgeber werden sich aber darauf einstellen müssen, dass es durch die Möglichkeit der Vernetzung noch schwieriger werden wird, ihre Kundendaten zu schützen.
Ein Beitrag von von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Norbert Pflüger, Frankfurt
Der Autor ist Mitglied des VDAA Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte e. V.
Für Rückfragen steht Ihnen der Autor gerne zur Verfügung
Pflüger Rechtsanwälte GmbH
Rechtsanwalt Dr. Norbert Pflüger
Kaiserstrasse 44
60329 Frankfurt am Main
Telefon +49 69 242689–0
Telefax +49 69 242689–11
Unsere Whitepaper-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de